28.01.2021 | Deutscher Bundestag / 19. WP / Sitzung 206 / Zusatzpunkt 23

Jens ZimmermannSPD - Aktuelle Stunde: Big Tech und die Meinungsfreiheit im Internet

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Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Der große Aufmacher im Netz diese Woche – was war das? Das könnte zum einen die Frage der Verfügbarkeit von Impfstoff gewesen sein. Interessanterweise haben wir noch vor zwei Wochen heftigst im Internet darüber diskutiert, ob man sich überhaupt impfen lassen sollte. Da sieht man schon, wie schnell sich auch online die Zeiten ändern. Aber wahrscheinlich war auch die Frage, wie ein Ministerpräsident sich während MPKs verhält und welche Computerspiele er da spielt, zumindest noch am Montag etwas, was – wie sagt man so schön? – viral gegangen ist. Es hat sich verteilt wie ein Lauffeuer, alle haben darüber geredet, kaum einer war dabei. Auch ein neues soziales Netzwerk, das wahrscheinlich noch nicht zu Big Tech gehört, war in aller Munde.

Wir können ganz klar feststellen, dass das Internet, die sozialen Medien auch für uns als Politikerinnen und Politiker eine ganz große Chance bieten – eine Chance für den Meinungsaustausch, auch eine große Chance, schonungslos Defizite offenzulegen. Aber es ist eben, wie es immer mit diesen Chancen ist: Es gibt auch zahlreiche Risiken. Und das sehen wir immer wieder; das haben wir in den USA gesehen.

Aber ich finde, man braucht gar nicht so weit wegzugehen. Das, was am 6. Januar in Washington passiert ist, hatte doch frappierende Ähnlichkeiten mit dem, was hier – ich gucke quasi genau auf die Treppe vor dem Reichstagsgebäude – bei den sogenannten Querdenker-Demos passiert ist und was auch wir alle hier erlebt haben. Ich bin mir sicher: Viele von uns Kolleginnen und Kollegen haben sich am 6. Januar daran erinnert, was hier los war, als wir das letzte Mal über das Infektionsschutzgesetz debattiert haben ‑daran können wir alle uns noch erinnern. Ich habe es in meinen fast acht Jahren im Bundestag kein einziges Mal erlebt, dass plötzlich mit Maschinenpistolen bewaffnete Kolleginnen und Kollegen der Bundestagspolizei an den Eingängen gestanden haben und auch nicht wussten, was als Nächstes passiert. Das war hier bei uns im Bundestag, und es hat sehr, sehr viel mit den sozialen Netzwerken und auch mit dem Missbrauch der sozialen Netzwerke zu tun. Da gucke ich natürlich hier auf die rechte Seite im Plenum. Der Missbrauch der sozialen Netzwerke für Meinungsmache, für Manipulation

(Zurufe von der AfD)

und auch um Menschen aufzustacheln, ist doch Ihre Leibspeise, meine Damen und Herren.

(Beifall bei der SPD, der CDU/CSU, der LINKEN und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie des Abg. Thomas Hacker [FDP])

Das muss an dieser Stelle auch mal klar gesagt werden.

(Zuruf des Abg. Uwe Witt [AfD])

– Da können Sie so viel brüllen, wie Sie wollen. Ich stehe jetzt hier am Mikrofon und nicht Sie, und das hat einen großen Vorteil.

Wenn man sich mal anschaut, was Twitter, Instagram, Facebook, YouTube, also all diese sozialen Netzwerke, die Frau von Storch eben gerade so kritisiert hat, gemeinsam haben – ich kann es Ihnen sagen; denn ich habe extra noch mal nachgeschaut –: Frau von Storch ist auf allen diesen sozialen Netzwerken aktiv. Sie scheinen also ganz schön schlimm zu sein, wenn Sie sie so ausgiebig nutzen und da, wie man sieht, auch viele Menschen erreichen.

(Zuruf des Abg. Sebastian Münzenmaier [AfD])

– Ja, das müssen Sie sich an dieser Stelle gefallen lassen,

(Zuruf der Abg. Beatrix von Storch [AfD])

dass man mal feststellt, wie Sie damit umgehen.

Zur Frage, wie wir mit einer Sperrung wie der von Donald Trump in Zukunft umgehen sollten: Das Bauchgefühl hat doch bei ganz vielen von uns gesagt: Endlich, es wurde aber auch Zeit.

(Zurufe von der AfD)

Aber – und das haben meine Vorredner gesagt – es ist eben um einiges komplizierter. Und genauso, wie wir den ganzen Kram ertragen müssen, den viele von Ihnen dort permanent posten,

(Zurufe von der AfD)

werden wir in Zukunft vielleicht auch von einem neuen Donald Trump viel ertragen müssen; denn es kann aus meiner Sicht keine Lösung sein, ihn einfach abzuschalten. Es war mit Sicherheit in den USA eine Ausnahmesituation, die sich keiner vorstellen konnte. Aber – und auch das ist klar – es zeugt nicht von Mut dieser großen Technologieunternehmen, dass sie zwölf Tage vor Ende der Amtszeit von Donald Trump diesen Schritt gegangen sind.

(Beifall bei Abgeordneten der SPD, der CDU/CSU, der LINKEN und des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)

Sie haben vier Jahre lang dem Treiben von Donald Trump und vor allem von seinen Millionen Anhängerinnen und Anhängern zugeschaut.

Da will ich schon eine Lanze für den Deutschen Bundestag brechen: Ja, das Netzwerkdurchsetzungsgesetz ist nicht perfekt; aber wir haben als Deutscher Bundestag erkannt,

(Zuruf des Abg. Uwe Witt [AfD])

dass wir diese Entscheidungen eben nicht alleine großen Unternehmen überlassen können.

(Beatrix von Storch [AfD]: Das NetzDG macht doch genau das!)

Und das ist auch gut so.

Herzlichen Dank.

(Beifall bei der SPD und der CDU/CSU – Zuruf von der AfD: „Wir lassen nicht die anderen zensieren, wir machen das selbst!“)

Das Wort hat die Kollegin Anke Domscheit-Berg für die Fraktion Die Linke.

(Beifall bei der LINKEN)


Daten
Quelle Deutscher Bundestag, Nutzungsbedingungen
Quellenangabe Deutscher Bundestag via Open Parliament TV
Abgerufen von http://dbtg.tv/fvid/7499093
Wahlperiode 19
Sitzung 206
Tagesordnungspunkt Aktuelle Stunde: Big Tech und die Meinungsfreiheit im Internet
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