Lothar BindingSPD - Steuerrecht
Herr Präsident! Sehr verehrte Damen und Herren! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Wir haben es schon gehört: Ziel des Abzugsteuerentlastungsmodernisierungsgesetzes ist es, Steuerbetrug zu bekämpfen und Steuergestaltungen unmöglich zu machen oder zumindest sehr zu erschweren, insbesondere bei grenzüberschreitenden Dividendenzahlungen. Michael Schrodi und Fritz Güntzler haben es schon gesagt: Es geht auch um Cum/Ex – was es schon lange nicht mehr gibt, Lisa Paus –, es geht auch um Cum/Fake – das ist ein Zwischending; das gab es vielleicht, aber in Deutschland noch nicht –, und es geht auch um Cum/Cum, eine Steuergestaltung, die erst mal möglich war; aber zumindest war es kein Betrug, soweit wir wissen.
Was beschließen wir heute? Wir beschließen ein digitalisiertes Erstattungsverfahren; eine entsprechende Forderung wurde heute formuliert. Die Anzahl der Erstattungsverfahren wird reduziert; da besteht ein hohes Sicherheitsbedürfnis. Damit erreichen wir sehr viel, indem dieses sogenannte Durcheinander sortiert, reguliert und reduziert wird. Die Finanzinstitute müssen mehr Mitteilungspflichten erfüllen. Ja, das erschwert die Arbeit, aber es ist klar, dass man für Gerechtigkeit und Regulierung auch Mitteilungspflichten braucht. Und das Bundeszentralamt für Steuern wird eine Kapitalertragsteuerdatenbank aufbauen. Genau das, eine solche Datenbank aufzubauen, hat Lisa Paus eben vorgeschlagen; und das passiert jetzt. Natürlich wird auch die Haftung der Aussteller solcher Bescheinigungen verschärft.
Katja Hessel hat etwas Gutes gesagt: Bei der Gerechtigkeit gibt es keine Diskussionen. – Ehrlicherweise muss man aber sagen: Bei der Gerechtigkeit kann man gar nicht über das Ziel hinausgehen. Dass die Banken die Daten vorhalten müssen, das hast du heute, an deinem Geburtstag – herzlichen Glückwunsch! – noch mal kritisiert. Aber in Wahrheit ist es klug, die verschuldensunabhängige Haftung zu verbessern; denn die Banken haften für die Richtigkeit ihrer Daten. Ja, was sonst? Die Banken machen Geschäfte mit Leuten; dann müssen sie doch wissen, welche Geschäfte sie mit welchen Beträgen, mit welchen Absendern, in welchem Zusammenhang machen. Natürlich geht das auch im Ausland, und zwar ganz einfach: Man schließt Verträge mit seinen Kunden. Und das heißt auch, dass die Daten aus Verwahrketten – dabei muss es nicht immer um natürliche Personen gehen; es gilt auch für Körperschaftsteuererstattungsstellen – beantragt werden können. Diese Banken müssen Verträge mit den entsprechenden Stellen in den Verwahrketten schließen.
Hätten wir das schon früher gehabt – ich sage mal, seit 30 Jahren –, dann hätte es keine Probleme mit Cum/Ex gegeben, dann hätte es keine Probleme mit Cum/Cum gegeben, sondern dann hätten wir das Problem prophylaktisch gelöst. Aber das war damals nicht bekannt – übrigens war es keinem bekannt. Jetzt kann man das leicht kritisieren, aber man hätte das ja auch vor 30 Jahren beantragen können. Das hat aber keiner gemacht. All die Schlaumeier, die zwischendurch gesagt haben: „Das hätte man sehen müssen!“, die hätten es damals ja auch selbst sehen können, statt nur zu sagen, andere hätten es sehen müssen.
(Beifall bei Abgeordneten der SPD und des Abg. Fritz Güntzler [CDU/CSU])
Ich will ein weiteres Beispiel nennen – es geht nämlich nicht nur um Cum/Ex, es geht auch um andere komplizierte Sachen –: Im Umwandlungssteuerrecht gibt es zum Beispiel Gestaltungen, die darauf abzielen, einem Dritten im steuerlichen Rückwirkungszeitraum Verlustpotenzial – das sind sozusagen nicht realisierte stille Lasten – zur Verrechnung mit positiven Einkünften, also Gewinnen, nach einer Umwandlung zur Verfügung zu stellen. – Das ist ein sehr komplizierter Satz. Aber das machen Leute, um Steuern zu sparen. Wenn ich solch komplizierte Gestaltungen habe, dann kann ich nicht nur einfache Gesetze erwarten. Wir brauchen eine Abwehrgesetzgebung gegen solche Gestaltungen. Das ist auch richtig; denn das, was hier passiert, widerspricht erstens dem Subjektsteuerprinzip, zweitens der Besteuerung nach der subjektiven Leistungsfähigkeit und auch dem Ziel der Umwandlungsteuergesetzgebung. Die ist ja eigentlich dafür gedacht, dass wir Umwandlungen nicht steuerlich erschweren oder behindern. Insofern wird hier ein gutes und sozusagen bürgerfreundliches Gesetz missbraucht, um die gleichen Leute, die das Gesetz bürgerfreundlich gemacht haben, zu betrügen.
Deshalb ist das Gesetz, um das es heute geht, notwendig und sinnvoll. Wir glauben, dass wir damit einen großen Schritt in Richtung Steuergerechtigkeit und Steuerehrlichkeit gehen. Deshalb ist es klug, diesem Gesetzentwurf zuzustimmen.
(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU)
Vielen Dank, Lothar Binding. – Der letzte Redner zu diesem Tagesordnungspunkt ist der Kollege Dr. h. c. Hans Michelbach, CDU/CSU-Fraktion.
(Beifall bei der CDU/CSU)
Quelle | Deutscher Bundestag, Nutzungsbedingungen |
Quellenangabe | Deutscher Bundestag via Open Parliament TV |
Abgerufen von | http://dbtg.tv/fvid/7519007 |
Wahlperiode | 19 |
Sitzung | 226 |
Tagesordnungspunkt | Steuerrecht |