Oliver KaczmarekSPD - Bildungspolitik
Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Natürlich kann man so tun, als wenn das eine Debatte wäre, in der man alles Mögliche unterbringen kann. Aber es geht um Bildungspolitik, und darum, dass in diesem Land, in dieser Situation viele Anforderungen an unser Bildungssystem gestellt werden.
Ich will zwei Punkte aufgreifen.
Der Lockdown hat doch gezeigt, wie wichtig Schulen, wie wichtig Kitas als Orte sind, wo Wissen geschaffen wird, als Orte, wo sozialer Zusammenhalt geschaffen wird. Und deshalb ist es gut, dass die ersten Schülerinnen und Schüler wieder in die Schule gehen können; wenn auch noch nicht alle und viele im Wechselunterricht. Jetzt kommt es darauf an, dass wir dieser Öffnung von Schulen den Rücken stärken. Ich will deshalb auch ganz klar sagen: Das, was da gestern beschlossen worden ist – das Vorziehen der Impfung von Erzieherinnen und Erziehern, von Lehrerinnen und Lehrern und die Vereinbarung über regelmäßige Tests in den Schulen und Kitas –, gibt Sicherheit für den Schul- und Kitabetrieb, das ermöglicht weitere Öffnungsschritte. Die Beschlüsse von gestern gehen vielleicht noch nicht so weit, wie wir uns das vorgestellt haben,
(Zuruf des Abg. Matthias W. Birkwald [DIE LINKE])
aber sie sind ein Fortschritt und geben auch ein bisschen Rückenwind für die Öffnung von Schulen und Kitas.
(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU)
Aber das reicht noch nicht; denn Schülerinnen und Schüler haben zu Hause in den letzten Wochen und Monaten unterschiedlich lernen können. Schätzungen gehen davon aus, dass bis zu 20 Prozent aller Schülerinnen und Schüler, die jetzt in die Einrichtungen zurückkommen, Lernrückstände haben und damit auch unterschiedlich ausgeprägten Förderbedarf aufweisen. Diese Schülerinnen und Schüler, meine Damen und Herren, brauchen Unterstützung, und zwar nicht nur in den nächsten vier Wochen oder in den Ferien, sondern über mindestens ein Jahr, damit aus Lernrückständen eben nicht weniger Chancen für die Zukunft junger Menschen werden.
(Beifall bei der SPD)
Frau Karliczek, wir fanden es gut, dass Sie schon vor zwei, drei Wochen angekündigt haben, dass Sie den Ländern dazu auch ein Angebot machen wollen. Wir freuen uns darüber und auch darüber, dass wir von Ihnen jetzt konkrete Vorschläge und Verhandlungsergebnisse bekommen. Denn das, was wir machen müssen, ist klar: Wir müssen die Lernrückständige in den Mittelpunkt stellen – nicht alles Mögliche, sondern die Lernrückstände –, und es muss schnell gehen. Das Datum der Sommerferien ist genannt. Wir freuen uns über die Initiative. Es muss jetzt auch ganz konkret werden.
(Beifall bei der SPD)
In Corona hat sich bestätigt, was der Nationale Bildungsbericht mit Zahlen belegt hat: Die Menschen in diesem Land wünschen sich die Vereinbarkeit von Familie und Beruf. – Der Bedarf ist groß. Der Nationale Bildungsbericht weist einen Bedarf von etwa 800 000 Plätzen bis 2025 für die Ganztagsbetreuung in der Grundschule aus.
Deshalb war es richtig, dass wir als Koalition in dieser Frage gehandelt haben. Insgesamt 3,5 Milliarden Euro für den Ausbau von ganztägiger Bildung und Betreuung an den Grundschulen haben wir in dieser Wahlperiode zur Verfügung gestellt. Das Geld steht zur Verfügung. Wir können jetzt in mehr Ganztagsbetreuung investieren. Das war eine richtige Entscheidung und auch eine wichtige Lehre aus Corona.
(Beifall bei Abgeordneten der SPD)
Ich will aber auch sagen: Der Rechtsanspruch auf Ganztagsbetreuung an Grundschulen fehlt uns noch; der würde das vervollständigen. Ich habe deshalb die Bitte, dass unser Koalitionspartner, aber auch die Grünen auf ihre Landesverbände in Baden-Württemberg und Hessen zugehen, damit wir Klarheit bekommen, wie man dort zu einem Rechtsanspruch auf Ganztagsbetreuung an Grundschulen steht. Wir müssen auch bei diesen Ländern endlich die Bremsen lösen. Dazu reicht es nicht, Appelle hier im Bundestag abzugeben. Bitte sorgen Sie in Ihren eigenen Läden dafür, dass das in dieser Wahlperiode über die Bühne gehen kann.
(Beifall bei der SPD)
Corona hat gezwungenermaßen die Potenziale und Defizite des digital unterstützten Lernens aufgezeigt. Der DigitalPakt hilft; das ist doch gar keine Frage. Er hilft vielleicht noch nicht ausreichend und sicherlich noch nicht schnell genug, aber man muss sich doch einmal vorstellen, wo wir in der Pandemie ohne ihn wären. Von Frau Wanka gab es nur eine Ankündigung ohne Ergebnis; kein einziger Euro wurde im Haushalt dafür bereitgestellt. Es war doch richtig, dass Olaf Scholz und Frau Karliczek gehandelt haben und dass Olaf Scholz als Finanzminister in einer seiner ersten Amtshandlungen den Digitalfonds eingerichtet hat. Das erste Geld für den DigitalPakt Schule stand bereits zur Verfügung, bevor es eine entsprechende Bund-Länder-Vereinbarung gegeben hat. Deswegen sage ich: Der DigitalPakt ist eine gute Sache. Das Geld ist da. Es muss jetzt noch schneller und unkomplizierter gehen. Daran müssen wir noch arbeiten.
(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU)
Ich glaube, wenn wir dies in den Mittelpunkt stellen – Ganztagsbetreuung, Digitalisierung – und wenn wir uns jetzt um die Schülerinnen und Schüler mit Lernrückständen kümmern, dann können wir Vertrauen in Bildungspolitik zurückgewinnen. Ich glaube, die Debatte heute hat gezeigt, dass das notwendig ist.
(Beifall bei der SPD)
Vielen Dank, Kollege Kaczmarek. – Nächster Redner: für die FDP-Fraktion Dr. Jens Brandenburg.
(Beifall bei der FDP)
Quelle | Deutscher Bundestag, Nutzungsbedingungen |
Quellenangabe | Deutscher Bundestag via Open Parliament TV |
Abgerufen von | http://dbtg.tv/fvid/7506058 |
Wahlperiode | 19 |
Sitzung | 215 |
Tagesordnungspunkt | Bildungspolitik |