Marco BuschmannFDP - Aktuelle Stunde - Transparenz von politischen Entscheidungen
Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Das eigentliche Thema der Aktuellen Stunde ist ja der Vertrauensverlust in Institutionen und die Frage, was Transparenz bewirken kann, damit wir dieses Vertrauen zurückgewinnen. Man kann in jedem Fall die Frage negativ damit beantworten, was uns Vertrauen kostet: Es kostet uns Vertrauen, wenn der Eindruck entsteht, dass sich die Politik durchsetzt, bei der die größten Lobbybudgets im Hintergrund sind. Es kostet uns Vertrauen, wenn der Eindruck entsteht, dass sich hier einige die Taschen vollmachen, anstatt für das Wohl des deutschen Volkes zu arbeiten. Das kostet uns Vertrauen.
(Beifall bei der FDP und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der LINKEN)
Das beste Mittel dagegen ist Transparenz. Wir müssen transparent machen, welche Beziehungen – die in vieler Hinsicht auch legitim sind – es zwischen Wirtschaft und Verbänden und der Politik gibt. Da fand ich es, ganz ehrlich, schon ein bisschen billig, was wir hier zum Teil gehört haben.
Lieber Herr Kollege Wiese, man kann ja auf vieles hinweisen, was in Landtagen passiert, aber so zu tun, als ob wir hier im Bundestag nicht die Baustellen hätten und als ob Sie als Regierungsfraktion nicht was dazu beitragen könnten, da machen Sie es sich ein bisschen zu einfach.
(Beifall bei der FDP sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)
Herr Schnieder, das gilt auch für Sie. Sie wissen, dass ich Sie sehr schätze und dass ich Ihnen persönlich abnehme, dass Sie da mit guten persönlichen Motiven vorangehen. Aber es gibt mehr als das Strafrecht. Was wir hier regeln müssen, ist die Frage, welche Konsequenzen wir parlamentsrechtlich aus den Vorfällen ziehen.
(Beifall bei der FDP)
All diese Vorfälle sagen uns ganz klar, was zu tun ist. Der Fall Philipp Amthor hat die Frage der Erfassung von Optionen als Entschädigung für legitime Nebentätigkeiten aufgeworfen. In Hinsicht auf Interessenkonflikte: Die Aktienoption ist viel verführerischer; denn je mehr ich fürs Unternehmen tue, desto größer kann der Gewinn aus einer Option sein. Wir müssen das endlich in die Transparenzregeln mit einbeziehen. Da müssen wir vorankommen! Und Sie blockieren da.
(Beifall bei der FDP sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)
Im Fall Nüßlein gilt natürlich die Unschuldsvermutung. Aber auch da gibt es nicht nur eine strafrechtliche Komponente. Ich möchte gerne wissen: Hat Herr Nüßlein an Verhandlungen des Gesundheitsausschusses teilgenommen, bei denen es um Masken ging? Wir haben das Verknüpfungsverbot in den Verhaltensregeln für Abgeordnete, und wir müssen jetzt aufklären, ob er das angezeigt hat, wenn er an solchen Beratungen teilgenommen hat. Das ist eine Aufklärungsarbeit, die hier im Parlament erfolgen muss.
(Beifall bei der FDP und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie der Abg. Helin Evrim Sommer [DIE LINKE])
Und dann heute der Fall Nikolas Löbel: Da, muss ich sagen, bleibt mir persönlich schon ein bisschen der Atem weg.
(Zuruf von der FDP: Wo ist er denn?)
Das ist nicht nur eine Frage der Geschmacklosigkeit. Darüber kann man jetzt hier lange Debatten führen; da hat jeder seine persönliche Meinung. Meine persönliche Meinung ist: Es ist geschmacklos, sich öffentlich so zu gerieren.
Aber so zu tun, als ob das legal sei, ist aus parlamentsrechtlicher Sicht ebenfalls Unsinn. Wenn das stimmt, was der „Spiegel“ schreibt, dann hat der Abgeordnete einen verbotenen Hinweis auf seine Abgeordnetentätigkeit zu eigennützigen geschäftlichen Zwecken gegeben. Das ist nicht zulässig. Das ist nicht legal.
(Beifall bei der FDP, der SPD und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU und der LINKEN)
Wenn es stimmt, dass der Abgeordnete Geschäfte, worauf er sogar auch noch hinweist, aufgrund guter Kontakte zum chinesischen Volkskongress macht und dieser Abgeordnete Mitglied des Auswärtigen Ausschusses ist, dann stellt sich auch hier die Frage, ob das Verknüpfungsverbot verletzt wurde.
Ich möchte wissen, ob der Abgeordnete Delegationsreisen genutzt hat, um für sich selber Geschäftskontakte anzubahnen. Das ist eine Aufgabe, die wir hier erledigen müssen, meine Damen und Herren. Das ist Transparenz.
(Beifall bei der FDP, der SPD und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU und der LINKEN)
Ich muss Ihnen ganz ehrlich sagen, was mein Eindruck ist: Wenn da ein Kollege ist, der sich offenbar noch nie mit den Verhaltenspflichten für Abgeordnete auseinandergesetzt hat – und so lese ich diesen „Spiegel“-Artikel: Hinweisverbot kennt er nicht, Verknüpfungsverbot ist ihm anscheinend nicht bekannt –, dann, glaube ich, haben Sie, Herr Kollege Schnieder, da auch eine Aufklärungs- und eine Fürsorgepflicht.
Ich glaube, Sie müssen für Sensibilität für diese Themen in Ihrer Fraktion stärker werben. Ich glaube, es gehört zur Aufgabe einer Fraktionsführung, dafür zu sorgen, dass die Verhaltenspflichten von den Kollegen nicht nur gekannt, sondern dass sie auch eingehalten werden. Ich mache das beispielsweise so: Ich erinnere immer an ein bekanntes Zitat meines Vorsitzenden; jeder Kollege in unserer Fraktion kennt den Satz „Lieber nicht kassieren als falsch kassieren“, und das sollten Sie Ihren Kollegen auch sagen.
(Beifall bei der FDP und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)
Vielen Dank. – Das Wort geht an Friedrich Straetmanns von der Fraktion Die Linke.
(Beifall bei der LINKEN)
Quelle | Deutscher Bundestag, Nutzungsbedingungen |
Quellenangabe | Deutscher Bundestag via Open Parliament TV |
Abgerufen von | http://dbtg.tv/fvid/7506745 |
Wahlperiode | 19 |
Sitzung | 216 |
Tagesordnungspunkt | Aktuelle Stunde - Transparenz von politischen Entscheidungen |