Timon GremmelsSPD - Ökologisch-soziale Transformation, Wohlstand
Sehr geehrte Frau Präsidentin! Meine sehr verehrten Damen und Herren! „ Der Himmel über dem Ruhrgebiet muss wieder blau werden“ – das sagte Willy Brandt vor genau 60 Jahren. Er beschrieb damit für die SPD eine nachhaltige Wirtschaftsweise, die internationale Zusammenhänge mitdenkt und den Ausgleich ökologischer, ökonomischer und sozialer Faktoren im Blick hat.
Genau dieser Maßstab von Willy Brandt ist auch unser Maßstab in dieser Koalition gewesen. Wir haben unter diesem Motto in den letzten dreieinhalb Jahren einiges auf den Weg gebracht. Besondere Erfolge sind zum Beispiel das Klimaschutzgesetz, das wir heute ganz in unserem Sinne noch einmal nachschärfen werden. Man muss der Ehre halber dazusagen: Das hat auch etwas damit zu tun, dass wir eine sehr engagierte Bewegung auf der Straße haben, die entscheidende Impulse gesetzt hat, aber auch eine Umweltministerin, die das zu ihrem Herzensthema gemacht hat.
Zudem haben wir die CO2-Bepreisung auf den Weg gebracht, und zwar als einen Baustein der Maßnahmen zum Klimaschutz und zur Energiewende und nicht als den Baustein. Ich erinnere daran – ich habe das Gefühl, dass das der ein oder andere vergessen hat –, dass das die Große Koalition nicht allein auf den Weg gebracht hat. Nein, die Grünen haben damals im Vermittlungsausschuss von Bundesrat und Bundestag auch zugestimmt: 25 Euro die Tonne in diesem Jahr, sukzessive ansteigend bis Mitte der 20er-Jahre. Das haben wir gemacht, damit die Menschen – ganz im Sinne von Willy Brandt – Planungssicherheit haben und sich auf die Zukunft einstellen können.
Nicht jeder kauft sich mal eben ein neues Elektroauto, sondern die Leute warten und sparen darauf. Sie warten auch darauf, dass es einen Gebrauchtwagenmarkt gibt; denn die Mehrheit der Menschen kauft keine Neufahrzeuge. Genau diese Zeit müssen wir ihnen geben, damit sie sich darauf einstellen können, damit sie mitmachen können und damit sie an dieser Stelle dann auch entlastet werden können. Da kann man nicht mal eben, weil es einem gerade so passt, sagen: Wir beschleunigen das jetzt noch einmal um zwei Jahre und machen den Sprit soundsoviel Cent teurer. – Nein, die Menschen brauchen Vertrauen und Planbarkeit, und dafür steht die Sozialdemokratie.
(Beifall bei der SPD)
Das Klimageld. Auch das ist eine Möglichkeit, die wir intensiv diskutiert haben. Aber es ist ein großer bürokratischer Akt, ein solches Klimageld auszuzahlen. Ehrlich gesagt, sollte man sich einmal die Frage stellen, ob ein Pro-Kopf-Geld das Richtige ist. Sollen denn wir als Bundestagsabgeordnete genauso viel Klimageld bekommen wie die Verkäuferin bei Lidl? Ich glaube, das ist falsch.
(Beifall bei der SPD)
Außerdem erfolgt die Entlastung viel schneller, wenn wir die Einnahmen aus der CO2-Bepreisung nutzen, um die EEG-Umlage abzuschaffen. Das entlastet die Menschen spürbar und schnell, ohne dass wir neue Verwaltungsstrukturen brauchen.
(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU – Zuruf der Abg. Katharina Dröge [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN])
Aber wir haben in dieser Koalition auch die richtigen Maßstäbe gesetzt. Wir haben gesagt: Wir müssen ein Konjunkturprogramm auf den Weg bringen, das zwei Fragen beantwortet, zum einen die Frage, wie wir die Coronakrise überwinden und die Konjunktur anreizen, zum anderen, wie wir dafür sorgen, dass all das, was wir investieren, auch mit den Pariser Klimazielen kompatibel ist. Genau das haben wir gemacht.
Eines muss ich zum Schluss – vielleicht nicht ganz zum Koalitionsfrieden – noch sagen: Der größte Bremser bei all den Dingen war unser Koalitionspartner.
(Beifall bei der SPD)
Herr Altmaier hat eine Stromlüge verbreitet. Der Stromverbrauch, den er als Minister prognostiziert hat, war vollkommen jenseits der Realität. Er hat vieles angekündigt, und seine eigene Fraktion ist ihm da nur ganz selten gefolgt.
Ich habe mich dann auch sehr gewundert, als ich Folgendes festgestellt habe: Wir haben für Mieterstromprojekte gekämpft. Wir sind da echt einen Schritt vorangekommen, hätten uns beim Mieterstrom aber mehr gewünscht; das sage ich deutlich. Dann gucke ich in das CDU-Wahlprogramm und stelle fest: Da steht doch allen Ernstes drin, Sie wollen Mieterstromprojekte erleichtern. – Ja, was haben Sie denn die letzten vier Jahre gemacht?
(Stefan Müller [Erlangen] [CDU/CSU]: Schreien Sie doch nicht so!)
Wir haben Ihnen Hunderte von Vorlagen vorgelegt, und Sie haben auf der Bremse gestanden! Ich kann den Wählerinnen und Wähler nur sagen: Es ist unglaubwürdig, was Sie da machen.
(Beifall bei der SPD)
Der größte Zynismus ist, dass die Mieterinnen und Mieter mit ihrem Mietpreis jetzt auch noch die CO2-Mehrkosten mittragen müssen. Dass wir hier keine ordentliche Hälfte-Hälfte-Lösung hinbekommen haben, lag daran, dass Sie auf der Bremse standen. Da haben Sie Ihren Minister und die Bundesregierung im Regen stehen lassen.
(Beifall bei Abgeordneten der SPD)
Frau Präsidentin, lassen Sie mich zum Schluss sagen: Wir brauchen eine neue Dynamik. Wir brauchen klare Ausbauziele für die erneuerbaren Energien, bei der Photovoltaik auf 150 Gigawatt, beim Wind auf 95 Gigawatt. Wir brauchen eine Solarpflicht. Wir müssen den atmenden Deckel in der Photovoltaik abschaffen. Das sind die Projekte, die wir mit Olaf Scholz sehr zügig umsetzen werden, hoffentlich mit einem Koalitionspartner jenseits von CDU/CSU.
In diesem Sinne: Alles Gute und Glück auf!
(Beifall bei der SPD)
Vielen Dank. – Erlauben Sie mir den Hinweis, dass wir mit unserer Tagesordnung schon weit in den morgigen Tag hineinragen. Ich bitte wirklich darum, dass die Redezeiten eingehalten werden; ansonsten muss ich das Mikro abdrehen.
Katharina Dröge, Bündnis 90/Die Grünen, ist die nächste Rednerin.
(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)
Quelle | Deutscher Bundestag, Nutzungsbedingungen |
Quellenangabe | Deutscher Bundestag via Open Parliament TV |
Abgerufen von | http://dbtg.tv/fvid/7530652 |
Wahlperiode | 19 |
Sitzung | 236 |
Tagesordnungspunkt | Ökologisch-soziale Transformation, Wohlstand |