22.04.2021 | Deutscher Bundestag / 19. WP / Sitzung 224 / Tagesordnungspunkt 16

Gitta ConnemannCDU/CSU - Bundeskanzler-Helmut-Kohl-Stiftung

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Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Revoluzzer – Helmut Kohl war dies für die CDU in Ludwigshafen, ein Revoluzzer, ein junger Wilder im Stadtrat Anfang der 60er-Jahre. Helmut Kohl, ein Revoluzzer? Das passt so gar nicht ins Bild, und jeder von uns hat eines von ihm; denn Helmut Kohl hat Generationen geprägt. Aber was ist Legende, was Zerrbild, was Tatsache?

Tatsache ist: Helmut Kohl schneidet als junger Ministerpräsident in Rheinland-Pfalz alte Zöpfe ab – Aus für staatliche Konfessionsschulen, Verwaltungsreform –, alles gegen heftige Proteste auch von der Kanzel. Mit dem ersten Kindergartengesetz setzt er bundesweit sozialpolitische Maßstäbe.

(Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU)

Aber wer kennt noch seine politischen Anfänge? Wer weiß um sein Gespür für politische Talente, wie Richard von Weizsäcker, Roman Herzog, Kurt Biedenkopf, Norbert Blüm oder Angela Merkel?

(Lachen bei der AfD)

Wer weiß, dass Helmut Kohl das Bundesumweltministerium geschaffen hat,

(Beifall bei der CDU/CSU)

auch das erste Frauenministerium, mit Rita Süssmuth an der Spitze, der Christdemokrat Helmut Kohl?

Es gab auch Brüche, wie wir alle wissen. Helmut Kohl hatte viele Facetten, als Mensch, als Politiker. Sie sollen in Erinnerung bleiben, und deshalb stellen wir heute die Weichen für die Bundeskanzler-Helmut-Kohl-Stiftung.

(Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU)

Damit stehen wir in der Tradition der Gedenkstiftungen für Theodor Heuss, Konrad Adenauer, Willy Brandt, Helmut Schmidt. Nun kommt die Bundeskanzler-Helmut-Kohl-Stiftung nach Berlin, der Stadt, in der er so viele Spuren hinterlassen hat, die ohne ihn vielleicht nie Hauptstadt geworden wäre. Die Stiftung soll forschen und erinnern, gerade junge Menschen, an sein Leben, an sein Wirken für Freiheit, Einheit, Versöhnung, Frieden. Denn schon der promovierte Historiker Dr. Helmut Kohl mahnte – ich zitiere –:

Wer die Vergangenheit nicht kennt, kann die Gegenwart nicht verstehen und die Zukunft nicht gestalten.

Der Blick auf Kanzler Kohl ist heute vor allem durch die deutsche Einheit geprägt, von Bildern wie in Dresden vor der Frauenkirche 1989, auf den Stufen des Reichstags am 3. Oktober 1990, gemeinsam mit seiner Frau Hannelore, der Kanzler der Einheit. Sein enger Weggefährte Rudolf Seiters bringt es auf den Punkt – ich zitiere –: Ohne seinen Mut, seine Weitsicht und seine vertrauensbildende Politik in Europa, ja in der ganzen Welt, wäre die Einheit Deutschlands damals nicht zustande gekommen. Die deutsche Einheit einzubinden in die Einigung Europas, war ein historischer Baustein bei der Überwindung des Ost-West-Konflikts.

Diese historische Leistung war nur möglich, weil ihm Vertrauen geschenkt wurde. Wir alle hier wissen, wie kostbar dieses Gut, wie kostbar Vertrauen ist, gerade in der Politik. Helmut Kohl gelang es, zu allen Staatsmännern der Welt ein wirkliches Vertrauensverhältnis aufzubauen. Als die Mauer fällt, schreibt der deutsche Kanzler so Weltgeschichte. Unvergessen bleibt die Versöhnungsgeste über den Soldatengräbern in Verdun: der Kanzler Hand in Hand mit Staatspräsident François Mitterrand. Und natürlich haben wir die Fotos mit Michail Gorbatschow im Kaukasus vor Augen. Über diese „Strickjacken-Diplomatie“ machte man sich vorher lustig wie auch über die tiefe Verbundenheit zu seiner Heimat, der Pfalz. Vom „Provinzkanzler“ war die Rede. Kaum ein Politiker wurde so unterschätzt wie Dr. Helmut Kohl.

Dabei machten ihn seine Wurzeln zu einem überzeugten Europäer. Helmut Kohl erlebte, was Krieg zwischen den Völkern an Leid bringt. Sein Bruder fiel. Als Zwölfjähriger musste er mit anderen Schülern Leichen nach Luftangriffen bergen. Deshalb kämpfte er zeitlebens für Frieden, für Völkerverständigung. Und es gelang ihm. So wurde übrigens auch die Pfalz zur Bühne der Weltpolitik,

(Otto Fricke [FDP]: Und deswegen kommt die Stiftung nach Berlin!)

vom Dom zu Speyer bis zum Saumagen, für Ronald Reagan bis Mutter Teresa.

Es gäbe noch so vieles. Helmut Kohl hat als Parteivorsitzender 25 Jahre die CDU Deutschlands geprägt und 16 Jahre lang als Bundeskanzler unser Land und Europa. In seinen Ämtern war Helmut Kohl immer der Jüngste, als Landtagsabgeordneter, als Ministerpräsident, als Bundeskanzler. Ohne Unterstützung wäre aber selbst ihm dies nicht möglich gewesen. Ihm halfen sein herausragendes Netzwerk, seine Weggefährten, seine Familie. So wurde aus dem Revoluzzer der Kanzler der Einheit und Ehrenbürger Europas, einer Stiftung würdig.

Vielen Dank.

(Beifall bei der CDU/CSU)

Vielen Dank, Gitta Connemann. – Der nächste Redner für die AfD-Fraktion ist der Abgeordnete Martin Renner.

(Beifall bei der AfD)


Daten
Quelle Deutscher Bundestag, Nutzungsbedingungen
Quellenangabe Deutscher Bundestag via Open Parliament TV
Abgerufen von http://dbtg.tv/fvid/7516746
Wahlperiode 19
Sitzung 224
Tagesordnungspunkt Bundeskanzler-Helmut-Kohl-Stiftung
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