22.04.2021 | Deutscher Bundestag / 19. WP / Sitzung 224 / Zusatzpunkt 4

Frank SteffelCDU/CSU - Aktuelle Stunde - Wachsende Gefahr einer Eskalation in der Ostukraine

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Vielen Dank, Frau Präsidentin. – Liebe Kolleginnen und Kollegen! Die Lage an der ukrainisch-russischen Grenze, in den Gewässern der Ostukraine macht uns Sorgen, und wir alle spüren, glaube ich, was eine Eskalation dort nicht nur für diese Grenze, sondern für die Welt, für Europa, wahrscheinlich auch für Deutschland neben den innenpolitischen Auseinandersetzungen bedeuten würde.

Nun kann man natürlich sagen: Das liegt daran, dass im September Wahlen sind. – Ein Kollege hat darauf hingewiesen. Wir können davon ausgehen, dass es natürlich innenpolitisch zumindest mal von den Schwierigkeiten ablenken würde, die es zweifelsfrei in Russland gibt: wirtschaftliche Probleme, die Coronasituation, die in Russland schlimmer ist, als die offiziellen Statistiken besagen,

(Zuruf von der AfD)

und viele andere Dinge. Ich bemühe mich aber in dieser Debatte bewusst, mal die Position derer einzunehmen, deren Auffassung ich nicht teile, also der AfD und der Linken.

Sie haben den Eindruck erweckt, dass Russland hier, wie der russische Außenminister gesagt hat, lediglich eine Übung durchführt. Jetzt unterstellen wir mal: Das ist eine Übung. – Sie entspricht nicht den üblichen Regeln. Man müsste diese Übung dann anmelden, man müsste sie auch anders und transparenter kommunizieren. Aber packen wir das alles mal beiseite und sagen: Es ist eine Übung.

Wenn es eine Übung ist, dann ist ja klar, dass es am Ende der Übung keine militärische Eskalation geben kann. Das beinhaltet dann natürlich, dass jede Provokation, und sei sie von den Separatisten auch bewusst gewählt, niemals dazu führen kann und darf, dass aus dieser Übung Ernst wird. Wenn aus dieser Übung also nach russischer Auffassung, die ja hier im Parlament von zwei Fraktionen weitestgehend geteilt wird, niemals Ernst werden kann, ist die Frage: Was ist denn die Konsequenz, wenn aus dieser Übung Ernst wird, wenn also die russischen Soldaten dort nicht nur zum Üben stehen, sondern am Ende auf dem Gebiet der Ukraine Tote zu beklagen sind?

Da komme ich – Herr Staatsminister, Sie entschuldigen das – schon zu einer etwas anderen Auffassung, als ich sie Ihren Zwischentönen entnommen habe, obwohl Ihre Rede ansonsten gut war und auch inhaltlich, glaube ich, große Unterstützung des Hauses findet.

Ich glaube, wir sollten schon sehr klar auf die Konsequenzen hinweisen, wenn aus dieser Übung Ernst wird.

(Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU)

Ich glaube, wir sollten dort sehr klar darauf hinweisen.

(Heike Hänsel [DIE LINKE]: Dann weisen Sie ihn mal darauf hin!)

Der amerikanische Präsident hat das sehr klar gesagt und hat aber auch gesagt: Natürlich mache ich ein Gesprächsangebot.

(Zuruf der Abg. Heike Hänsel [DIE LINKE])

Und er hat dem russischen Präsidenten ein Gespräch an einem neutralen Ort vorgeschlagen. Russland bzw. sein Präsident hat das bis heute nicht beantwortet. Die deutsche Bundeskanzlerin hat auch ein Gespräch angeboten, hat gesagt: Wir wollen im Normandie-Format weitermachen. – Ich glaube, wir sind jetzt gefordert, auch zu sagen, was die Konsequenz ist, wenn aus einer Übung Ernst wird und wenn Gesprächsangebote nicht angenommen werden.

Aus meiner Sicht, liebe Kolleginnen und Kollegen – wir können ja nur für Deutschland sprechen –, ist eines doch völlig klar: Nord Stream 2 kann es bei einer erneuten Eskalation in der Ukraine nicht mehr geben. Es muss abgebrochen werden,

(Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU)

und zwar unabhängig davon, mit welcher Begründung aus der Übung Ernst wird; denn dass man sich da viele Begründungen ausdenken kann, das wissen wir hier, glaube ich, alle.

Deswegen sage ich sehr klar: Ich erwarte von diesem Deutschen Bundestag – zwei Fraktionen werden da mit Sicherheit nicht mitmachen; ich erwarte es auch von unserem Koalitionspartner, dass der Einfluss von Altkanzler Schröder nicht dominiert –, dass wir heute Verantwortung übernehmen, um Tote in der Ukraine zu verhindern, und klar sagen: Wenn Russland hier eskaliert, wird Nord Stream 2 abgebrochen. – Das ist unsere Pflicht, um Schaden von Europa und von den Menschen in der Ukraine abzuwenden.

(Beifall bei der CDU/CSU – Zuruf der Abg. Heike Hänsel [DIE LINKE])

Ich möchte abschließend eines sagen, was meiner Generation, uns allen wahrscheinlich, ja fast ins Leben geschrieben ist: Ich saß 1994 als junger Abgeordneter im Berliner Abgeordnetenhaus hinter Boris Jelzin und Helmut Kohl, als die russischen Truppen unter Beifall der Berliner Deutschland verließen. Und ich hätte mir damals nicht vorstellen können, dass das, worüber wir heute hier reden, in Europa noch einmal passieren kann.

Deswegen sage ich sehr klar: Wir müssen alles tun für ein gutes Verhältnis mit Russland, wir müssen alles tun für ein gutes Verhältnis mit der russischen Bevölkerung. Aber wir müssen auch sehr deutlich sagen: Der Schlüssel für Frieden in Europa liegt im Kreml.

(Heike Hänsel [DIE LINKE]: Der Schlüssel liegt bei allen!)

Wir können dazu einen Beitrag leisten; das werden wir tun. Unabhängig davon ist Putin gefordert, jetzt endlich zu beweisen, dass er es ernst meint mit Frieden, womit er übrigens auch seinem eigenen Volk eine Perspektive gibt: für Wohlstand, für Frieden und für bessere Verhältnisse als heute.

Vielen Dank.

(Beifall bei der CDU/CSU)

Das Wort hat der Kollege Josip Juratovic für die SPD-Fraktion.

(Beifall bei der SPD)


Daten
Quelle Deutscher Bundestag, Nutzungsbedingungen
Quellenangabe Deutscher Bundestag via Open Parliament TV
Abgerufen von http://dbtg.tv/fvid/7516740
Wahlperiode 19
Sitzung 224
Tagesordnungspunkt Aktuelle Stunde - Wachsende Gefahr einer Eskalation in der Ostukraine
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