10.06.2021 | Deutscher Bundestag / 19. WP / Sitzung 233 / Tagesordnungspunkt 25

Klaus-Peter WillschCDU/CSU - Waffenexporte

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Herr Präsident! Hohes Haus! Deutschland ist nicht die Rüstungsschmiede der Welt. Frau Dağdelen hat ja gerade wieder versucht, das so darzustellen.

(Sevim Dağdelen [DIE LINKE]: Machen Sie wieder Ihre Coronaparty, Herr Kollege?)

Es wird immer wieder versucht, diesen Eindruck zu erwecken; aber ich möchte Ihnen gleich zu Beginn entgegenhalten – Sie erwarten es wahrscheinlich auch nicht anders von mir –:

(Sevim Dağdelen [DIE LINKE]: Für welchen Konzern reden Sie heute? Sagen Sie das mal!)

Wir haben in Deutschland eine Bundesregierung, die eine restriktive und verantwortungsvolle Rüstungsexportpolitik verfolgt.

(Zaklin Nastic [DIE LINKE]: Das sagen Sie mal den Menschen im Jemen!)

Über die Erteilung von Genehmigungen für Rüstungsexporte entscheidet die Bundesregierung im Einzelfall

(Sevim Da ğ delen [DIE LINKE]: Für welchen Konzern sprechen Sie heute?)

und im Lichte der jeweiligen Situation nach sorgfältiger Prüfung und unter Einbeziehung außen- und sicherheitspolitischer Erwägungen. Grundlage sind die rechtlichen Vorgaben des Gesetzes über die Kontrolle von Kriegswaffen, des Außenwirtschaftsgesetzes und der Außenwirtschaftsverordnung, der Gemeinsame Standpunkt des Rates der Europäischen Union vom 8. Dezember 2008 betreffend gemeinsame Regeln für die Kontrolle der Ausfuhr von Militärtechnologie und Militärgütern, der Vertrag über den Waffenhandel – „Arms Trade Treaty“ – sowie die am 26. Juni 2019 in geschärfter Form verabschiedeten Politischen Grundsätze der Bundesregierung für den Export von Kriegswaffen und sonstigen Rüstungsgütern. Die Politischen Grundsätze – Frau Keul, das kann ich Ihnen auch heute nicht ersparen – wurden 2000 unter einer rot-grünen Bundesregierung verfasst. Streitpunkt war ja damals – Frau Dağdelen hat gerade daran erinnert – die Panzerlieferung an den NATO-Partner Türkei. Die Grünen befürchteten einen Einsatz der Panzer als Mittel der inneren Repression, und die SPD hielt dem entgegen: unbeschränkte Lieferung an NATO-Partner, weil das das Grundprinzip des Bündnisses ist.

Ich weiß, dass die Grünen ein ungeklärtes Verhältnis zur Türkei haben.

(Sevim Dağdelen [DIE LINKE]: Welches Verhältnis haben Sie denn zu Herrn Erdogan?)

Wir können hier auch keine posttraumatischen Therapiestunden anbieten, damit Sie die Vorfälle, die damals unter Rot-Grün passiert sind, verarbeiten können. Aber Sie müssten eben schon sagen, in welche Richtung Sie gehen wollen.

Europäisierung wird von Ihnen befürwortet, vor allen Dingen wenn es darum geht, deutsche Steuergelder in Europa zu verteilen. Wenn es im Bereich der Sicherheits- und Verteidigungspolitik um Europäisierung geht, zeigen Sie sofort reflexartig Abwehrhaltung. Daraus kann man doch eigentlich nur einen Schluss ziehen, dass nämlich unsere Rüstungsexportpolitik offenbar wirklich sehr restriktiv ist und Sie fürchten, sie würde durch eine Zusammenarbeit mit anderen EU-Partnern verwässert.

Wir haben im September 2018 auf Ihren Wunsch hin eine öffentliche Anhörung zu dem Thema durchgeführt. Sie scheinen sich diese nicht noch einmal angesehen zu haben. Das habe ich ihn schon mehrfach empfohlen: Schauen Sie sich diese Anhörung in der Mediathek noch einmal an. Da werden Sie viel lernen können. „ Frieden schaffen ohne Waffen“ – das funktioniert leider nicht. Sie können aber gerne mental bei Ihren Ostermärschen bleiben.

Haben Sie eigentlich schon mal Folgendes zur Kenntnis genommen? Wir haben nach 1989 durch die Öffnung von Archiven viel gelernt, etwa dass die Friedensbewegung in den 70er- und 80er-Jahren im Wesentlichen von Moskau gesteuert war.

(Heike Hänsel [DIE LINKE]: Oah! Oah! Jetzt kommen die Storys wieder!])

Über wie viele „Plätze des Friedens“ und „Straßen der Freundschaft“ wollen Sie eigentlich noch marschieren, bis Sie merken, dass man Freiheit

(Dr. Diether Dehm [DIE LINKE]: Sie sind von Erdogan gesteuert! Das ist viel schlimmer!)

und Frieden verteidigen muss.

(Zuruf der Abg. Zaklin Nastic [DIE LINKE])

Wir alle haben im Frühjahr den Atem angehalten, als die russische Armee in einer massiven Aufstellung an der Grenze zur Ukraine aufmarschiert ist. Ich bin froh, dass sich die Situation wieder etwas entspannt hat, aber solange Russland die Krim besetzt hält und Destabilisierung in der Ostukraine betreibt, ist nichts mehr wie zuvor.

Aber – Herr Habeck ist ja schon angesprochen worden – in dieser Situation jetzt Waffenlieferungen an die Ukraine ins Spiel zu bringen, halte ich für töricht.

(Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU und der FDP und des Abg. Wilhelm von Gottberg [AfD])

Das passt für mich auch überhaupt nicht mit dem zusammen, was Sie sonst so von sich geben.

Ich bin jetzt gespannt – Frau Keul, Sie werden uns da jetzt aufklären –, wie das mit Ihren beiden Vorsitzenden ist. Ihre männliche Spitze redet ja von Offensiv- und Defensivwaffen

(Dr. Florian Toncar [FDP]: Ja, da sind wir gespannt!)

und sagt, Panzer seien gut, weil sie im Wesentlichen dazu dienten, dass man Verletzte von der Frontlinie nach hinten fährt. Wir sind sehr gespannt darauf, jetzt von Ihnen die genaue Definition zu hören.

Ich weiß, Sie haben jetzt Dringenderes zu tun: Sie müssen jetzt erst mal den Lebenslauf Ihrer Kanzlerkandidatin bereinigen.

(Heiterkeit bei Abgeordneten der CDU/CSU und der AfD)

Aber wenn das dann gemacht ist, finde ich, hat die deutsche Öffentlichkeit einen Anspruch darauf, auch zu erfahren, wie das jetzt mit den Defensiv- und Offensivwaffen ist und was wir so an die Ukraine und wer weiß wohin sonst noch überall liefern. Die Ukraine ist kein NATO-Partner, und das ist nun wirklich auch ein Konfliktbereich. Machen Sie sich da mal ehrlich! Klären Sie mal die deutsche Bevölkerung auf – hier ist der Platz dafür; sonntags reden wir hier ja in der Regel nicht, Frau Dağdelen; heute keine Sonntagsrede, sondern eine Rede am Donnerstagabend –, wie sich das mit all diesen Dingen verhält.

(Zaklin Nastic [DIE LINKE]: Sie sollten in der Kirche bei der Sonntagsrede wirklich zuhören!)

Ich kann nur sagen: Wenn ich mir anschaue, was da alles von Ihnen kommt,

(Sevim Dağdelen [DIE LINKE]: Für welchen Konzern reden Sie heute?)

fällt mir ein Zitat von einem Passagier der Titanic ein.

Ein kurzes Zitat.

Er hat gesagt: Bis zum Eisberg war die Fahrt ja gut.

(Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU, der AfD und der FDP)

Ich möchte nicht riskieren,

Herr Kollege.

dass wir Sie ans Steuerrad lassen. Deshalb glaube ich, dass wir hier einmal mehr einen Schauantrag bzw. mehrere Schauanträge zurückzuweisen haben. Das werden wir mit unserer Mehrheit tun und im Übrigen weiterhin eine verantwortungsvolle Bündnispolitik und verantwortungsvolle Rüstungsexportpolitik betreiben.

Da du nicht deine letzte Rede hältst, musst du jetzt aufhören.

– Ja.

Vielen Dank.

(Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der AfD)

So. – Aber der nächste Redner hält voraussichtlich seine letzte Rede. Es ist der Abgeordnete Professor Dr. Heiko Heßenkemper von der AfD-Fraktion.

(Beifall bei der AfD)

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Quelle Deutscher Bundestag, Nutzungsbedingungen
Quellenangabe Deutscher Bundestag via Open Parliament TV
Abgerufen von http://dbtg.tv/fvid/7526563
Wahlperiode 19
Sitzung 233
Tagesordnungspunkt Waffenexporte
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