Albrecht GlaserAfD - Europäischer Stabilitätsmechanismus
Herzlichen Dank. – Herr Präsident! Ich wollte eigentlich zur Sache sprechen,
(Sven-Christian Kindler [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Das wäre was Neues!)
nämlich zum Stabilitätspakt. Aber: Der Jubel über die Billionen-Schulden-Arie, die jetzt Herr Rohde angestimmt hat, meine sehr verehrten Damen und Herren, wird uns allen und der nächsten Generation, von der immer die Rede ist, auf die Füße fallen, sodass uns Tränen in den Augen stehen werden.
(Beifall bei der AfD)
Insofern können wir diesen Jubel leider überhaupt nicht teilen.
Wir beraten heute vier Gesetze zur Reform des ESM, einer Euro-Rettungseinrichtung für Euro-Mitgliedsländer, die in finanzielle Not geraten sind, eine Einrichtung, die 2012 geschaffen worden ist im Nachgang zur Staatsschuldenkrise. Im Kern geht es um die vorzeitige Vergemeinschaftung der nationalen Bankenabwicklungsfonds, um die Einrichtung einer Letztsicherung für den Fall, dass die Mittel des einheitlichen europäischen Bankenabwicklungsfonds nicht ausreichen, um die Befähigung des ESM, die finanzielle Situation aller ESM-Mitgliedsländer zu überwachen, um die Einführung von standardisierten und identischen Umschuldungsklauseln für Staatsanleihen sowie um die weitere Aufweichung der Konditionalität bei den sogenannten vorsorglichen Kreditlinie des ESM für notleidende Euro-Staaten.
In den Ausschussberatungen traten erwartungsgemäß erhebliche Probleme zutage. So attestierte der Bundesrechnungshof vorgestern wieder eindrücklich, dass die vorzeitige Einführung der Letztsicherung ohne Not geschieht und Fehlanreize zur Inanspruchnahme des Abwicklungsfonds setzt. Die faulen Kredite, die Non-performing Loans, der südeuropäischen Banken sind nicht hinreichend abgebaut. Die Situation hat sich durch die Coronakrise noch weiter verschärft; wir kennen sie eigentlich gar nicht ganz genau. Deshalb hatte bis vor Kurzem auch die Bundesregierung die vorzeitige Einführung der ESM-Letztsicherung für den privaten Bankenabwicklungsfonds verweigert. Leider hat sie diese Haltung aufgegeben. Die vorsorglich konditionierte Kreditlinie des ESM, die PCCL, soll nun ohne verbindliche Konditionen gewährt werden. Der Kollege bejubelt das. Wir bedauern das.
(Beifall bei der AfD)
Es sollen reine Absichtserklärungen, Letters of Intent, ausreichen. Meine Damen und Herren, der Stabilitätspakt ist etwa 400-mal gerissen worden, ohne dass die EU je eingeschritten wäre, was sie nach dem Gesetz und nach den Verträgen tun muss. Sie können sich also vorstellen, was mit Letters of Intent passiert. Die gehen vom Posteingang in den Papierkorb. Auch das also ist ein Fehler.
Weder die Einrichtung der vorsorglichen Kreditlinien noch die Niederschwelligkeit des Kreditzugangs ist mit Artikel 136 Absatz 3 AEUV, der seinerzeit nach dem ESM-Urteil des Bundesverfassungsgerichts geschaffen wurde, vereinbar. Ich zitiere:
Die Mitgliedstaaten, deren Währung der Euro ist, können einen Stabilitätsmechanismus einrichten, der aktiviert wird, wenn dies unabdingbar ist, um die Stabilität des Euro-Währungsgebiets insgesamt zu wahren.
Und jetzt kommt es:
Die Gewährung aller erforderlichen Finanzhilfen im Rahmen des Mechanismus wird strengen Auflagen unterliegen.
Ist der Letter of Intent eine strenge Auflage, meine Damen und Herren?
(Beifall bei der AfD)
Wollen Sie das EU-Recht mit Füßen treten und dann hier anschließend eine Parole über die Rechtsstaatlichkeit ablassen?
Einer der Sachverständigen vertrat darüber hinaus im Ausschuss den Standpunkt, dass die Inhalte des ESM-Änderungsvertrags Verfassungsrelevanz im Sinne des Artikels 23 Absatz 1 Satz 3 Grundgesetz haben und daher die Notwendigkeit für eine Zweidrittelmehrheit besteht. Die wollen Sie aber heute nicht. Die ist nicht Gegenstand des Verfahrens. Also nicht einmal diesen Schritt der Rechtsstaatlichkeit mögen Sie gut leiden. Ein solches Vorgehen hier und heute ist nicht vorgesehen.
Die hier zur Abstimmung stehende Reform des ESM widerspricht dem Schutzgedanken des Artikels 36, Absatz 3, der die haushaltspolitische Gesamtverantwortung des Deutschen Bundestages gegenüber dem ESM schützt. Meine Damen und Herren, die Endverantwortlichkeit der Mitgliedstaaten geht also ungebrochen weiter. Die Haftungsgemeinschaft wird ausgebaut. Der Euro wird dies alles nicht aushalten, meine Damen und Herren.
(Beifall bei der AfD)
Jetzt erteile ich das Wort dem Kollegen Eckhardt Rehberg, CDU/CSU.
(Beifall bei der CDU/CSU)
Quelle | Deutscher Bundestag, Nutzungsbedingungen |
Quellenangabe | Deutscher Bundestag via Open Parliament TV |
Abgerufen von | http://dbtg.tv/fvid/7526670 |
Wahlperiode | 19 |
Sitzung | 234 |
Tagesordnungspunkt | Europäischer Stabilitätsmechanismus |