Alexander HoffmannCDU/CSU - Aktuelle Stunde – Schutz der Meinungsfreiheit
Sehr geehrte Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Der Witz der Woche kommt tatsächlich um die Ecke in Gestalt dieses Tagesordnungspunktes.
(Heiterkeit bei der LINKEN – Marianne Schieder [SPD]: Ja!)
Die AfD – das muss man sich einmal überlegen! – beantragt eine Aktuelle Stunde, in deren Überschrift steht: „Debattenkultur bewahren“.
(Beifall bei der AfD – Heiterkeit bei der SPD, der FDP und der LINKEN)
Nun hat die Startrednerin der AfD in ihrer Youtube-Rede – es wird ja dann immer so gemacht, dass man schön Youtube-Schnitzel machen kann; auch so macht man Meinungen – leider vergessen, zu sagen, über welche Debattenkultur Sie eigentlich reden. Welche Debattenkultur wollen Sie denn bewahren? Ist es denn die Debattenkultur, wo von „Messermännern“ und „Kopftuchmädchen“ die Rede ist? Ist es die Debattenkultur, wo der frühere Vorsitzende des Rechtsausschusses aus Ihren Reihen sich tatsächlich hinstellt und von Menschen spricht, die in Synagogen herumlungern? Ist es die Debattenkultur, die vom Mahnmal der Schande spricht? Ist es die Debattenkultur, die Sie eindämmen wollen, indem Sie hier Störer ins Parlament reinlassen? Ist es denn die Debattenkultur, die Sie Schülern an die Hand geben wollen, indem Sie Meldeplattformen für Lehrer schaffen?
Die Meinungsfreiheit ist bei uns ein hohes Gut. Die ist in diesem Land so gewahrt, dass sogar das Prinzip AfD funktioniert. Wie das Prinzip AfD funktioniert, haben wir in dieser Woche gemerkt. Man schaut sich eine Sachdebatte an und überlegt: Wo habe ich maximales Empörungspotenzial? Wo habe ich maximales Verhetzungspotenzial? Und wenn ich nichts finde, dann konstruiere ich halt was.
(Helin Evrim Sommer [DIE LINKE]: Genau so ist es!)
So komme ich dann zum Beispiel bei der Frage der Privilegierung für Geimpfte und Genesene ganz schnell zum mittelbaren Impfzwang.
(Norbert Kleinwächter [AfD]: Überlegen Sie doch mal, was das bedeutet!)
Aber, meine Damen, meine Herren, ein Rechtsstaat muss regelmäßig leisten können, dass er sich als Daueraufgabe tatsächlich immer wieder Gedanken macht, wie es denn um die Meinungsfreiheit im Land tatsächlich bestellt ist. Da muss man ehrlich sagen: Es ist heute #allesdichtmachen angesprochen worden. Selbstverständlich muss man sich Sorge machen, weil die Debattenkultur in unserem Land an mancher Stelle abzugleiten droht in ein schlichtes Einteilen zwischen Schwarz und Weiß, ja, man möchte fast sagen: Gut und Böse. Nicht jeder, der Coronamaßnahmen kritisiert, ist gleich ein Coronaleugner.
(Zurufe von der AfD)
Aber keiner, der Coronamaßnahmen kritisiert, sollte sich von Coronaleugnern instrumentalisieren lassen – im Übrigen auch ein Stilmittel von Ihnen.
(Zurufe von der AfD)
Wir haben in dieser Woche auch über das NetzDG gesprochen. Eine Erfolgsgeschichte,
(Joana Cotar [AfD]: Erfolgsgeschichte, klar!)
die wir fortgeschrieben haben und mit der wir sehr gut dokumentieren, was für ein hohes Gut die Meinungsfreiheit ist. Wir haben uns von Anfang an, ab dem Jahr 2017, diese Aufgabe nicht einfach gemacht. Wir haben Bedenken ernst genommen. Wir haben eine Evaluierung vereinbart. Die Erkenntnisse haben wir jetzt in Form gegossen.
Bemerkenswert bei der Debatte um das NetzDG ist doch, dass Sie von Anfang an bis heute dieses Gesetz mit Feuer und Schwert bekämpfen: natürlich – das überrascht niemanden von uns –, weil es ja das Prinzip AfD, das ich vorhin beschrieben habe, gefährdet und unter Umständen nicht mehr zur Realisierung bringt.
(Zurufe von der AfD)
Aber Sie sind doch unehrlich. Sie sind doch unehrlich auch sich gegenüber, wenn Sie sich hierhinstellen und sagen: „Uns geht es um die Meinungsfreiheit; bekämpfen dann aber das NetzDG.“
Das NetzDG ist aber wieder dafür da, die Meinungsfreiheit gerade auch in der digitalen Welt zu schützen, weil wir im NetzDG zwei Dinge in Einklang bringen, nämlich das Grundrecht auf Meinungsfreiheit und andererseits die Feststellung – das müssen Sie auch einmal verstehen und einsehen –, dass das Netz kein rechtsfreier Raum ist.
(Norbert Kleinwächter [AfD]: Das ist es sowieso nicht! – Martin Hess [AfD]: Da besteht doch kein Dissens!)
Wenn nämlich das Netz ein rechtsfreier Raum ist, funktioniert auch die Meinungsfreiheit nicht mehr. Denn wenn ich meine Meinung im Netz nicht äußern kann, ohne einen Shitstorm zu ernten, ohne Drohungen von Ihresgleichen zu bekommen, dann ist das Netz kein Raum mehr, in dem Meinungsfreiheit gewährleistet ist.
(Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU – Zuruf des Abg. Norbert Kleinwächter [AfD])
Solange Sie sich zu diesem Zusammenhang nicht öffentlich bekennen und nicht mal sachlich über Instrumente wie das NetzDG diskutieren können, diskreditieren und disqualifizieren Sie sich in diesen Debatten wieder und wieder.
Vielen Dank für die Aufmerksamkeit.
(Beifall bei der CDU/CSU)
Das Wort hat der Abgeordnete Dr. Gottfried Curio für die AfD-Fraktion.
(Beifall bei der AfD – Zuruf von der CDU/CSU: Es bleibt einem auch nichts erspart! – Zuruf von der LINKEN: Oh, jetzt wird es noch einmal eklig!)
Quelle | Deutscher Bundestag, Nutzungsbedingungen |
Quellenangabe | Deutscher Bundestag via Open Parliament TV |
Abgerufen von | http://dbtg.tv/fvid/7520193 |
Wahlperiode | 19 |
Sitzung | 228 |
Tagesordnungspunkt | Aktuelle Stunde – Schutz der Meinungsfreiheit |