16.04.2021 | Deutscher Bundestag / 19. WP / Sitzung 222 / Tagesordnungspunkt 31

Jan-Marco LuczakCDU/CSU - Mietspiegelreformgesetz

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Frau Präsidentin! Meine sehr verehrten Kolleginnen und Kollegen! Eigentlich reden wir jetzt ja über die Mietspiegel. Aber nachdem nun alle Redner auf das gestrige Urteil des Bundesverfassungsgerichts zum Mietendeckel eingegangen sind, muss ich da, glaube ich, noch mal ein paar Dinge klarstellen.

Sowohl die Grünen als auch die Linken als auch unser Koalitionspartner, die SPD, sagen jetzt – das verwundert auch nicht; Sie haben den Mietendeckel in Berlin ja gemeinsam auf den Weg gebracht –: Wir brauchen einen bundesweiten Mietendeckel.

(Mechthild Rawert [SPD]: Haben wir vorher schon! – Christian Kühn [Tübingen] [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Nee! Berichtigung der Kappungsgrenze habe ich gefordert, keinen Mietendeckel!)

Da muss ich mich doch schon sehr wundern. Wenn Sie sich die Entscheidung aus Karlsruhe anschauen, stellen Sie fest: Die war in ihrer Klarheit nicht zu überbieten. Es war eine einstimmige Entscheidung – 8 : 0 –, die besagt: Das Land Berlin hat für einen solchen Mietendeckel keine Kompetenz. – Es war ein Verfassungsbruch mit Ansage, den der rot-rot-grüne Senat in Berlin begangen hat; denn alle Experten haben gesagt, dass das nicht gehe.

(Beifall bei der CDU/CSU und der FDP sowie des Abg. Udo Theodor Hemmelgarn [AfD])

Sie haben Ihre ideologische Verbohrtheit auf dem Rücken der Berlinerinnen und Berliner ausgetragen, weil die Berliner Mieter am Ende nämlich die Leidtragenden gewesen sind.

(Dr. Petra Sitte [DIE LINKE]: Ich glaube, ich kriege die Krise hier!)

Gucken Sie sich doch mal an, was der Mietendeckel in Berlin wirklich bewirkt hat!

(Renate Künast [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Gucken Sie mal, wie oft Sie als CDU in Karlsruhe gescheitert sind! Sie machen doch zweimal im Jahr einen Verfassungsbruch, wenn man es so sieht! Mit Ihrer Innenpolitik jede Woche wieder!)

Zwei Jahre ist hier in Berlin nichts passiert. Zwei Jahre ist nichts passiert! Mit dem Beginn der Diskussion um den Mietendeckel ist nichts mehr passiert, weil all diejenigen, die vorher gesagt haben: „Ich möchte im Land Berlin investieren“, „Ich möchte hier neue Wohnungen bauen“, „Ich möchte altersgerecht umgebauten Wohnraum schaffen“, „Ich möchte etwas für den Klimaschutz tun und zum Beispiel die energetische Modernisierung voranbringen“, zu dem Schluss gekommen sind: Unter den Bedingungen des Mietendeckels funktioniert das nicht mehr, ist das wirtschaftlich nicht mehr tragbar.

(Renate Künast [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Ach nee! Und vorher? Was haben Sie vorher initiiert im Wohnungsbau?)

Und was ist den Berliner Mietern noch passiert? Das Angebot an neuen Mietwohnungen – wenn Sie sich das pauschal anschauen – ist dramatisch eingebrochen. Um mehr als 50 Prozent sind die Angebote an Wohnungen zurückgegangen. Und was ist die Folge gewesen? Die Schlangen bei den Wohnungsbesichtigungen sind noch länger geworden.

(Zuruf der Abg. Caren Lay [DIE LINKE])

Es war noch nie so schwierig, in Berlin eine Wohnung zu finden, wie unter dem Mietendeckel. Und das wollen Sie als Vorbild für den Bund nehmen? Das kann doch wohl nicht Ihr Ernst sein!

(Beifall bei der CDU/CSU und der FDP)

Weil Sie jetzt sagen, das sei ja nur eine formale Entscheidung gewesen: Ja, richtig, selbstverständlich. Das Bundesverfassungsgericht – der Zweite Senat, weil der für Staatsorganisation zuständig ist – hat über die Frage der Zuständigkeit entschieden; das ist richtig. Und er hat, weil das so üblich ist, nicht in einem Obiter Dictum etwas zu den materiell-rechtlichen Fragen ausgeführt. Man kann aber sehr trefflich darüber streiten, ob unter dem Blickwinkel des Artikel 14, unter dem Blickwinkel des Artikel 12 und auch unter dem Blickwinkel des Artikel 3 eine solche Regelung zulässig wäre. Ich habe da meine großen Zweifel, ob das so ist.

Ich will nur mal ein Beispiel zu Artikel 3 nennen. Wir reden am Ende ja auch über Verhältnismäßigkeitsfragen: Ist so etwas geeignet? Ist so etwas erforderlich? Ist es am Ende angemessen? – Wenn Sie sich die Auswirkungen des Mietendeckels – ein paar hatte ich schon genannt – und die soziale Steuerungswirkung dieses Mietendeckels anschauen, stellt sich die Frage: Wer hat denn eigentlich vom Mietendeckel profitiert?

Die Mieten sind vom Gesetzgeber doch am stärksten in den topsanierten Altbauwohnungen am Ku’damm abgesenkt worden, dort, wo die gut verdienenden Zahnärzte – ich spitze es mal zu – wohnen. Die haben davon profitiert. Die haben vorher 17 bis 20 Euro Miete pro Quadratmeter gezahlt; die konnten es sich leisten. Dann haben sie am Ende nur noch 10 Euro bezahlt. Aber diejenigen, die in Marzahn wohnen, denen es wirtschaftlich wirklich nicht so gut geht, haben von diesem Mietendeckel überhaupt nichts gehabt.

(Beifall bei der CDU/CSU und der FDP)

Das ist doch eine schreiende soziale Ungerechtigkeit, was Sie da auf den Weg gebracht haben. Das kann doch nicht Vorbild für den Bund sein.

(Christian Kühn [Tübingen] [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Was ist denn die mietrechtliche Antwort der CDU? Das ist doch die Frage!)

Nein, meine Damen und Herren, für uns als Union ist ganz klar: Wir wollen starke soziale Leitplanken im Mietrecht haben. Die haben wir als Bundesgesetzgeber auch auf den Weg gebracht. Deswegen kann ich auch unseren Koalitionspartner, die SPD, an dieser Stelle nicht verstehen. Wir haben in dieser Legislaturperiode so viele Dinge auf den Weg gebracht.

(Mechthild Rawert [SPD]: Noch nicht genug!)

Wir haben die Mietpreisbremse verschärft.

(Renate Künast [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Ja, wer hat die Mietpreisbremse entfernt? Luczak! Sie haben die Mietpreisbremse inhaltlich verhindert!)

Wir haben bei den Modernisierungsmieterhöhungen – dort, wo es wirklich zu deutlichen Mietsteigerungen gekommen ist – die Umlagefähigkeit von 11 auf 8 Prozent reduziert,

(Mechthild Rawert [SPD]: Wer hat das denn erstritten?)

und wir haben sie vor allen Dingen gedeckelt. Das ist eine richtig starke soziale Leitplanke, die wir auf den Weg gebracht haben. Wir sollten doch unsere Erfolge, die wir als Koalition gemeinsam erreicht haben, nicht immer nur kleinreden. Wir haben nämlich für die Mieterinnen und Mieter in dieser Legislaturperiode richtig was gemacht.

(Beifall bei der CDU/CSU)

Deswegen würde ich mir eines wünschen: Weil die Menschen dort draußen zum Teil wirklich Angst haben,

(Mechthild Rawert [SPD]: Absolut zu Recht! )

dass sie ihre Wohnung verlieren, dass ihnen gekündigt wird,

(Mechthild Rawert [SPD]: Absolut zu Recht!)

dass die Mieten zu stark steigen, würde ich uns alle ermuntern wollen: Lassen Sie uns nicht mit der Angst der Menschen spielen! Lassen Sie uns nicht mit der Angst der Menschen Wahlkampf machen, sondern machen wir ihnen Mut, dass sie das gesetzliche Instrumentarium, das wir haben und das noch mal starke soziale Leitplanken für die Mieterinnen und Mieter in unseren Städten bedeutet, auch nutzen.

Die Mieterinnen und Mieter draußen sind gut geschützt. Dafür steht auch die Union. Wir wollen, dass sie gut geschützt sind. Deswegen: Kein Wahlkampf mit der Angst der Menschen vor steigenden Mieten!

(Beifall bei der CDU/CSU)


Daten
Quelle Deutscher Bundestag, Nutzungsbedingungen
Quellenangabe Deutscher Bundestag via Open Parliament TV
Abgerufen von http://dbtg.tv/cvid/7515484
Wahlperiode 19
Sitzung 222
Tagesordnungspunkt Mietspiegelreformgesetz
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