28.01.2021 | Deutscher Bundestag / 19. WP / Sitzung 206 / Tagesordnungspunkt 13

Achim KesslerDIE LINKE - Kapazitäten für Schnelltests

Lade Interface ...
Anmelden oder Account anlegen






Geschätzte Frau Präsidentin! Sehr geehrte Damen und Herren! Selbst wenn in Zukunft immer mehr Menschen gegen das Coronavirus geimpft werden können, bleiben Tests auch weiterhin eine wichtige Säule bei der Bekämpfung der Pandemie. Die Schnelltests haben den Vorteil, dass man das Ergebnis nicht erst nach einigen Tagen, sondern schon nach wenigen Minuten bekommt. Das bringt in sehr vielen Situationen deutlich mehr Sicherheit, und zwar umso mehr, je mehr Schnelltests zur Verfügung stehen. Deshalb fordert Die Linke seit dem letzten Sommer immer wieder, dass die Bundesregierung nicht nur für Impfungen, sondern auch für Schnelltests dringend Geld in die Hand nehmen muss. Meine Damen und Herren, Schnelltests müssen in möglichst großer Zahl und für alle verfügbar sein.

(Beifall bei der LINKEN)

Insoweit begrüßen wir auch den Vorschlag der Grünen, die Kapazitäten für Schnelltests auszubauen und die Selbstanwendung von Schnelltests zu ermöglichen.

Seit Gesundheitsminister Spahn die Durchführung von Testungen durch geschulte Laien ermöglicht hat – was im Übrigen grundsätzlich völlig in Ordnung ist –, gibt es aber einen völligen Wildwuchs von kommerziellen Testzentren. Für deren Eröffnung ist keinerlei Zulassung erforderlich, und es gibt keine ausreichenden Kontrollen, ob die Hygieneregeln eingehalten und ob die Daten an die Gesundheitsämter übermittelt werden. Ich fordere Sie auf, diesen ungeregelten Zustand so schnell wie möglich zu beenden.

(Beifall bei der LINKEN)

Aber schlimmer noch ist, dass nicht diejenigen die Tests bekommen, die sie brauchen, sondern diejenigen, die sie bezahlen können. Meine Damen und Herren, das ist genau das Gegenteil von einer sinnvollen Teststrategie in einer Pandemie. Der Antrag der Grünen fordert zwar eine Priorisierung bei der Verteilung von Antigenschnelltests, um zu verhindern, dass Engpässe durch kommerzielle Testzentren entstehen; aber das reicht bei Weitem nicht aus. Der Wildwuchs kommerzieller Testzentren muss sofort beendet werden.

(Beifall bei der LINKEN)

Herr Gesundheitsminister, Sie haben Ende des letzten Jahres die Preisverordnung für Antigenschnelltests aufgehoben und haben damit die Tore für überhöhte Preise weit geöffnet. Seither sind die Preise auf bis zu 100 Euro angestiegen. Einige Anbieter nutzen die Situation der Menschen tatsächlich schamlos aus.

Wenn Alten- und Pflegeheime keine eigenen Schnelltests anbieten, ist der Besuch von Angehörigen demzufolge nur noch für Gutverdienende möglich. Das geschieht beispielsweise in meinem Bundesland Hessen. Dort wälzt die schwarz-grüne Landesregierung die Verantwortung zum Testen kaltschnäuzig auf die Besucherinnen und Besucher von Pflegeheimen ab. Sie müssen den Test selbst organisieren, und sie müssen ihn auch selbst bezahlen. Wer seine Angehörigen sehen möchte, darf Woche für Woche tief in die eigene Tasche greifen, und wer sich das nicht leisten kann, der hat eben Pech gehabt. Meine Damen und Herren, das ist ein untragbarer Zustand, der schnellstmöglich beendet gehört.

(Beifall bei der LINKEN)

Deutschland ist aus epidemiologischer Sicht mit einem blauen Auge durch die erste Welle der Pandemie gekommen. Das lag, meine Damen und Herren, vor allem daran, dass die Bürgerinnen und Bürger mit großer Disziplin und großer gegenseitiger Solidarität die Maßnahmen eingehalten haben. Doch je ungleicher die Lasten verteilt werden, desto mehr wird das Vertrauen der Menschen verspielt. Zu Recht erwarten die Menschen, dass der Staat in einer gesellschaftlichen Krise seine soziale Verantwortung wahrnimmt.

Wer seit Monaten eindringlich an die Verantwortung der Menschen appelliert, darf nicht selbst die Verantwortung abgeben. Es ist doch offensichtlich, dass das Gesetz von Angebot und Nachfrage uns von einer gemeinwohlorientierten Lösung immer weiter entfernt. Deshalb fordere ich die Bundesregierung auf, die Preise für Schnelltests staatlich zu regulieren. Nutzen Sie die gesetzlichen Möglichkeiten, die Sie sich mit dem ersten Bevölkerungsschutzgesetz selbst gegeben haben!

(Beifall bei der LINKEN)

Wenn nur noch Besserverdiener sich Testungen leisten können, dann trägt das zur Entsolidarisierung der Gesellschaft bei und fördert ihre Spaltung. Das gefährdet auch eine erfolgreiche Bekämpfung der Pandemie. Wir würden doch nie akzeptieren, wenn jetzt zuerst die Menschen geimpft würden, die den großen Geldbeutel haben, und dann erst die mit dem großen Risiko. Meine Damen und Herren, warum akzeptieren Sie das bei den Tests? Die Linke jedenfalls akzeptiert das nicht. Das muss beendet werden.

(Beifall bei der LINKEN)

Die Linke fordert, dass die Kommunen jetzt finanziell unterstützt werden, damit sie ambulante Testteams einsetzen können. Es gilt, allen Menschen einen Zugang zu Antigenschnelltests niedrigschwellig zu ermöglichen. Außerdem – und das ist jetzt sehr wichtig – müssen Menschen, die in selbstbestimmten Pflegemodellen zu Hause leben, durch präventive Tests ihrer Pflege- und Assistenzkräfte geschützt werden. Das muss selbstverständlich auch für pflegende Angehörige gelten.

(Beifall bei der LINKEN)

Diese Forderungen sind für eine sinnvolle Teststrategie unabdingbar. Der Antrag der Grünen greift hier trotz mancher positiver Ansätze deutlich zu kurz; deshalb werden wir uns dazu enthalten.

Ich bedanke mich für Ihre Aufmerksamkeit.

(Beifall bei der LINKEN)

Vielen Dank, Dr. Achim Kessler. – Nächster Redner: für die CDU/CSU-Fraktion Michael Hennrich.

(Beifall bei der CDU/CSU)


Daten
Quelle Deutscher Bundestag, Nutzungsbedingungen
Quellenangabe Deutscher Bundestag via Open Parliament TV
Abgerufen von http://dbtg.tv/fvid/7499074
Wahlperiode 19
Sitzung 206
Tagesordnungspunkt Kapazitäten für Schnelltests
00:00
00:00
00:00
00:00
Keine