11.06.2021 | Deutscher Bundestag / 19. WP / Sitzung 234 / Zusatzpunkt 33

Hubertus Heil - Sorgfaltspflichten in Lieferketten

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Sehr geehrter Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Morgen ist der Welttag gegen Kinderarbeit. Die Berichte der Internationalen Arbeitsorganisation und von UNICEF sind alarmierend; übrigens gerade verschärft auch durch die weltweite Coronakrise. 160 Millionen Kinder auf der Welt sind zu Kinderarbeit verdammt. Die Hälfte arbeitet unter besonders ausbeuterischen und gefährlichen Bedingungen. Aber, meine Damen und Herren, wir sind uns sicherlich alle einig: Die Kinder auf der Welt gehören in Schulen statt in Minen, sie gehören zusammen mit ihren Klassenkameraden in Schulen und nicht in Textilfabriken. Sie sollen auch nicht auf Feldern schuften.

(Beifall bei der SPD, der CDU/CSU und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Deshalb müssen wir unserer Verantwortung gerecht werden und als Staaten, aber auch als Volkswirtschaften unseren Beitrag leisten, dass wir überall auf der Welt Kinderarbeit entschieden bekämpfen. Dafür ist dieses Lieferkettengesetz ein ganz wichtiger Schritt.

Anstand und Wohlstand dürfen keine Gegensätze sein. Anständige Unternehmer, die sich kümmern, dürfen dadurch keinen Nachteil, auch keinen Wettbewerbsnachteil, gegenüber denen haben, die sich in ihren Zulieferketten nicht kümmern. Deshalb ist es wichtig, dass wir heute mit dem Lieferkettengesetz klare Standards für alle Unternehmen in Deutschland für den Kampf gegen Ausbeutung, Kinderarbeit oder Sklavenarbeit schaffen.

(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU)

Ich bin den Koalitionsfraktionen sehr, sehr dankbar, dass wir nach hartem Ringen in der Koalition einen guten Gesetzentwurf vorliegen haben. Es ist ja kein Geheimnis, dass mein Freund Gerd Müller und ich gemeinsam für ein robustes Gesetz gekämpft haben,

(Katharina Dröge [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Wo ist eigentlich der Wirtschaftsminister?)

für ein Gesetz, das kein Papiertiger ist, sondern das auch Zähne hat, das auch Folgen hat, wenn man sich nicht kümmert; ein Gesetz mit einer robusten behördlichen Durchsetzung; mit im Zweifelsfall auch schmerzhaften Zwangs- und Ordnungsgeldern; mit der Möglichkeit, Unternehmen, die sich nicht kümmern, von der öffentlichen Auftragsvergabe auszuschließen.

Sehr wichtig war uns, dass wir die Rechtsposition der Menschen, die tatsächlich von Menschenrechtsverletzungen getroffen sind, verstärken und verbessern. Sie haben schon heute die Möglichkeit, vor Zivilgerichten in Deutschland zu klagen. Aber seien wir ehrlich: Das sind meistens sehr arme Menschen, die, wenn sie in ihren Menschenrechten verletzt werden, nicht die Power, nicht das Geld und nicht die Möglichkeiten haben, vor ein deutsches Gericht zu ziehen. Durch dieses Gesetz wird es zukünftig möglich sein, dass deutsche Gewerkschaften und deutsche Nichtregierungsorganisationen im Namen und mit Zustimmung der betroffenen Menschen Rechte einklagen können. Das ist konkreter Menschenrechtsschutz, den dieses Gesetz mit sich bringt.

(Beifall bei der SPD)

Ich bin den Koalitionsfraktionen sehr dankbar, dass wir dieses Gesetz nach zähem Ringen – ich weiß, vielen in der CDU/CSU ist das nicht leichtgefallen – im parlamentarischen Verfahren noch verbessert haben; beispielsweise indem auch ausländische Unternehmen einbezogen werden, die größere Niederlassungen und Beschäftigtenzahlen in Deutschland haben – also nicht nur Adidas, sondern auch Nike.

Meine Damen und Herren, es ist auch gelungen, die Mitbestimmungsrechte von Betriebsräten in solchen Prozessen zu stärken. Das verstärkt dieses Gesetz zusätzlich.

(Beifall bei der SPD)

Wir haben mit diesem Lieferkettengesetz heute die Möglichkeit, ein Stück Rechtsgeschichte zu schreiben. Wir haben auch die Möglichkeit, ein starkes Signal an die Europäische Union zu senden. Denn wir wollen eine europäische Lösung, auch im Sinne von gleichen Wettbewerbsbedingungen, aber vor allen Dingen, weil wir als Europäerinnen und Europäer unseren Beitrag für eine gerechtere Gestaltung der Globalisierung leisten wollen.

Gerd Müller und ich waren 2019 in Äthiopien. Wir haben erlebt, was passieren kann, wenn Unternehmen sich kümmern. Wir haben positive Beispiele gesehen: Textilfabriken, in denen Menschen anständig behandelt wurden, in denen es Mitarbeitervertretungen, Arbeitsschutz, gesunde Arbeitsbedingungen und einigermaßen angemessene Löhne gab. Wir haben aber auch das krasse Gegenteil gesehen: eine Gerberei, in der Frauen ausgebeutet wurden und bis zu den Knien in Chemikalien standen. Meine Damen und Herren, ich sage es noch mal: Unseren Wohlstand können wir nicht dauerhaft auf der Ausbeutung von Menschen aufbauen. Deshalb ist dieses Gesetz ein ganz wichtiger Schritt. Ich bin diesem Parlament sehr dankbar, dass Sie ihn heute mitgehen wollen.

(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU, der LINKEN und des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)

Meine Damen und Herren, der Deutsche Bundestag soll heute das Lieferkettengesetz beschließen. Ich bin, wie gesagt, denjenigen, die sich engagiert haben, sehr dankbar: vielen Parlamentariern, meiner eigenen Fraktion, auch den Berichterstatterinnen und Berichterstattern des Koalitionspartners, namentlich auch Hermann Gröhe ganz persönlich. Aber vor allen Dingen danke ich den Gewerkschaften, den Nichtregierungsorganisationen, den Kirchen und vielen Bürgerinnen und Bürgern, die mit ihrem Druck und mit ihrem Engagement dafür gesorgt haben, dass das heute möglich ist.

Herzlichen Dank.

(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU)

Nächster Redner ist der Kollege René Springer, AfD.

(Beifall bei der AfD)

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Daten
Quelle Deutscher Bundestag, Nutzungsbedingungen
Quellenangabe Deutscher Bundestag via Open Parliament TV
Abgerufen von http://dbtg.tv/fvid/7526652
Wahlperiode 19
Sitzung 234
Tagesordnungspunkt Sorgfaltspflichten in Lieferketten
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