Christian WirthAfD - BND-Gesetz, Kontrolle der Nachrichtendienste
Herr Präsident! Werte Kollegen! Ganz optimistisch sehe ich diesen Gesetzentwurf nicht; denn es gehört auch zur Wahrheit dazu, dass dieses Urteil des Bundesverfassungsgerichts aus dem Mai 2020 eine schallende Ohrfeige für dieses Parlament und die Bundesregierung ist. Denn es zeigt auf, dass wir die Gewaltenteilung in den letzten Jahren, sogar Jahrzehnten, wenn man das Bundespolizeigesetz hinzunimmt, nicht wahrgenommen haben. Wir haben unsere Sicherheitsorgane, insbesondere die Bundespolizei, aber auch den Bundesnachrichtendienst, einfach ohne ausreichende Rechtsgrundlagen stehen lassen.
Vor diesem Hintergrund hat das Bundesverfassungsgericht sich genötigt gesehen, als Gesetzgeber aufzutreten und in wesentlichen Entscheidungsgründen auszuführen, wie ein Gesetz auszusehen hat. Das hat mit Gewaltenteilung wirklich nichts mehr zu tun; aber das liegt nicht am Bundesverfassungsgericht, das liegt an diesem Parlament und der Bundesregierung. Das ist bedauerlich.
(Beifall bei der AfD)
Es gehört auch zur Wahrheit dazu, dass das Bundesverfassungsgericht in dieser Entscheidung leider – das ist wohl weltweit einmalig – entschieden hat, dass das Grundgesetz nicht mehr auf das Hoheitsgebiet der Bundesrepublik beschränkt ist, sondern als Weltrecht zu gelten hat. Das hat es auch noch nicht gegeben.
Bedauerlich ist des Weiteren, dass die Bundesregierung und die Regierungskoalition sich wohl bemüht haben, ihnen aber wenig anderes eingefallen ist, als diese Entscheidungsgründe abzuschreiben und in einen Gesetzentwurf zu packen, wobei sie vieles vielleicht nicht verstanden haben und wesentliche Vorgaben des Bundesverfassungsgerichtes nicht beachtet haben.
Hierzu gehört – aus Zeitgründen kann ich es nicht ausgiebig ausführen – die parlamentarische Kontrolle, die so möglich ist; aber es bleibt natürlich die Frage, ob sie praktikabel ist. Derzeit sind die G 10-Kommision und das Parlamentarische Kontrollgremium zuständig für die Überwachung. Es soll der Unabhängige Kontrollrat eingerichtet werden aus BGH-Richtern und – warum auch immer, es ist nicht unbedingt deren Fachgebiet – Verwaltungsrichtern. Aber dem Bundesverfassungsgericht ging es in dem Urteil erkennbar auch darum, die Überwachung der Geheimdienste zu entpolitisieren – dies, weil aus den Parlamentarischen Kontrollgremien und aus Regierungskreisen immer wieder Informationen an die Presse durchgesteckt wurden. Das nennt man Geheimnisverrat.
Das Bundesverfassungsgericht betont die Notwendigkeit, die zu schaffenden Kontrollinstanzen mit fachlich kompetenten und politikunabhängigen Persönlichkeiten zu besetzen anstatt mit politischen Kandidaten. Das Bundesverfassungsgericht fordert für die Kontrollinstanzen im Grunde den Nachbau der Gewaltenteilung im Kleinen.
Der im Gesetzentwurf der Bundesregierung vorgesehene neue Unabhängige Kontrollrat als Kontrollinstanz ist sehr personalintensiv und teuer und führt lediglich zu einem Kompetenzwirrwarr und langen Genehmigungswegen, die gerade in der Auslandsaufklärung lebensfremd sind und uns von unseren notwendigen internationalen Partnern weiter isolieren.
Die Vorschläge der FDP und der Grünen sind gangbar, aber auch sehr personalintensiv und eventuell aus diesem Grunde mit Geheimnisproblemen behaftet. Bei dem Vorschlag der FDP für einen Nachrichtendienstbeauftragten mag ich nur an das unselige Geschacher der SPD-Fraktion um den Wehrbeauftragten erinnern oder an den Ostbeauftragten der CDU, der seine Kompetenzen für die Ostbürger ja vom Parteibuch abhängig macht. Daher ist er wohl nicht so praktisch.
Wir schlagen vor: Statt des vorgesehenen Unabhängigen Kontrollrates soll die gerichtliche Kontrolle durch einen neu zu schaffenden Geheimdienstsenat mit Bereitschaftsdienst beim BGH eingerichtet werden. Dort sitzen Profis, die können das. Eine Beschwerde zum Senat soll möglich sein. Die Ständige Bevollmächtigte beim Parlamentarischen Kontrollgremium soll künftig eine eigene Ermittlungskompetenz haben und die Rechtskontrolle der technischen Aufklärung durchführen, soweit der BGH nicht zuständig ist.
Wir wollen eine Enquete-Kommission. Wir wollen eine unabhängige Evaluierung. Wir müssen auch in der nächsten Legislaturperiode darüber reden, wie unsere Sicherheitsarchitektur aussieht. Rechtsstaatlich, schlank, effizient und Vertrauen in den Bundesnachrichtendienst: Für eine solche moderne Sicherheitsstruktur steht die AfD.
Vielen Dank.
(Beifall bei der AfD)
Der nächste Redner: für die SPD-Fraktion der Kollege Uli Grötsch.
(Beifall bei der SPD)
Quelle | Deutscher Bundestag, Nutzungsbedingungen |
Quellenangabe | Deutscher Bundestag via Open Parliament TV |
Abgerufen von | http://dbtg.tv/fvid/7510843 |
Wahlperiode | 19 |
Sitzung | 218 |
Tagesordnungspunkt | BND-Gesetz, Kontrolle der Nachrichtendienste |