11.06.2021 | Deutscher Bundestag / 19. WP / Sitzung 234 / Tagesordnungspunkt 41

Wolfgang StefingerCDU/CSU - Digitale Ökonomie, Wissenschaftstransfer

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Sehr geehrter Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Ich möchte gleich zuvorderst eines festhalten: Deutschland ist Spitzenreiter bei Innovationen. Wenn wir uns den Bloomberg Innovation Index für 2020 anschauen, dann bekommen wir Platz 1 bestätigt, und zwar eine besondere Stärke in der Pharmazeutik, im Maschinenbau und in der Elektrotechnik.

Die FDP hat einen Antrag vorgelegt und möchte „Freiheitszonen“ einrichten. Da muss man sich erst einmal anschauen, was denn mit Freiheitszonen überhaupt gemeint ist. Es bedeutet nämlich nichts anderes als Sonderwirtschaftszonen; aber die FDP ist gut darin, einfach einmal schnell ein neues Etikett auf etwas zu kleben.

Besonders spannend ist – das ist auch ganz interessant –, dass die FDP offenbar nicht in der Lage war, Google zu bedienen; sonst hätten Sie nämlich herausgefunden, dass bereits 2015 die CSU-Zukunftskommission Sonderwirtschaftszonen für Digitalisierung gefordert hat, mit MINT-Förderung, mit weniger Regulierung, mit weniger Bürokratie, mit weniger Steuern etc.

(Zuruf von der FDP: Wer liest denn Seite 7 bei Google?)

Bayern, lieber Herr Kollege Sattelberger – das sollten Sie wissen; Sie kommen schließlich wie ich aus München –, hat bereits verschiedenste MINT-Programme, Technikprogramme und Gründerförderungen auf den Weg gebracht, so wie Sie das im Antrag fordern. Im Übrigen hat Bayern auch ein eigenes Digitalministerium.

Ihr Antrag ist ein Wahlkampfantrag. Darin wird deutlich, dass Sie sich nicht die Mühe gemacht haben, einfach mal Gutachten anzuschauen, beispielsweise vom Wissenschaftlichen Dienst aus dem Jahr 2018, worin gerade solche Sonderzonen genauer untersucht wurden und worin auch auf die Probleme mit dem EU-Beihilferecht hingewiesen wurde. Im Übrigen hat auch das ifo-Institut festgestellt, dass solche Sonderregionen gar nicht helfen, insbesondere nicht mit entsprechenden Steuererleichterungen, so wie Sie das fordern; denn das führt einzig und alleine dazu, dass sich Briefkastenfirmen ansiedeln, um dort Steuern zu sparen.

(Zuruf des Abg. Dr. h. c. Thomas Sattelberger [FDP])

Ich sage Ihnen eines: Die strukturschwachen Regionen in unserem Land brauchen nicht mehr Briefkästen, sondern sie brauchen gutbezahlte Arbeitsplätze. Und dafür steht die Union.

(Beifall bei der CDU/CSU)

Ich stimme Ihnen zu, dass sich im digitalen Bereich einiges verbessern muss; das hat auch die Pandemie ganz klar gezeigt. Die Verwaltungen und Behörden müssen schlanker, effizienter und moderner werden. Die Infrastruktur muss sich weiter verbessern, ebenso die Anwendungskompetenz und Ausstattung. Hier ist in den vergangenen Jahren aber schon sehr viel passiert. Denken Sie doch mal an die massive Förderung des Breitbandausbaus.

(Dr. h. c. Thomas Sattelberger [FDP]: Oh, oh, oh!)

Denken Sie an den DigitalPakt Schule, an die Datenstrategie, die Hightech-Agenda, um nur einige Punkte zu nennen. Vielleicht lesen Sie auch das von unserer Fraktion verabschiedete Papier zum Thema Neustaat.

Vor allem möchte ich auf das Thema Spitzenforscher eingehen; das ist ein sehr wichtiges Thema. Aber bevor wir über das Thema Abwerben sprechen, wie Sie es tun, möchte ich über das Thema Zusammenarbeit mit Ihnen sprechen, und zwar Zusammenarbeit über die Grenzen hinweg, Zusammenarbeit mit unseren europäischen Nachbarn, Zusammenarbeit von Europa mit anderen Industrienationen, Zusammenarbeit weltweit und – das sage ich als Entwicklungspolitiker – gerade auch mit Entwicklungsländern.

Denken wir an die Chancen der Zusammenarbeit, der gemeinsamen Forschung in Europa, beim Kampf gegen den Krebs beispielsweise. Was ist hier schon alles angestoßen und erreicht worden, und welcher Mehrwert, vor allem für die Erkrankten, ist dabei entstanden! Denken wir an die Zusammenarbeit mit den Ländern Afrikas beim Thema Wasserstoff. Hier tun sich ungeahnte Chancen für uns alle auf. Die Zusammenarbeit in der Forschung, vor allem mit anderen Staaten und insbesondere mit dem globalen Süden, halte ich persönlich für extrem wichtig, weil weitere Herausforderungen auf uns zukommen. Man könnte hier noch verschiedenste Projekte anführen.

Wieso betone ich die Zusammenarbeit so sehr? Ich bin überzeugt davon, liebe Kolleginnen und Kollegen, dass wir die Herausforderungen unserer Zeit nicht im Klein-Klein und im Nationalstaatendenken lösen, sondern nur im Rahmen einer internationalen Zusammenarbeit. Deshalb brauchen wir eine Konzentration auf die Zusammenarbeit in der Forschung und nicht ein gegenseitiges Abwerben. Wir brauchen mehr Miteinander statt Gegeneinander. Vom gemeinsamen Austausch können wir nur profitieren.

(Beifall bei der CDU/CSU sowie des Abg. René Röspel [SPD])

Als Beispiel möchte ich die Arktisexpedition MOSAiC anführen. 80 Institutionen aus 20 Ländern unter deutscher Flagge auf der „Polarstern“ – sprichwörtlich alle in einem Boot. Die Erkenntnisse aus dieser Expedition sind für die Klimaforschung extrem wichtig, im Übrigen nicht nur für Deutschland, sondern für die gesamte Welt.

Erlauben Sie mir den Hinweis: In den vergangenen Wochen – wir werden es auch noch in den nächsten Wochen erleben – hatte ich bei so mancher Diskussion und Debatte den Eindruck, Deutschland alleine könnte das Klima retten. In Richtung der Grünen möchte ich sagen: Mit Verboten wird es schon gar nicht funktionieren, sondern es braucht Technologie, es braucht Innovation, und es braucht vor allem eine Offenheit für neue Technik.

(Beifall bei der CDU/CSU sowie des Abg. René Röspel [SPD])

Denken wir doch mal zurück in die 70er- und 80er-Jahre und die FCKW-Kühlschränke. Ich traue mich fast, eine Wette einzugehen: Wenn wir heute darüber diskutieren würden, hieße es wahrscheinlich: Kühlschränke verbieten. – Aber Gott sei Dank haben wir das damals nicht gemacht, sondern wir haben die Technik verändert.

Liebe Kolleginnen und Kollegen, die Pandemie hat auch gezeigt, dass sich langfristige Forschungsnetzwerke auszahlen. Ich werde – gestatten Sie mir diesen Hinweis – auch in meinem Wahlkreis gefragt: Sagt mal, warum gebt ihr denn so viel Geld für die internationale Zusammenarbeit und für die Entwicklungszusammenarbeit aus? Meine Antwort ist: Weil wir eine Welt sind, weil wir voneinander lernen und profitieren können und weil wir nur miteinander die Herausforderungen unserer Zeit lösen können – nein: lösen müssen. Wir sitzen sprichwörtlich alle in einem Boot.

Vielen Dank.

(Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der SPD)

Das Wort hat der Abgeordnete Dr. Michael Espendiller für die AfD-Fraktion.

(Beifall bei der AfD)

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Quelle Deutscher Bundestag, Nutzungsbedingungen
Quellenangabe Deutscher Bundestag via Open Parliament TV
Abgerufen von http://dbtg.tv/fvid/7526683
Wahlperiode 19
Sitzung 234
Tagesordnungspunkt Digitale Ökonomie, Wissenschaftstransfer
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