Thomas HeilmannCDU/CSU - Sorgfaltspflichten in Lieferketten
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Leider haben wir nur eine sehr kurze Redezeit für dieses doch so wichtige Gesetz vereinbart.
(Zurufe von der AfD)
Deswegen haben wir uns etwas aufgeteilt. Ich würde gerne zu den Vorwürfen etwas sagen, die unberechtigterweise auch hier geäußert wurden. Ich sage das nicht nur als Mitglied der CDU/CSU-Bundestagsfraktion, sondern ich sage das, Herr Cronenberg, weil ich genauso Unternehmer bin – seit 30 Jahren – wie Sie. Ich finde: Die Beachtung der Menschenrechte ist selbstverständlich auch Aufgabe der Wirtschaft und nicht nur des Staates. Ich habe mich über Ihre Rede, ehrlich gesagt, geärgert, weil es dem Ansehen der sozialen Marktwirtschaft schadet, wenn wir sagen: Das ist alles nur eine staatliche Aufgabe.
(Beifall bei der CDU/CSU, der SPD und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)
Herr Springer, was Sie gesagt haben, ist so zynisch, dass ich gar nicht weiß, was ich sagen soll.
(Zurufe von der AfD)
Sie sind diejenigen, die hier vier Jahre lang gesagt haben, wir sollen die Mittel für die Entwicklungszusammenarbeit kürzen, und jetzt sagen Sie, das Gesetz sollen wir nicht machen, weil wir Entwicklungszusammenarbeit machen sollen? Ehrlich gesagt: Dann bleiben Sie doch wenigstens konsistent.
(Uwe Witt [AfD]: Das ist ein Trauerspiel, was Sie gemacht haben!)
Auch Ihr Vorwurf, das sei eine deutsche Idee, ist absurd. Es ist eine Idee, die von den Vereinten Nationen vor zehn Jahren geboren wurde, und wir wirken daran, wie andere Länder, mit, und andere Länder haben vor uns entsprechende Gesetze gemacht.
(Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der SPD und des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)
Ich würde gerne noch etwas zu der Wirksamkeit sagen.
Herr Kollege Heilmann, gestatten Sie eine Zwischenfrage?
Ja.
Lieber Herr Bundestagspräsident! Herr Kollege Heilmann, ich halte heute keine letzte Rede; es wird jetzt nach 19 Jahren meine letzte Zwischenfrage als Entwicklungspolitiker sein.
Sie haben, was die Wirtschaft angeht, zu Recht gesagt, Herr Heilmann: Diejenigen, die sagen, dass das Gesetz quasi den Unternehmen auferlegen würde, Dinge zu tun, die Regierungen machen müssten, sind die Gleichen, die immer verhindern, dass bei EU-Handelsabkommen die Nachhaltigkeitskapitel verbindlich sind. Ich glaube, das festzuhalten, ist eigentlich ganz wichtig.
Ich möchte an der Stelle einfach nur sagen – genauso wie viele hier, die das 19 Jahre lang vor Ort gesehen haben –: Wenn man gesehen hat, dass Kinder in Löcher runtergelassen werden, um Diamanten zu klopfen, wenn man all das Elend gesehen hat, bin ich wirklich glücklich, dass wir heute diesen historischen Schritt machen. Ich danke hier allen. Wir haben jetzt endlich die ODA-Quote von 0,7 Prozent erreicht; wir haben jetzt das Lieferkettengesetz erreicht. Das ist mir das schönste Geburtstagsgeschenk und das schönste Abschiedsgeschenk. Ich wünsche allen Nachfolgerinnen und Nachfolgern, dass das Gesetz mit Leben erfüllt wird und wir wirklich heute den ersten Schritt in eine Welt ohne Ausbeutung und Hunger machen.
In dem Sinne: Vielen Dank für die Zusammenarbeit. Das war mein letzter Satz, mein letztes Wort. Ich bedanke mich bei allen Kolleginnen und Kollegen für die freundschaftliche, gute Zusammenarbeit und wünsche dem Parlament eine gute Zukunft.
Danke.
(Beifall bei der SPD und der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der FDP, der LINKEN und des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)
Vorweg: Ich glaube, ich spreche im Namen nahezu aller Mitglieder des Hauses, dass man Ihnen für die 19 Jahre im Deutschen Bundestag und für Ihr Engagement für die Menschenrechte danken kann.
(Beifall bei der CDU/CSU und der SPD sowie bei Abgeordneten der FDP, der LINKEN und des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)
Ich habe die Frage noch gar nicht beantwortet. Ich bin in einer Nuance anderer Meinung als Sie. Das ist nicht der erste Schritt, den wir tun; aber es darf und wird ganz gewiss auch nicht der letzte sein. 1859 hat Preußen die Buchprüfungspflicht eingeführt, weil man damals zu der Erkenntnis kam, dass die Erstellung richtiger Bilanzen eine gesamtgesellschaftliche Aufgabe und nicht nur eine Verpflichtung ist; das war auch sehr wirksam. Aber wir haben – bis wir zu unserem heutigen Wirtschaftsprüfungsrecht gekommen sind, das, wie wir bei Wirecard gesehen haben, nach wie vor noch Lücken hat – diese gesetzliche Grundlage – ich weiß nicht, wie oft – in der Welt modifiziert und verbessert. Und so werden wir ganz sicher bei dieser schwierigen Aufgabe, dafür zu sorgen, dass die Menschenrechte überall in der Welt zur Geltung kommen, noch ganz oft – und sicher nicht nur im Deutschen Bundestag – nachbessern müssen. Auch das ist Teil dieser Aufgabe.
Wenn ich das sagen darf, lieber Hubertus Heil: Sie haben gesagt, Nike sei auch verpflichtet. Das stimmt leider – und ich sage bewusst: leider – nicht; denn die UN hat vor zehn Jahren aus meiner Sicht den Fehler begangen, entsprechende Verpflichtungen an Mitarbeiterzahlen festzumachen und nicht am Umsatz, was ich persönlich für besser gehalten hätte.
Zurück zu den Einwänden. Frau Brugger, ich wollte Ihnen sagen: Es stimmt einfach nicht, was Sie sagen. Ich selber bin seit zwölf Jahren in einer NGO engagiert. Wir haben sehr viel mit NGOs geredet, auch der Wirtschaftsflügel. Aber es ist wichtig, dass ein Gesetz handhabbar und praktisch ist. Dazu gab es Bedenken, und die muss man auch verstehen. So schafft man gesellschaftlichen Konsens und ein Miteinander. Jetzt steht auch der Wirtschaftsflügel hinter dem Gesetz,
(Katharina Dröge [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Das werden wir ja gleich bei der namentlichen Abstimmung sehen!)
das Sie selber als vielleicht noch nicht wirksam genug, aber immerhin als wirksam bezeichnet haben.
Meine Redezeit ist zu Ende; deswegen möchte ich nun abschließen. Ich bin persönlich als Unternehmer, als Mitglied dieser CDU/CSU-Bundestagsfraktion und als jemand, der seit zwölf Jahren für die älteste Kinderrechtsorganisation der Welt, Save the Children, arbeitet, stolz darauf, dass wir heute diesen Meilenstein verabschieden können. Ich freue mich über jede und jeden, die oder der heute zustimmt.
Vielen Dank.
(Beifall bei der CDU/CSU und der SPD sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)
Damit schließe ich die Aussprache.
Quelle | Deutscher Bundestag, Nutzungsbedingungen |
Quellenangabe | Deutscher Bundestag via Open Parliament TV |
Abgerufen von | http://dbtg.tv/fvid/7526663 |
Wahlperiode | 19 |
Sitzung | 234 |
Tagesordnungspunkt | Sorgfaltspflichten in Lieferketten |