04.03.2021 | Deutscher Bundestag / 19. WP / Sitzung 215 / Tagesordnungspunkt 10

Bärbel BasSPD - Bildungspolitik

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Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Ich habe mir den Bildungsbericht angeschaut und will zunächst mit den positiven Ergebnissen beginnen. Ja, es ist so, dass die Bildungsausgaben insgesamt gestiegen sind – das ist erst mal ein gutes Zeichen –, und auch der Bildungsstand steigt. Das Bildungssystem selbst ist durchlässiger geworden, und deshalb kann die Bildungspolitik insgesamt durchaus auf Erfolge verweisen.

Ich will aber auch deutlich machen, wo die Defizite liegen. Darauf ist mir die Ministerin zu wenig eingegangen; denn die Defizite stehen deutlich in diesem Bericht. Ich finde, die muss man ansprechen.

Zum einen gibt es Defizite im Bereich der Digitalisierung. Wir als Koalition – und das ist richtig gut gewesen – haben den DigitalPakt Schule ins Leben gerufen und mit richtig viel Geld versehen. Doch wenn man sich anschaut, wie viel Geld daraus abgerufen wurde und wie viel Geld liegen bleibt,

(Dr. Birke Bull-Bischoff [DIE LINKE]: Graust es einen!)

und auch angesichts der Tatsache, dass wir es nicht schaffen, in die Wege zu leiten, dass die Mittel in der letzten Schule, auf dem letzten Schreibtisch und in der letzten Wohnung ankommen – auch was Geräte angeht –, müssen wir doch alle gemeinsam feststellen, dass wir nicht gut genug sind. Es braucht da in der Tat mehr Initiative.

Jetzt kann man zweierlei machen: Man kann sich ausruhen, zurücklehnen und sagen: Dafür sind die Länder und Kommunen zuständig. Man kann aber auch die Initiative ergreifen und, ich sage mal, mit Verve dafür sorgen, dass die Mittel in jeder einzelnen Schule ankommen.

(Albert Rupprecht [CDU/CSU]: Bitte konkret werden!)

Diese Kritik will ich hier vorbringen; denn wir können doch nicht so tun, als wären wir schon richtig gut. Wir haben den richtigen Weg beschritten. Wir als Bund haben die Mittel zur Verfügung gestellt. Auch ich kritisiere die Länder, dass es nicht funktioniert.

(Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU)

Aber ich erwarte von einer Bundesministerin auch, dass sie das Problem in Angriff nimmt.

(Beifall bei der SPD, der FDP, der LINKEN und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Ich will an den Nationalen Bildungsrat erinnern. Frau Karliczek, Sie haben gerade betont, dass die Kooperation zwischen Bund, Land und Kommune sehr wichtig ist. Wir hatten uns auf einen Nationalen Bildungsrat geeinigt, um eine Kooperation auf den Weg zu bringen, in der wir gemeinsam handeln und im Sinne der Kinder gleichwertige Bildungschancen schaffen; das ist das Ziel. Doch der Nationale Bildungsrat ist an Bayern und Baden-Württemberg gescheitert; das muss man hier festhalten.

(Beifall bei der SPD)

Es sollte eigentlich an einer Alternative gearbeitet werden, aber bis jetzt ist nichts passiert. Deshalb scheitern wir alle gemeinsam an der Aufgabe, für gleichwertige Bildungschancen in diesem Land zu sorgen. Das muss besser werden.

(Beifall bei der SPD)

Das will ich an der Stelle als großes Defizit benennen; auch das steht im Bildungsbericht. Und auch im Bereich der Infrastruktur – das ist der Arbeitsauftrag, den Sie bekommen haben – müssen wir besser werden.

Zum anderen – es ist angesprochen worden – gibt es eigentlich einen Rechtsanspruch auf einen Ganztagsplatz. Aber auch dieses Vorhaben ist noch in der Schwebe. Das liegt nicht nur am Bund – keine Frage –, sondern es stockt an mehreren Stellen. Aber der Bildungsbericht sagt deutlich: Der Bedarf an Betreuung ist gestiegen. Die Eltern brauchen das. Die Kinder brauchen das. Auch die frühkindliche Bildung bleibt auf der Strecke. Deshalb kritisiere ich hier, dass Sie die Initiative nicht ergreifen. Gerne ergreifen wir gemeinsam die Initiative, aber klar ist: Wir müssen dieses Koalitionsprojekt jetzt auf die Reise schicken, sonst wird das nichts mehr, und die Angebote für die Kinder und für die Eltern kommen zu spät.

(Beifall bei der SPD)

Meine letzte Minute will ich noch dafür verwenden, um auf ein weiteres Defizit einzugehen – das ist ein wichtiger Punkt –: Ganz viele Kinder und Jugendliche gehen ohne Abschluss von der Schule. Das war vor der Pandemie schon so, und die Pandemie wird das noch verschärfen. Jetzt habe ich gerade Ihrer Rede entnommen, dass man eine Lernstandsprüfung durchführt, und dann guckt man weiter. Ich glaube, das ist zu spät.

(Beifall bei der SPD, der FDP, der LINKEN und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Ich sage ganz deutlich: Wir brauchen jetzt ein Konzept für Nachhilfe. Wir brauchen jetzt ergänzende Kräfte, die die Lehrerinnen und Lehrer unterstützen.

Ich komme aus Duisburg, einer Ruhrgebietsstadt, und wir haben genau diese Probleme. Wenn wir jetzt nicht gemeinsam die Schulen unterstützen, wenn jetzt nicht ein Konzept auf den Tisch kommt, dass wir die Nachhilfe ausbauen und dass wir den Kindern helfen, ihre Defizite in den Ferien aufzuholen, dann werden wir das nicht schaffen, und dann wird die Lücke, die es schon jetzt gibt und die dieser Bildungsbericht anspricht, noch größer werden. Deshalb kann ich uns allen nur raten, dass wir noch in dieser Koalition ein Konzept erarbeiten – meinetwegen auch mit Bundesgeld –, mit dem wir den Schülern helfen.

Am 21. Juni beginnen die Ferien in Mecklenburg-Vorpommern und in Schleswig-Holstein. Ich finde, bis dahin muss eine Lösung her, damit wir die Ferien nutzen können, um den Kindern zu helfen, dass sie zumindest einen Teil ihrer Defizite aufholen, die jetzt in der Pandemie entstanden sind und die vielleicht sogar schon vor der Pandemie vorhanden waren.

Herzlichen Dank.

(Beifall bei der SPD – Jan Korte [DIE LINKE]: Das war ganz okay!)

Herr Korte verteilt die Noten. – Vielen Dank, Bärbel Bas. – Nächster Redner: für die FDP-Fraktion Dr. Thomas Sattelberger.

(Beifall bei der FDP)

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Daten
Quelle Deutscher Bundestag, Nutzungsbedingungen
Quellenangabe Deutscher Bundestag via Open Parliament TV
Abgerufen von http://dbtg.tv/fvid/7506052
Wahlperiode 19
Sitzung 215
Tagesordnungspunkt Bildungspolitik
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