11.06.2021 | Deutscher Bundestag / 19. WP / Sitzung 234 / Tagesordnungspunkt 47

Dirk WieseSPD - Abgeordnetengesetz - Transparenzregeln

Lade Interface ...
Anmelden oder Account anlegen






Sehr geehrte Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Die heutige Beschlussfassung und die Verabschiedung der Änderungen der parlamentarischen Transparenzregeln sind wichtige Punkte zum Ende dieser Legislaturperiode. Ich will nicht verhehlen, dass es ein langer, mühsamer und sicherlich auch steiniger Weg gewesen ist, auf den sich viele innerhalb, aber auch außerhalb des parlamentarischen Raums gemacht haben. Es ist gut, dass wir heute zu diesem Ergebnis kommen. Ich muss wirklich sagen: Das ist ein Gewinn für die Arbeit dieses Parlaments und auch für die Transparenz dieses Hohen Hauses, und ich bin allen, die daran mitgewirkt haben, die Ausdauer gezeigt haben, die energisch waren, die nie nachgelassen haben, wirklich sehr dankbar, dass wir heute zu diesem Ergebnis gekommen sind.

(Beifall bei der SPD)

Man muss allerdings sagen – das gehört zur Ehrlichkeit dazu –, dass im Endeffekt erst die zahlreichen Korruptionsskandale, auch innerhalb der CDU/CSU-Bundestagsfraktion, dazu geführt haben, dass wir uns hier gemeinsam auf den Weg gemacht haben und die Änderungen der Transparenzregeln auf den Weg bringen konnten. Das war nicht einfach. Ich bin meinem Kollegen Schnieder von der Unionsfraktion dankbar, dass wir das hinbekommen haben. Sicherlich musste auch in den eigenen Reihen einiges an Widerstand überwunden werden. Ich finde es gut, dass heute eine breite parlamentarische Zustimmung zustande kommt; dafür bin ich den Kollegen der Linken, aber auch den Kollegen von Bündnis 90/Die Grünen dankbar. Dass Sie heute dieses Vorhaben mit einbringen, ist, glaube ich, ein wichtiges Signal.

(Thomas Seitz [AfD]: Die neue GroKo!)

Ich möchte es nicht unterlassen, jemanden Danke zu sagen, der heute nicht hier ist. Eigentlich sollte nicht ich hier heute sprechen, sondern mein Kollege Dr. Matthias Bartke, der für uns als SPD-Bundestagsfraktion federführend mit seinem Team diese Verhandlungen geleitet hat; er hat Ausdauer bewiesen. Leider musste er in der letzten Woche feststellen, dass der heimische Garten kein ungefährlicher Ort ist. Ich möchte ihm Danke sagen und auch gleichzeitig hier vom Rednerpult gute Genesung wünschen.

(Beifall)

Lieber Matthias, du hast einen großen Verdienst daran, dass dieses Ergebnis heute vorliegt.

Was haben wir auf den Weg gebracht? Anzeigepflichtige Einkünfte aus Nebentätigkeiten und Unternehmensbeteiligungen werden zukünftig beitragsgenau auf Euro und Cent veröffentlicht. Das ist gut, und das ist richtig. Direkte oder indirekte Beteiligungen an Kapitalgesellschaften und Personengesellschaften werden zukünftig bereits ab 5 Prozent – bislang ist die Regelung 25 Prozent – der Gesellschaftsanteile angezeigt und auch veröffentlicht; auch indirekte Beteiligungen werden erstmals den Veröffentlichungspflichten unterliegen. Einkünfte aus anzeigepflichtigen direkten oder indirekten Unternehmensbeteiligungen – das betrifft Dividenden, aber auch Gewinnausschüttungen – werden ebenfalls anzeige- und veröffentlichungspflichtig. Zudem wird die Einräumung von Optionen auf Gesellschaftsanteile, die als Gegenleistung für eine Tätigkeit gewährt werden, ebenfalls anzeige- und veröffentlichungspflichtig, und zwar unabhängig von der Frage, ob sie einen bezifferbaren Wert haben. Auch das ist ein Gewinn an Transparenz für die Arbeit von uns als Parlamentarier. Zudem wird von Dritten bezahlte Lobbytätigkeit von Bundestagsabgeordneten gegenüber Bundesregierung oder dem Bundestag ebenso gesetzlich verboten, und auch das ist richtig. Das betrifft allerdings nicht ehrenamtliche Tätigkeiten, die viele von uns neben dem Mandat ausüben; das wird weiterhin möglich sein, das ist auch in Ordnung. Aber – noch mal – bezahlte Lobbytätigkeit wird zukünftig untersagt werden, und das ist auch richtig so.

Ich muss schon sagen, dass es mich bei den Fällen in der Vergangenheit manchmal geärgert hat, dass nicht differenziert worden ist, wer was in welcher Form getan hat, sondern wir als Ganzes, als Parlament in Mithaftung genommen worden sind. Das ist ärgerlich, weil die überwiegende Anzahl der Mitglieder dieses Hauses nichts damit zu tun hatte; aber man wurde trotzdem in Mithaftung genommen. Man ist schon überrascht – das muss man ehrlicherweise auch sagen –, was in den vergangenen Wochen und Monaten alles ans Licht gekommen ist, ungeachtet der Konsequenzen, die das nach sich zieht. Ich bin manchmal wirklich überrascht, dass bei dem einen oder anderen Kollegen der Tag mehr als 24 Stunden zu haben schien.

Weiterhin werden wir – ich bedauere sehr, dass die FDP heute nicht über ihren Schatten springen kann und einem Mehr an Transparenz zustimmt – Honorare für Vorträge im Zusammenhang mit der parlamentarischen Tätigkeit untersagen. Ich halte das für richtig.

(Beifall bei der SPD)

Wer Mitglied des Deutschen Bundestages ist, bekommt eine Abgeordnetendiät. Das ist verdammt viel Geld. Wer meint, für Vorträge im Zusammenhang mit seinem Mandat noch Geld nehmen zu müssen – Christian Lindner sei gegrüßt! –, dem sei gesagt: Das geht nicht! Das gehört verboten, und es ist gut, dass wir das auf den Weg bringen.

(Beifall bei der SPD und der LINKEN)

Des Weiteren wird der Missbrauch der Mitgliedschaft im Deutschen Bundestag zu geschäftlichen Zwecken mit einem Ordnungsgeld sanktioniert. Auch das ist richtig. Gleichzeitig werden wir die Entgegennahme von Geldspenden durch Abgeordnete zukünftig verbieten. Auch das ist richtig und zeigt: Wir haben uns intensiv Gedanken gemacht, hier für ein Mehr an Transparenz zu sorgen, und bringen es auch auf den Weg.

Zudem werden die Delikte der Abgeordnetenbestechung und der Bestechlichkeit im § 108e des StGBs zukünftig als Verbrechen mit einer Mindestfreiheitstrafe von einem Jahr geahndet werden. Darüber kann man sicherlich diskutieren – in der Anhörung hat es unterschiedliche Einschätzungen von Experten gegeben –, aber, ich glaube, es ist wichtig, dass man hier so vorgeht und deutlich macht, dass das ein Überschreiten einer roten Linie darstellt. Daher bin ich wirklich dankbar, dass wir das an dieser Stelle so umgesetzt haben.

Lassen Sie mich zum Schluss sagen, dass ich glaube, dass das ein wirklich guter Tag für die Transparenz und die Arbeit des Deutschen Bundestages in Zukunft sein wird. Ich möchte nicht verhehlen, dass ich mir gewünscht hätte, dass wir auch beim Parteiengesetz parteiübergreifend zu Regelungen gekommen wären. Dazu haben auch gute Gespräche stattgefunden; dafür bin ich auch den Kolleginnen und Kollegen aus der Opposition dankbar. Am Ende war dann beim CDU-Generalsekretär Paul Ziemiak doch nicht der große Wille zu erkennen, hier zu einem Ergebnis zu kommen. Ich bedauere das sehr; ich hätte gerne auch die Veröffentlichungspflicht bei Spenden von 10 000 Euro auf 2 000 Euro herabgesetzt.

(Beifall bei der SPD und der LINKEN)

Es kann nicht sein, dass es in Ordnung ist, 9 999 Euro für ein Abendessen mit einem CDU-Kollegen zu zahlen. Das wollen wir nicht; auch hier hätte man vorankommen können. Der Wille war letztendlich da. Es ist bedauerlich, dass das nicht geklappt hat.

Nichtsdestotrotz: Das ändert nichts daran, dass das heute wirklich ein gutes Ergebnis ist. Ich bin allen dankbar, die über Jahre hartnäckig geblieben sind und daran mitgewirkt haben, außerhalb des Parlaments, aber auch im Parlament.

Vielen Dank für die Aufmerksamkeit.

(Beifall bei der SPD sowie der Abg. Dr. Ingrid Nestle [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN])

Vielen Dank. – Das Wort geht an Thomas Seitz von der AfD-Fraktion.

(Beifall bei der AfD – Dr. Konstantin von Notz [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Herr Seitz, wo ist Ihre Fraktion? Coronaparty, oder was?)

Personen

Dokumente
Beschlussempfehlung und Bericht
Drucksache 19/30492
a) zu dem Gesetzentwurf der Fraktionen CDU/CSU, SPD, DIE LINKE. und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN - Drucksache 19/28784 - Entwurf eines ... Gesetzes zur Änderung des Abgeordnetengesetzes - Verbesserung der Transparenzregeln für die Mitglieder des Deutschen Bundestages b) zu dem Gesetzentwurf der Fraktion der AfD - Drucksache 19/27850 - Entwurf eines ... Gesetzes zur Änderung des Gesetzes über die Rechtsverhältnisse der Mitglieder des Deutschen Bundestages (Abgeordnetengesetz) - Verbot von entgeltlicher Lobbytätigkeit durch Abgeordnete, Verbot von Optionen als Entgelt für Nebentätigkeiten von Abgeordneten und Reform der Transparenzregeln des Bundestages c) zu dem Gesetzentwurf der Fraktion DIE LINKE. - Drucksache 19/25354 - Entwurf eines ... Gesetzes zur Änderung des Abgeordnetengesetzes Transparenz von Aktienoptionen und Unternehmensbeteiligungen, Verbot der Tätigkeit als bezahlte Interessenvertreter und der Spendenannahme d) zu dem Antrag der Abgeordneten Thomas Seitz, Ulrike Schielke-Ziesing, Jens Maier, weiterer Abgeordneter und der Fraktion der AfD - Drucksache 19/27857 - Änderung der Geschäftsordnung des Deutschen Bundestages, Anlage 1 Verhaltensregeln für Mitglieder des Deutschen Bundestages hier: Anzeigeplicht von Optionen e) zu dem Antrag der Fraktion DIE LINKE. - Drucksache 19/25348 - Änderung der Geschäftsordnung des Deutschen Bundestages hier: Änderung der Verhaltensregeln für Mitglieder des Deutschen Bundestages (Anlage 1 der Geschäftsordnung) zur Veröffentlichung von Aktienoptionen und für mehr Transparenz f) zu dem Antrag der Abgeordneten Britta Haßelmann, Katja Keul, Dr. Manuela Rottmann, weiterer Abgeordneter und der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN - Drucksache 19/27872 - Transparenz, Nachvollziehbarkeit und Offenlegung - Für eine transparente saubere Politik
von: Ausschuss für Wahlprüfung, Immunität und Geschäftsordnung

Automatisch erkannte Entitäten beta

Daten
Quelle Deutscher Bundestag, Nutzungsbedingungen
Quellenangabe Deutscher Bundestag via Open Parliament TV
Abgerufen von http://dbtg.tv/fvid/7526787
Wahlperiode 19
Sitzung 234
Tagesordnungspunkt Abgeordnetengesetz - Transparenzregeln
00:00
00:00
00:00
00:00
Keine
Automatisch erkannte Entitäten beta