24.06.2021 | Deutscher Bundestag / 19. WP / Sitzung 236 / Tagesordnungspunkt 9

Matthias HeiderCDU/CSU - Förderung und Unterstützung des Handwerks

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Sehr geehrter Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Meine Damen und Herren! „ Allem Leben, allem Tun, aller Kunst muss das Handwerk vorausgehen“, sagt Goethe.

(Zuruf von der FDP: Ja!)

Mit anderen Worten: Ohne das Handwerk geht eigentlich nichts. Selbst das Bauhaus, dessen 100. Geburtstag wir 2019 begehen konnten, zeichnete sich durch die Einheit von Handwerk und Kunst aus. Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier erinnerte in seiner Jubiläumsrede daran: „Ein neues Zusammenspiel vieler Künste und Handwerke sollte im Bauhaus eine neue Formgebung ermöglichen …“.

Heute, im Alltag, in nüchternen Zahlen, ist das etwas anders zu betrachten: 1 Million Handwerksbetriebe gibt es in Deutschland, knapp 30 verschiedene Gewerke tragen dazu bei, rund 5,5 Millionen Beschäftigte gibt es, 370 000 Lehrlinge im Handwerk – das sind immerhin 28 Prozent aller Lehrlinge in Deutschland –, und im Jahr 2019, also vor der Krise, lag der Umsatz noch bei 640 Milliarden Euro.

Derzeit ist die Situation im Handwerk angespannt. Wir befinden uns hoffentlich am Ende der Krise. Zu Beginn des Jahres gab es Umsatzrückgänge um 38 Prozent, heute bei einzelnen Betrieben schon bis 50 Prozent. In 130 Ausbildungsberufen werden noch Lehrlinge gesucht. 30 000 Ausbildungsstellen sind noch unbesetzt. Lieferketten waren oder sind noch beeinträchtigt. Teilweise gibt es einen Materialmangel zu beklagen. Wer gedacht hat, dass diese Krise am Handwerk wegen voller Auftragsbücher vorbeigehen würde, der irrt. Und dem Antrag der Kolleginnen und Kollegen von der FDP ist es zu verdanken, dass das Licht der parlamentarischen Debatte heute auf diesen Bereich fällt, der sich mehr als andere Wirtschaftsbereiche in der Krise behaupten muss.

Auch wenn die Union aus nachvollziehbaren Gründen dem Antrag heute nicht zustimmen kann – wir werden darüber in den nächsten drei Monaten noch mal nachdenken –,

(Beifall bei der FDP – Michael Grosse-Brömer [CDU/CSU]: Der reicht nicht aus!)

so bleibt das Anliegen im Grundsatz doch richtig. Viele Punkte kommen mir auch vertraut vor. Sie finden sich auch in den Beschlüssen der Mittelstandsunion wieder, sodass das so falsch nicht sein kann.

(Beifall bei der FDP – Michael Grosse-Brömer [CDU/CSU]: Da gibt es aber auch FDP-Mitglieder!)

Meine Damen und Herren, es gibt große Herausforderungen: Rohstoff- und Baustoffmangel, Fachkräftemangel, Transformation durch Digitalisierung und Energiewende, Überregulierung und Steuerlast, Schwarzarbeit; Cybersicherheit ist inzwischen auch ein Thema. Und bei allem gilt: Ohne Stabilisierung der gesamtwirtschaftlichen Lage und des Handwerks kann auch ein Aufschwung in der Wirtschaft nicht stattfinden. Das Handwerk und der Mittelstand bleiben das Rückgrat unserer Volkswirtschaft. Wenn wir es richtig machen, wird es einen enormen Aufschwung in den nächsten Jahren in Deutschland geben.

Und wir haben für das Handwerk bereits ein paar Leitplanken eingezogen. Ich erinnere an die 10. GWB-Novelle. Da geht es um den besseren Datenzugang, auch für Handwerker, die bei Wartungsarbeiten auf diese Daten angewiesen sind. Gestern erschien der aktuelle Jahresbericht des Bundeskartellamtes, und der zeigt auf, wie wichtig eine faire Datenökonomie ist; „Zugang zum Wettbewerb“ ist dabei das Stichwort.

Mit dem Fünften Gesetz zur Änderung der Handwerksordnung und anderer handwerksrechtlicher Vorschriften haben wir eine Qualitätssicherung des Handwerks durch Wiedereinführung der Meisterpflicht in bestimmten Gewerken und auch eine Flexibilisierung der Meisterprüfung erreicht.

Und gestern – um noch mal einen anderen Bereich anzusprechen – hat Wirtschaftsminister Peter Altmaier Maßnahmen und Vorschläge vom runden Tisch mit Bauwirtschaft, Handwerk und Holzwirtschaft vorgestellt. Der Staat soll nicht intervenieren, aber helfen, die krisenhafte Entwicklung zu begrenzen: Aufhebung der Einschlagsbegrenzung von Fichtenholz, Ausnutzung von vertraglichen Spielräumen, Anpassung von Normen und Standards, da, wo es nur um Schönheitsfehler im Holz geht.

Sehr geehrter Herr Präsident, meine Damen und Herren, das ist heute meine letzte Rede im Deutschen Bundestag. Ich habe mich nicht wieder um ein Mandat für die Bundestagswahl im September beworben und werde mich noch einmal neuen beruflichen Aufgaben widmen.

Ich möchte die Gelegenheit nutzen, mich bei allen Fraktionen des Hauses für die gute Zusammenarbeit in den vergangenen zwölf Jahren zu bedanken – auch wenn wir nicht einer Meinung waren. Gerade in den letzten vier Jahren war ich als Vorsitzender der Parlamentariergruppe USA oft gefordert. Wir haben eine schwierige Zeit der transatlantischen Beziehungen gemeinsam zu bestehen gehabt, und ich danke allen Kolleginnen und Kollegen unseres Hauses, die einen persönlichen Beitrag zur Aufrechterhaltung des Austausches mit unseren Freunden im US-amerikanischen Kongress geleistet haben. Das findet in den USA Anerkennung und Zuspruch.

(Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der SPD und der FDP)

Meiner eigenen Fraktion sage ich herzlichen Dank für die Unterstützung in den vergangenen zwölf Jahren. Ich habe gerne das Wirtschafts-, Gewerbe- und Wettbewerbsrecht im Wirtschaftsausschuss in dieser Zeit betreut. Gerade mit der letzten Novelle des Kartellrechts haben wir im Hinblick auf die Plattformökonomie einen Meilenstein zum Offenhalten der Märkte im digitalen Zeitalter gesetzt.

Schließlich gilt der Dank meiner Familie für die geduldige und tatkräftige Unterstützung in all den Jahren aktiver Politik. Meine Frau hat in ihrer eigenen Berufstätigkeit dafür die größeren Kompromisse machen müssen, auf mehr verzichtet.

Auch den Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern meiner Büros in Attendorn, in Lüdenscheid und in Berlin sowie hier in der Fraktion im Deutschen Bundestag sage ich einen herzlichen Dank für die geleistete Arbeit.

Als direkt gewählter Abgeordneter im südlichen Sauerland schließe ich mit dem Dank an die Bürgerinnen und Bürger, die mir dreimal mit großer Mehrheit den Auftrag für den Deutschen Bundestag gegeben haben. Ich freue mich, dass sich jetzt eine Entspannung zum Ende der Krise abzeichnet und wir Freiheiten gemeinsam wieder genießen können.

Und zum Schluss habe ich noch eine Bitte an Sie:

(Dr. Franziska Brantner [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Ui!)

Passen Sie gut auf auf unser Land!

Vielen Dank.

(Beifall)


Daten
Quelle Deutscher Bundestag, Nutzungsbedingungen
Quellenangabe Deutscher Bundestag via Open Parliament TV
Abgerufen von http://dbtg.tv/fvid/7530614
Wahlperiode 19
Sitzung 236
Tagesordnungspunkt Förderung und Unterstützung des Handwerks
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