27.01.2021 | Deutscher Bundestag / 19. WP / Sitzung 205 / Zusatzpunkt 1

Oliver KaczmarekSPD - Aktuelle Stunde - Maßnahmen zur Bewältigung der COVID-19-Pandemie

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Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Natürlich sind wir noch mitten in der Pandemie. Aber es ist auch eine Gelegenheit, zu überlegen, welche ersten Lehren man aus Corona eigentlich ziehen kann. Deswegen ist es mir wichtig, an der Stelle noch mal darauf hinzuweisen – trotz Versorgungsengpass beim Impfstoff, trotz Terminvergabeschwierigkeiten –, dass es eine große Leistung der Forschung in Deutschland und in Europa ist, dass der Impfstoff elf Monate nach dem ersten Auftreten hier in Deutschland an die ersten Menschen verimpft werden konnte.

(Beifall bei der SPD und der CDU/CSU sowie des Abg. Dr. Christoph Hoffmann [FDP])

Das ist ein großes Verdienst, und das zeigt, dass Forschung einen entscheidenden Beitrag zur Lösung von großen Menschheitsfragen beitragen kann, wenn wir sie geschickt einbinden und auf sie hören.

Impfstoffentwicklung – das gehört aber auch dazu – steht nicht alleine, sondern Impfstoffentwicklung, die Beschaffung des Impfstoffes und die Bereitstellung von zusätzlichen Produktionskapazitäten gehören zusammen. Das hat bis jetzt nicht so gut geklappt; da muss die Regierung vielleicht noch ein Stück besser werden. Aber wir müssen das als Aufgabe für uns alle annehmen, dass der Fortschritt, der durch Forschungsergebnisse möglich wird, schneller bei den Menschen ankommt, und dafür müssen diese drei Aufgaben zusammengedacht werden.

(Beifall bei der SPD)

Corona, meine Damen und Herren, ist eine außerordentliche Herausforderung mit Blick auf das Recht auf Bildung. Die Eltern sind ersatzweise mit Bildung und Betreuung zu Hause befasst, möglicherweise gleichzeitig im Homeoffice. Es gibt große Sorge um verpassten Unterrichtsstoff, um die Abschlussvorbereitungen. Die sozialen Kontakte, die für die junge Generation besonders wichtig sind, sind schon seit langer Zeit massiv eingeschränkt.

Deswegen gilt es, an dieser Stelle auch noch einmal Danke zu sagen den Lehrerinnen und Lehrern, die Unterricht auf Distanz machen, den Erzieherinnen und Erziehern, die in einigen Ländern den Notbetrieb aufrechterhalten, den Eltern, die ihre Kinder nicht im Stich lassen. Das ist eine große Leistung, und dafür gebührt ihnen Dank.

(Beifall bei der SPD)

Wir müssen aber auch auf die berechtigten Ansprüche einer Generation achten, die gerade um ein Lebensjahr in Bildung und Aufwachsen gebracht wird und die nicht zur Coronageneration werden will und nicht werden darf und auch nicht werden wird, weil wir alle dagegen ankämpfen. Deshalb – das ist die Erwartung an die Ministerpräsidentinnen- und Ministerpräsidentenkonferenz Anfang Februar – muss dem Recht auf Bildung die höchste Priorität neben dem Gesundheitsschutz eingeräumt werden. Das heißt auch: Wir brauchen Öffnungsperspektiven für Kitas und Schulen.

Damit meine ich nicht, dass jetzt jeder unabgesprochen loslaufen soll, wie Baden-Württemberg das macht. Damit meine ich auch nicht, dass es am 14. Februar direkt losgehen muss. Aber wir müssen eine Perspektive eröffnet bekommen, bei der alle spüren: Sobald es geht, werden Kitas und Schulen auch wieder geöffnet, und dieses Mal sind alle gut vorbereitet, und alle Länder machen das gemeinsam und auf dem gleichen Weg. Das ist, glaube ich, eine Erwartung, die wir an diese Konferenz richten müssen.

(Beifall bei der SPD)

Meine Damen und Herren, Corona hat gezeigt, dass es mindestens drei große Herausforderungen gibt, die Bund und Länder für das Recht auf Bildung gemeinsam angehen müssen und auch angehen können.

Das ist zum einen die Digitalisierung. Wir haben mit dem DigitalPakt Schule jetzt die Aufholjagd in der Digitalisierung begonnen. Das war richtig, das ist gut, und das Geld ist da; der Finanzminister hat an der Stelle geliefert. Nun sind die Länder natürlich in der Verantwortung, das Ganze auch umzusetzen und möglichst unkompliziert zu machen. Aber digital unterstütztes Lernen ist eben nicht nur digitale Endgeräte. Da geht es auch darum – und darum müssen wir uns kümmern –, dass aus digital unterstütztem Unterricht perspektivisch besserer Unterricht wird, mehr Fördermöglichkeiten entwickelt werden, mehr Möglichkeiten für Schülerinnen und Schüler entstehen. Das müssen wir gemeinsam angehen, Bund, Länder und Kommunen, schneller und unkomplizierter. Das ist eine der Lehren aus der Coronapandemie.

Zweitens. Wir verlieren gerade jeden Tag Schülerinnen und Schüler, die es ohnehin schon am schwersten in der Bildung haben: die, die kein Endgerät zu Hause haben, die vielleicht keinen oder nur einen unzureichenden Internettarif zu Hause haben, die keinen Schreibtisch zu Hause haben, die Eltern haben, die ihnen nicht helfen können. Ich glaube, wir können auf sie nicht verzichten, weder als Fachkräfte noch weil wir an eine Gesellschaft glauben und für sie arbeiten, bei der alle die gleichen Chancen haben, unabhängig von ihrer sozialen Herkunft. Deswegen ist es, glaube ich, richtig, Ungleiches ungleich zu behandeln. Es ist schön, dass heute das Programm „Schule macht stark“ mit 200 Schulen aus besonderen sozialen Lagen gestartet ist. Das zeigt: Es wichtig, dafür zu kämpfen, dass kein Kind in der Coronakrise zurückgelassen wird.

Dritte Herausforderung. Familien leisten Großes in der Krise; das ist völlig klar. Sie leisten das für ihre Kinder, und sie verdienen, dass wir aus ihrer Lage die richtigen Lehren ziehen. Vereinbarkeit von Familie und Beruf wird derzeit auf eine massive Probe gestellt; das wird jedem im Alltag klar. Deswegen sehen wir derzeit, wie wichtig verlässliche Bildung und Betreuung sind.

Unser Ziel als Koalition ist es, noch in dieser Wahlperiode den Rechtsanspruch auf verlässliche Ganztagsbetreuung in den Grundschulen tatsächlich umzusetzen. Wir wollen jetzt von den Ländern wissen, ob sie da mitmachen, ob Baden-Württemberg die Blockade aufgibt. Die Eltern, die das wollen und die das brauchen, dürfen wir nach den Erfahrungen, die wir in dieser Pandemie gemacht haben, nicht im Stich lassen.

Herzlichen Dank.

(Beifall bei der SPD)

Vielen Dank. – Als letzten Redner in der Aktuellen Stunde hören wir Thorsten Frei von der CDU/CSU-Fraktion.

(Beifall bei der CDU/CSU)


Daten
Quelle Deutscher Bundestag, Nutzungsbedingungen
Quellenangabe Deutscher Bundestag via Open Parliament TV
Abgerufen von http://dbtg.tv/fvid/7498563
Wahlperiode 19
Sitzung 205
Tagesordnungspunkt Aktuelle Stunde - Maßnahmen zur Bewältigung der COVID-19-Pandemie
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