22.04.2021 | Deutscher Bundestag / 19. WP / Sitzung 224 / Tagesordnungspunkt 14

Jens BeeckFDP - Teilhabe von Menschen mit Behinderungen

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Sehr geehrter Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Es war für uns alle kein einfaches Jahr, das hinter uns liegt; aber für Menschen mit Behinderung war es in vielen Fällen ein besonders schwieriges Jahr. Menschen in den Einrichtungen der Eingliederungshilfe waren nicht selten isoliert von ihren Lieben; Eltern konnten ihre Kinder in der Anfangszeit nicht besuchen. Das waren sehr schwierige Situationen, auch in den Alten- und Pflegeeinrichtungen.

Dann kam noch dazu, dass die Betroffenen einmal mehr nicht inklusiv und selbstverständlich mitgedacht worden sind: Beim SodEG I, als es um die Leistungserbringer ging, war Versagen. Erst im SodEG II wurde nachgebessert: Beschaffung von Schutzausrüstungen, zuerst für andere, später für Menschen mit Behinderungen. Es gab keine Prämie für die Beschäftigten in der Eingliederungshilfe. Das haben Sie abgelehnt, Frau Kollegin Tack; wir haben das beantragt. Sie sind also anders behandelt worden als andere. Umso größer war dann die Erwartungshaltung beim Teilhabestärkungsgesetz.

Herr Minister, ich hätte mir sehr gewünscht, dass Sie mit der gleichen Verve wie bei der Debatte zum Lieferkettengesetz in diese Diskussion gegangen wären und nicht den Platz auf der Regierungsbank verlassen hätten, um sich in die Abgeordnetenreihen zu setzen.

(Beifall bei der FDP sowie des Abg. Uwe Witt [AfD])

Mit dem, was Sie hier vorlegen – 185 Seiten Gesetzentwurf und Änderungsanträge –, bleiben Sie trotzdem im Klein-Klein. Nehmen wir den Teilhabebericht noch hinzu, sind wir bei knapp 1 000 Seiten. Wenn man die Ankündigungen berücksichtigt, wird im Grunde relativ wenig erreicht.

Es ist richtig, dass Sie den Gewaltschutz in Einrichtungen der Eingliederungshilfe adressieren; aber Sie tun es nicht mit Herzblut. Es fehlen die Ansprechstellen, die Ombudsleute, es fehlt die Abstimmung mit den Ländern darüber, wer das eigentlich am Ende kontrolliert.

(Beifall der Abg. Christian Dürr [FDP] und Corinna Rüffer [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN])

Sie nehmen leichte Verbesserungen beim Budget für Ausbildung vor; aber ich sage Ihnen: Auch das wird nicht sicherstellen, dass es besser läuft als beim Budget für Arbeit, und das läuft bekanntlich auch schon nicht. Sie adressieren digitale Gesundheitsanwendung, ohne den klaren Maßstab, dass diese maximal barrierefrei ausgerichtet werden müssen. Und bei der Frage des Zugangs zur Eingliederungshilfe – das betrifft 1 Million Menschen in Deutschland, potenziell die 8,2 Millionen Menschen mit anerkannter Schwerbehinderung – wollen Sie eine Verordnungsermächtigung für Ihr Haus und damit am Bundestag vorbei entscheiden. Auch das geht überhaupt nicht.

(Beifall bei der FDP sowie der Abg. Corinna Rüffer [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN])

Positiv ist, dass Sie die vielen Anträge zu Assistenzhunden im Gesetzentwurf aufgreifen, aber leider in verkürzter Form. Ihr Gesetzentwurf basiert immer noch auf der Fehlvorstellung, dass Menschen, die es im Leben nicht leicht haben, ein niedliches Tier an ihre Seite kriegen. Darum geht es nicht. In Berlin lebt Bobby, ein Assistenztier, das es einer sehr vornehmen Dame ermöglicht, ein selbstbestimmtes Leben zu führen, das wir ihr alle wünschen. Es geht darum, dass diese Tiere anders als technische Hilfsmittel und besser als menschliche Assistenten in der Lage sind, Sturzereignisse bei anfallgefährdeten, epilepsiegefährdeten Menschen zu verhindern. Das erspart nicht nur diese fürchterlichen Unfallereignisse, die man damit verhindern kann, sondern das spart auch ganz viel Geld im deutschen Sozialsystem.

Sie springen hier viel zu kurz. Nehmen Sie bitte zumindest den Hinweis der Opposition auf: Evaluieren Sie bei der ohnehin vorgesehenen Kostenevaluation auch diese Einspareffekte, damit wir in der nächsten Wahlperiode hier einen Schritt weiterkommen – nicht für die Assistenzhunde, sondern für die Menschen, für die Gerechtigkeit in unserem Land und für den Sozialstaat.

Herzlichen Dank.

(Beifall bei der FDP sowie der Abg. Corinna Rüffer [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN])

Vielen Dank, Herr Kollege Beeck. – Nächster Redner ist der Kollege Sören Pellmann, Fraktion Die Linke.

(Beifall bei der LINKEN)

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Daten
Quelle Deutscher Bundestag, Nutzungsbedingungen
Quellenangabe Deutscher Bundestag via Open Parliament TV
Abgerufen von http://dbtg.tv/fvid/7516690
Wahlperiode 19
Sitzung 224
Tagesordnungspunkt Teilhabe von Menschen mit Behinderungen
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