04.03.2021 | Deutscher Bundestag / 19. WP / Sitzung 215 / Zusatzpunkt 3

Rudolf HenkeCDU/CSU - Epidemische Lage von nationaler Tragweite

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Werter Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Meine Damen und Herren! Liebe Zuschauerinnen und Zuschauer! „ Die Medizin ist eine soziale Wissenschaft, und Politik ist weiter nichts als Medizin im Großen.“

(Zuruf vom BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN: Na ja!)

Kein Satz von mir, kein Satz, den nur ich zitieren könnte. Es ist ein Satz von Rudolf Virchow, der hier in Berlin Direktor der Pathologie an der Charité war, der gleichzeitig Mitglied des Berliner Abgeordnetenhauses, des Preußischen Landtags und des Reichstags über Jahrzehnte gewesen ist und der ein Verständnis von Wissenschaft in der Medizin und der Politik geprägt hat, wie wir es heute anwenden können und müssen in einem Maß, wie es viele von uns sich nie hätten träumen lassen.

Ich glaube, dass unsere Aufgaben, die wir fördern und voranbringen müssen, darin bestehen, die weitere Reduktion von Neuinfektionen in unserem Land voranzubringen, die Unterbrechung der diffusen Zirkulation von SARS-CoV-2 in der Bevölkerung zu erreichen und die Vermeidung eines Wiederanstiegs der Fallzahlen anzustreben, indem die grundlegenden Verhaltensregeln – AHA+L sowie eine Selbstisolierung bei Krankheitssymptomen – von der Bevölkerung weiter praktiziert werden und indem wir mit effektiver Testung und Kontaktpersonennachverfolgung die Zahl der Neuinfektionen niedrig halten, damit der Öffentliche Gesundheitsdienst neu auftretende Fälle nachverfolgen kann, damit Quarantäne und Isolation überall, wo erforderlich, praktiziert werden können und damit Ausbruchsuntersuchungen durchgeführt werden können.

Wir brauchen einen umfassenden Einsatz der Impfprävention. Wir können erkennen, dass Impfprävention hilft. Ich erinnere an den 23. Dezember 2020, als wir in den nordrhein-westfälischen Pflegeheimen vor dem Start der Impfkampagne eine Anzahl von über 5 200 infizierten Menschen hatten, die dadurch in größte Gefahr gekommen sind. Wir haben in dieser Woche erlebt, dass, nachdem praktisch alle Bewohner von Altenheimen durchgeimpft sind, in Nordrhein-Westfalen die Zahl der noch von der Krankheit Befallenen in den Heimen auf 560 gesunken ist. Das zeigt, wie sehr Impfprävention wirkt. Impfung ist eine starke Waffe in der Auseinandersetzung mit der Pandemie.

(Beifall bei der CDU/CSU und der SPD)

Das zeigt auch, dass wir mit der Intensivierung der Impfkampagne den Schutz besonders gefährdeter Bevölkerungsgruppen ernst nehmen und dass wir damit Wirkungen erzielen.

Das RKI hat gestern seinen neuen Bericht zu besorgniserregenden SARS-CoV-2-Virusvarianten vorgestellt. Die britische Variante macht in Deutschland mittlerweile rund 46 Prozent aus. Zugleich haben wir rund 2 800 Covid-19-Patientinnen und -Patienten in intensivmedizinischer Behandlung. Das entspricht dem Höchststand der Welle im Frühjahr 2020, der ersten Welle.

Allein das zeigt, dass wir uns ohne jeden Zweifel weiter in einer epidemischen Lage von nationaler Tragweite befinden. Deshalb ist es gut und richtig, wenn wir heute so fraktionsübergreifend wie möglich das rechtliche Fortbestehen dieser Lage nach dem Infektionsschutzgesetz über den 31. März 2021, wenn die derzeitige Feststellung ausläuft, festhalten und für die Zeit ab April festlegen.

Wir haben oft über die Rolle des Deutschen Bundestages in der Pandemiebekämpfung debattiert. Gerade nachdem gestern die Ministerpräsidenten der Bundesländer bei der Bundeskanzlerin getagt haben, freue ich mich, dass unser Haus fraktionsübergreifend so voll besetzt ist, wie es ist.

(Beifall bei der CDU/CSU)

Ich fände es nicht schlecht, wenn wir hier nicht nur immer die Bundeskanzlerin, den Bundesminister für Gesundheit, den Bundesminister für Wirtschaft zur Rede stellen und zur Verantwortung ziehen würden. Ich rege an, dass sich vielleicht der eine oder andere Ministerpräsident auch mal überlegt, ob er sich diesem Haus stellt, wenn er so was veranstaltet, wie wir es gestern erlebt haben.

(Beifall bei der CDU/CSU und der SPD sowie bei Abgeordneten der FDP – Zuruf des Abg. Alexander Ulrich [DIE LINKE])

Wir haben Konsequenzen aus den Debatten gezogen, und diese Konsequenzen sind im Wesentlichen, dass wir eine Rechtsgrundlage für die Impfverordnung des BMG neu fassen und in das Infektionsschutzgesetz einfügen. Wir haben uns darauf verständigt, über die Inzidenz hinaus weitere Kriterien im Gesetz festzuhalten: sowohl die Frage der Reproduktionsziffer als auch die Anzahl der Geimpften als auch die Belastungssituation im Gesundheitswesen. Und wir haben uns darauf verständigt, dass wir eine Evaluation mit unabhängigen Wissenschaftlern betreiben, die ihr Ergebnis bis Ende 2021 vorlegen. Wir erwarten von der nächsten Bundesregierung, sich dazu zu verhalten, sodass wir dann eine Debatte darüber bekommen, welche Konsequenzen daraus für die Gestaltung des Infektionsschutzgesetzes zu ziehen sind. Wir haben uns außerdem darauf verständigt, dass wir bei den Kompetenzen, die wir dem Bundesminister für Gesundheit übertragen, durch die Streichung des Wortes „insbesondere“ an vier Stellen eine Konkretisierung des Auftrags vornehmen.

Liebe Kolleginnen und Kollegen, ich glaube, dass der Bundestag seine Rolle mit der Verabschiedung dieses Gesetzes stärkt, und deswegen bitte ich Sie alle sehr herzlich um Ihre Zustimmung.

Vielen Dank für die Aufmerksamkeit.

(Beifall bei der CDU/CSU und der SPD – Alexander Dobrindt [CDU/CSU]: Sehr kluger Hinweis auf die Ländervertreter! Den grünen Kretschmann sieht man hier auch nie! Der redet ständig nur über die Medien zu uns! Hat der keine Zeit? Der muss wahrscheinlich wahlkämpfen! Wieso sich nicht mal dem Parlament stellen? – Gegenruf der Abg. Claudia Roth [Augsburg] [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Das müssen andere auch, Herr Dobrindt! Aber holla!)

Jetzt erteile ich das Wort dem Kollegen Dr. Robby Schlund, AfD.

(Beifall bei der AfD)

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Daten
Quelle Deutscher Bundestag, Nutzungsbedingungen
Quellenangabe Deutscher Bundestag via Open Parliament TV
Abgerufen von http://dbtg.tv/fvid/7505999
Wahlperiode 19
Sitzung 215
Tagesordnungspunkt Epidemische Lage von nationaler Tragweite
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