23.04.2021 | Deutscher Bundestag / 19. WP / Sitzung 225 / Tagesordnungspunkt 40

Bernd WestphalSPD - Zukunft der deutschen Exportwirtschaft

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Sehr geehrte Frau Präsidentin! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Dass wir in diesem Haus über Wirtschaft sprechen, ist wichtig, und deshalb grüße ich auch die Unternehmerinnen und Unternehmer in meinem Wahlkreis, vor allen Dingen den Verein für Wirtschaft, Gewerbe und Handwerk, mit dem ich erst am Mittwoch noch telefoniert habe.

Wir diskutieren jetzt über die Situation der Exportwirtschaft. Das ist ein wichtiges Thema, weil Deutschland der drittgrößte Exporteur der Welt ist. Der Anteil am Welthandel beträgt 7,1 Prozent, und 28 Prozent der Arbeitsplätze sind in der exportorientierten Wirtschaft angesiedelt. Wenn man das verarbeitende Gewerbe betrachtet, sind es sogar 50 Prozent.

Es geht um wichtige Güter, wie zum Beispiel Fahrzeuge oder Fahrzeugteile. Herr Kotré, Sie sagen, das sei alles so schlecht und nicht wettbewerbsfähig und nicht innovativ. Wenn wir das für die Automobilindustrie mal genau betrachten, sehen wir: 70 Prozent der Pkws, die in Deutschland gebaut werden, werden exportiert. So schlecht können die ja wohl nicht sein.

(Beifall bei der SPD)

Daneben betrifft es natürlich auch den Maschinenbau, die chemische Industrie und den Bereich der Datenverarbeitung, aber auch elektronische und optische Erzeugnisse sowie Nahrungs- und Futtermittel und auch Produkte der Metall-, Gummi- und Kunststoffindustrie.

Natürlich muss man sich fragen, ob der Titel „Zurück zu alter Stärke“, den die FDP gewählt hat, stimmt. Wenn man sich mal die Zahlen des Statistischen Bundesamtes anguckt,

(Der Redner hält eine Grafik hoch)

dann kann man hier sehr deutlich sehen: Die Kurve der Exporte und Importe ist in den letzten Jahren erheblich gestiegen. In den letzten 20 Jahren haben sich die Exporte verdoppelt. – Herr Houben, ich kann Ihnen nur sagen: Das ist eine Erfolgsbilanz,

(Zuruf des Abg. Reinhard Houben [FDP])

und so schlecht kann die Wirtschaftspolitik der letzten Koalition nicht gewesen sein, wenn man so eine Erfolgsbilanz vorweisen kann.

(Beifall bei Abgeordneten der SPD und der CDU/CSU – Zuruf der Abg. Dr. Marie-Agnes Strack-Zimmermann [FDP])

Wir haben – das zeigt die Exportstärke in vielen Bereichen – vor allen Dingen eine Wohlstandssicherung durch die Erschließung dieser Märkte erreicht.

Der Antrag der FDP zeigt sicherlich wichtige Aspekte auf – das will ich gar nicht leugnen –, und sicherlich müssen wir auch gemeinsam gucken, welche Veränderungen sich ergeben. Aber ich finde es schon bemerkenswert, dass Sie nicht mit einem Satz in Ihrem Antrag die Leistung der Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer erwähnen, die in dieser Exportbranche arbeiten.

(Zuruf der Abg. Dr. Marie-Agnes Strack-Zimmermann [FDP])

Es sind die hochmotivierten und hochqualifizierten Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer in den Drei-Schicht-Betrieben, die für diese Erfolgsbilanz sorgen. Diese Exportwirtschaft ist erfolgreich nicht trotz, sondern wegen der hohen Standards, die wir dort haben: bei der Tarifbindung, bei Arbeits- und Umweltschutz und natürlich auch in der Mitbestimmung, liebe Kolleginnen und Kollegen.

(Beifall bei der SPD und der LINKEN sowie der Abg. Michael Grosse-Brömer [CDU/CSU] und Katharina Dröge [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN])

Die Innovationskraft führt zu dieser hohen Nachfrage, die ich eben mit der Grafik zeigen wollte. Die deutschen Produkte stehen für Wettbewerbsfähigkeit und Innovationskraft. Die aktuellen Beispiele wie etwa im Bereich der Biochemie BioNTech mit modernen Impfstoffen zeigen aber auch, dass wir eine staatliche Forschungs- und Entwicklungspolitik brauchen, damit sich Innovationskraft letztendlich in Form von Produkten niederschlägt.

Mich hat schon erstaunt, dass Sie das Label „Grüne Transformation“ in dem Antrag etwas kritisch darstellen. Ich kann nur wahrnehmen, dass gerade beim Klimaschutz die globale Relevanz dieses Themas zunimmt. Daher ist es doch wichtig, dass wir in Deutschland Technologien gerade im Bereich der Umwelttechnik und des Klimaschutzes entwickeln, und zwar für klimaneutrale Antriebe, Wasserstofftechnologie, Elektrolysegeräte, Windenergieanlagen und Speichermöglichkeiten. Genau das sind doch die Dinge, die wir mit einer Programmierung, künstlicher Intelligenz und Digitalisierung global vermarkten können. Das ist ein Marktpotenzial, das zukünftige Exportmöglichkeiten erschließen soll.

(Beifall bei Abgeordneten der SPD)

Industrie und Mittelstand stehen natürlich vor Herausforderungen, wenn sie auf globalen Märkten aktiv sind. Deshalb brauchen wir natürlich eine Absicherung in Bezug auf die Exporte. Es gibt dort Instrumente, zum Beispiel die AKA, die Ausfuhrkredit-Aktiengesellschaft, die gerade die Exportfinanzierung zusammen mit den Hausbanken unterstützt. Wir haben die DEG, die Deutsche Investitions- und Entwicklungsgesellschaft, wir haben die KfW IPEX-Bank, die mit internationaler Projekt- und Exportfinanzierung unterstützt, und natürlich das bewährte Instrument der Hermesbürgschaften, wenn es darum geht, gerade diese Exporte abzusichern.

Natürlich entstehen durch Corona neue Risiken, die wir neu betrachten und bewerten müssen. Der Antrag und das, was Sie dort aufzählen, zeigen, dass man sich diese Instrumente durchaus auch angucken muss.

Die Veränderungen auf den Märkten sind natürlich in vielen Bereichen durchaus bemerkenswert. Das sind neue Märkte, die wir erschließen wollen. Gerade im asiatischen Bereich ist eine Schärfung notwendig, da die klassischen Instrumente da nicht greifen.

Auch bei der sehr dynamischen Wirtschaft im Start-up-Bereich gibt es Branchen, die aufgrund ihrer sehr dynamischen Entwicklung ihrer Produkte sofort auf der internationalen Bühne sind und zu Beginn keine regionalen Märkte haben. Wegen der Hochskalierung ihrer Produkte brauchen diese dann eine spezifische Unterstützung von staatlicher Seite.

Was den Zugang zu Märkten angeht, sind von den Vorrednern Freihandelsabkommen genannt worden. Ja, wir als SPD sehen Freihandelsabkommen durchaus als politisches Gestaltungsinstrument, aber nicht nur dergestalt, dass man einfach Zölle abbaut. Vielmehr geht es darum, dass Handel eben nicht nur frei, sondern auch fair ist und dass wir mit den Nachhaltigkeitskapiteln in modernen Freihandelsabkommen bei sozialen Standards, bei Umweltstandards, bei fairen Handelspraktiken genau diese Standards setzen.

Was das CETA-Abkommen betrifft, kann ich nur sagen: Ja, wir sind dafür. Wir haben ein modernes Freihandelsabkommen auf dem Tisch liegen. Nur gibt es anhängige Klagen beim Bundesverfassungsgericht. Die Rechtsstaatspartei FDP – zumindest ist das bisher ihr Markenkern – sollte zumindest die Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts über diese Klagen beachten. Dann werden wir auch in diesem Parlament darüber entscheiden.

Letzter Punkt. Fachkräftemangel ist nicht nur etwas, was Unternehmen, die auf nationalen Märkten unterwegs sind, im Moment enorm beschäftigt; sondern gerade, wenn Unternehmen sich in ausländischen Märkten aktiv tummeln, ist das ein Problem. Hier müssen spezifische, bedarfsorientierte Aus- und Weiterbildungsangebote gemacht und weiterentwickelt werden. Die Außenhandelskammern sind da sicherlich Institutionen, die hierbei einen Beitrag zur Unterstützung leisten können.

Ich freue mich auf eine intensive Debatte im Ausschuss über diesen Antrag und danke für Ihre Aufmerksamkeit.

Herzliches Glückauf!

(Beifall bei der SPD)

Vielen Dank, Kollege Westphal. – Wir kommen zum Redebeitrag der Fraktion Die Linke mit Alexander Ulrich.

(Beifall bei der LINKEN)


Daten
Quelle Deutscher Bundestag, Nutzungsbedingungen
Quellenangabe Deutscher Bundestag via Open Parliament TV
Abgerufen von http://dbtg.tv/fvid/7517181
Wahlperiode 19
Sitzung 225
Tagesordnungspunkt Zukunft der deutschen Exportwirtschaft
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