Martin GersterSPD - Innen, Bau und Heimat, Datenschutzbeauftragter
Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Stuttgart-Stammheim, Hanns Martin Schleyer, Jürgen Schumann und die entführte Lufthansa-Maschine „Landshut“ – das sind Namen, die uns immer noch an den sogenannten Deutschen Herbst 1977 und den grausamen Terror erinnern.
Die ausrangierte „Landshut“-Maschine wurde vor drei Jahren auf Initiative des Bundesaußenministers Sigmar Gabriel zurück nach Deutschland geholt. Seitdem steht sie in Friedrichshafen, und seitdem ist leider wenig passiert. Das ist schade und stößt bei den ehemaligen Geiseln – zu Recht, wie ich finde – auf wenig Verständnis. Mit dem Haushalt 2021 stellen wir nun 15 Millionen Euro über die Bundeszentrale für politische Bildung für ein Museum in Friedrichshafen zur Verfügung. Wir geben damit, wie ich finde, einem bedeutenden Zeitzeugen der deutschen Innenpolitik eine Heimat, den noch lebenden ehemaligen Geiseln, deren Angehörigen und weiteren Betroffenen einen würdigen Ort des Erinnerns und der Öffentlichkeit einen Platz, einen Lernort, um sich mit diesem Teil deutscher Geschichte auseinandersetzen zu können.
(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten der FDP)
Ich meine, das ist ein guter Beschluss, der in der Bereinigungssitzung des Haushaltsausschusses gefasst worden ist.
Liebe Kolleginnen und Kollegen, der damalige Bundeskanzler Helmut Schmidt sagte in seiner Rede an die Nation:
Jedermann weiß, dass es eine absolute Sicherheit nicht gibt, aber diese Einsicht kann nicht die staatlichen Organe davon abhalten, mit allen verfügbaren Mitteln gegen die Terroristen Front zu machen.
Diese Sätze von Helmut Schmidt zum Deutschen Herbst, finde ich, sind auch heute noch richtig.
Daran wollen wir mit dem Museum zur „Landshut“ erinnern, aber nicht nur mit diesem Museum, sondern mit dem gesamten Etat, den wir dem Innenministerium zur Verfügung stellen. Wir stärken nochmals unsere Sicherheitsbehörden. Allein im parlamentarischen Verfahren gab es 535 zusätzliche Stellen für die Sicherheitsbehörden, vor allem beim damals wie heute so wichtigen Bundeskriminalamt. Im Koalitionsvertrag hatten wir vereinbart, 7 500 zusätzliche Stellen bei den Sicherheitsbehörden zu schaffen. Mit diesem Haushalt werden die Sicherheitsbehörden am Ende der Legislaturperiode 11 800 Stellen mehr haben, und da sind der Zoll und die Nachrichtendienste noch nicht eingerechnet.
(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU)
Ich finde, wir können mit Fug und Recht, aber auch mit ein wenig Stolz sagen: Wir haben nicht nur Wort gehalten; wir haben unser eigenes ambitioniertes Ziel übererfüllt.
(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU)
Hinzu kommen zahlreiche Investitionen zur Verbesserung der Ausstattung unserer Bundespolizei, von der Modernisierung unserer Transporthubschrauber bis hin zur Verbesserung bei der persönlichen Schutzausstattung. Ich finde, das ist gut und richtig und hilft unseren Einsatzkräften, in schwierigen Zeiten ihrer Aufgabe erfolgreich nachzukommen.
(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU)
Diese Stärkung der Sicherheitsbehörden – das muss man klar sagen – ist beispiellos, und sie ist richtig. Denn wenn wir es mit Attentätern oder jenen Hetzern und Spaltern, die ihnen den Weg bereiten, zu tun haben, dann bedeutet das – so damals schon Bundeskanzler Helmut Schmidt wörtlich –:
Sie wollen den demokratischen Staat und das Vertrauen der Bürger in unseren Staat aushöhlen ... Der Staat muss darauf mit aller notwendigen Härte antworten.
Auch diese Sätze, finde ich, bleiben bis heute richtig. Aber Sie können und dürfen nicht die einzige Antwort sein auf die Herausforderung von Terror, Gewalt, Hass und Hetze. Sie können und dürfen nicht die einzige Antwort in unserem täglichen Kampf für die Demokratie bleiben.
Liebe Kolleginnen und Kollegen, die Stärkung unserer Zivilgesellschaft spielt eine unglaublich wichtige Rolle, und sie wird immer wichtiger. Deswegen stellen wir zur Bekämpfung von Rechtsextremismus und Rassismus 150 Millionen Euro bereit. Damit werden Projekte der politischen Bildung gefördert und wird die Zusammenarbeit mit zivilgesellschaftlichen Organisationen gestärkt. Ich glaube, das ist ein sehr wichtiger Beschluss.
(Beifall bei der SPD)
Außerdem werden wir mit diesem Haushalt das Personal bei der Bundeszentrale für politische Bildung am Ende dieser Legislaturperiode im Vergleich zu der Stellenanzahl zu Beginn der Legislaturperiode verdoppelt haben. Ich glaube, das ist eine ganz wichtige Entscheidung in diesem Einzelplan 06.
Liebe Kolleginnen und Kollegen, die Verbesserungen, die wir im parlamentarischen Verfahren im Einzelplan 06 zusätzlich erreichen konnten, zeigen, wie wichtig uns als SPD, aber auch insgesamt als Große Koalition nicht nur die Stärkung des staatlichen Gewaltmonopols ist, sondern eben auch die Stärkung der Präventionsarbeit. Ich will hier explizit die Stärkung des jüdischen Lebens in Deutschland anführen, die wir mit diesem Haushalt noch einmal deutlich machen. Wir investieren viel Geld in die Sanierung der Synagoge in Köln und nehmen zusätzliches Geld in die Hand, um jüdisches Leben in Deutschland zu stärken. In Kürze werden wir angesichts des Jubiläumsjahres „1 700 Jahre jüdisches Leben in Deutschland“ auch im Bundestag daran erinnern, wie wichtig uns jüdisches Leben in Deutschland ist. Ich glaube, hier ist es deutlich angebracht, dass wir jede Woche, jeden Tag, aber eben auch mit diesem Haushalt daran erinnern, wie wichtig uns jüdisches Leben in Deutschland ist.
(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU und des Abg. Christoph Meyer [FDP])
Liebe Kolleginnen und Kollegen, eine starke Zivilgesellschaft, ein starkes Ehrenamt ist nicht nur die beste Prävention von Straftaten, Gewalt und Terror; sie ist auch, wie ich finde, ein solides Fundament unseres Gemeinwesens. Mit dem Haushalt des Innenministeriums unterstützen wir deshalb einmal mehr das Technische Hilfswerk mit seinen über 80 000 ehrenamtlich engagierten Helferinnen und Helfern, eine Organisation, die ein ums andere Mal bewiesen hat, welches Juwel wir hier im Geschäftsbereich des Bundesinnenministeriums haben. Sei es die Bewältigung von Überschwemmungen, Hochwasserereignissen, Waldbränden, sei es die logistische Unterstützung bei der Flüchtlingslage und ganz aktuell bei der Verteilung von medizinischer Schutzausrüstung oder beim Aufbau von Teststrecken und Impfzentren: Auf das THW ist Verlass. Deswegen nehmen wir hier zusätzliche Mittel in die Hand, und wir nehmen uns ganz viele Projekte vor. Ich will explizit noch einmal darauf hinweisen, dass wir jetzt vier große Logistikzentren für die Krisenvorsorge aufbauen wollen. Wir haben in der Bereinigungssitzung die entsprechenden Mittel dafür auf den Weg gebracht.
(Beifall bei der SPD sowie der Abg. Katharina Landgraf [CDU/CSU])
Ja, manche sprechen von einem goldenen Jahrzehnt für das Technische Hilfswerk; ich will da nicht widersprechen. Klar ist: Wir sagen mit diesem Haushalt auch den 80 000 Heldinnen und Helden innerhalb des THW Danke. Danke für dieses großartige Engagement!
(Beifall bei der SPD, der CDU/CSU, der FDP, der LINKEN und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)
Zum Sport. Ja, auch der Sport ist von der Coronapandemie extrem betroffen. Da ist es richtig, dass wir mit vielen Hilfsprogrammen auch den Spitzensport unterstützen, und zwar in diesem und im nächsten Jahr mit insgesamt 400 Millionen Euro, damit wir sicherstellen können, dass auch nach der Krise nicht ausschließlich Fußball und Formel 1 als Sportarten übrig bleiben. Sport ist in unserer Gesellschaft enorm wichtig, er ist der soziale Kitt, und deswegen müssen wir hier Geld in die Hand nehmen.
Ich denke, dass wir mit diesem Haushalt gut aufgestellt sind. Ich möchte mich an dieser Stelle ausdrücklich beim Bundesinnenministerium, beim Bundesfinanzministerium, aber auch bei den Mitberichterstattern für diesen Einzelplan bedanken. Wir haben Wichtiges auf den Weg gebracht, auch beim Thema Städtebau, beim sozialen Wohnungsbau, auch für den Bundesbeauftragten für den Datenschutz und die Informationsfreiheit – Rekordanzahl von Stellen. Ich glaube, ein guter Haushalt ist auf dem Weg und kann im nächsten Jahr umgesetzt werden.
Herzlichen Dank.
(Beifall bei der SPD sowie des Abg. Thorsten Frei [CDU/CSU])
Nächster Redner ist der Kollege Victor Perli, Die Linke.
(Beifall bei der LINKEN)
Quelle | Deutscher Bundestag, Nutzungsbedingungen |
Quellenangabe | Deutscher Bundestag via Open Parliament TV |
Abgerufen von | http://dbtg.tv/fvid/7489133 |
Wahlperiode | 19 |
Sitzung | 199 |
Tagesordnungspunkt | Innen, Bau und Heimat, Datenschutzbeauftragter |