11.11.2021 | Deutscher Bundestag / 20. WP / Sitzung 2 / Tagesordnungspunkt 6

Mark HelfrichCDU/CSU - Energieversorgung, Energiewende

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Frau Präsidentin! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Vor gut zehn Jahren, im Frühjahr 2011, kam es zur Nuklearkatastrophe von Fukushima. In der Folge gab es in Deutschland weder eine gesellschaftliche noch eine parlamentarische Mehrheit für die Fortsetzung der Kernenergienutzung. Der Ausstieg aus der Atomkraft wurde hier im Deutschen Bundestag beschlossen und wird nächstes Jahr abgeschlossen sein. Dann geht das letzte deutsche Kernkraftwerk vom Netz. Diese Form der Energieerzeugung wird in Deutschland der Vergangenheit angehören.

(Beifall bei Abgeordneten der SPD)

Ob es der richtige Weg war, erst aus der Kernenergie und dann aus der Kohle auszusteigen? Das ist verschüttete Milch. Die Weichen sind unumkehrbar gestellt, und das vor allem auch aus Sicht der Kraftwerksbetreiber.

(Stephan Brandner [AfD]: Nichts ist unumkehrbar, Herr Helfrich! Alles ist reversibel!)

Lassen Sie uns lieber vor Augen führen, was wir in den letzten zehn Jahren seitdem geleistet haben. Zum damaligen Zeitpunkt lag der Anteil erneuerbarer Energien an der Stromversorgung bei 20 Prozent. Heute liegen wir bei knapp 48 Prozent

(Karsten Hilse [AfD]: Und der Strompreis war 40 Prozent niedriger!)

und haben mit dem EEG die Solarmodule und Windkraftanlagen weltmarktfähig gemacht. Das Schöne an Sonne und Wind ist: Es gibt kein atomares Erbe, das wir unseren Kindern und Kindeskindern in Form von Atommüll hinterlassen.

(Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU und der SPD – Karsten Hilse [AfD]: Wenn mal die Sonne scheint und der Wind weht, ist alles gut!)

Wir haben zudem in der letzten Legislaturperiode den Kohleausstieg besiegelt. Das letzte Kohlekraftwerk soll 2038 vom Netz gehen. Meine sehr geehrten Damen und Herren, damit ist Deutschland weltweit das einzige Industrieland, das gleichzeitig aus Kernkraft und Kohleverstromung aussteigt.

(Stephan Brandner [AfD]: Peinlich genug! – Weiterer Zuruf von der AfD: Wir sind kein Industrieland mehr!)

SPD, Grüne und FDP haben ja in ihrem Sondierungspapier vereinbart, den Kohleausstieg idealerweise auf 2030 vorzuziehen. Hierzu einige grundsätzliche Anmerkungen.

Erstens. Energiewende braucht Verlässlichkeit. Das gilt für Ausstiegspfade genauso wie für Ausbaupfade der Erneuerbaren.

(Beifall der Abg. Maja Wallstein [SPD])

Zweitens. Die Energiewende ist ohne Versorgungssicherheit zum Scheitern verurteilt.

(Beifall der Abg. Maja Wallstein [SPD])

Und wenn ich Versorgungssicherheit sage, dann rede ich von Spitzenlastkraftwerken und damit am Ende natürlich auch vom Gas; das sage ich in Richtung der Grünen. Der Wegfall von Grundlast bei der Stromerzeugung muss kompensiert werden, aber am Ende bitte nicht durch den Import von tschechischem oder französischem Atomstrom.

(Oliver Krischer [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Oah!)

Deshalb müssen wir in Zukunft neben dem verstärkten Ausbau der erneuerbaren Energien auch auf Gas setzen. Und wenn ich Gas sage, dann meine ich zunehmend Wasserstoff oder synthetisches Methan aus erneuerbaren Quellen.

(Dr. Rainer Kraft [AfD]: O mein Gott!)

Hier hat die GroKo mit der Nationalen Wasserstoffstrategie und insbesondere dem darin enthaltenen Förderprogramm H2Global Wegweisendes geleistet. Mit Letzterem wollen wir den globalen Markthochlauf der Produktion von grünem Wasserstoff anreizen und uns entsprechende Importmengen sichern.

Aber machen wir uns nichts vor: Als einer der größten Gasverbraucher der Welt werden wir mittelfristig auch noch auf klassische Erdgasimporte angewiesen sein, und weil die niederländische und britische Gasförderung stark rückläufig ist, brauchen wir eine Erhöhung der Kapazitäten für Gasimporte aus anderen Ländern. Da wäre zunächst Nord Stream 2, die möglichst bald in Betrieb genommen werden sollte.

(Oliver Krischer [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Was sagt denn Herr Röttgen dazu?)

Sie kann 55 Milliarden Kubikmeter russisches Erdgas und damit 40 Prozent des europäischen Mehrbedarfs nach Europa transportieren.

Herr Kollege? Erlauben Sie eine Zwischenfrage von der AfD, von Herrn Dr. Kraft?

Ich würde gerne weiter ausführen. – Wer wie Sie von den Grünen die Inbetriebnahme von Nord Stream 2 bekämpft, sorgt am Ende vor allem für steigende Energiepreise in Deutschland und Europa.

(Oliver Krischer [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Oah! – Dr. Julia Verlinden [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Nee!)

Wer Versorgungssicherheit und keine allzu hohe Abhängigkeit von Russland haben will, der muss vielmehr für eine Diversifizierung der Erdgasimporte sorgen, sei es mittels Pipelinegas aus anderen Exportländern oder aber auch mittels LNG-Importen.

Ich komme zum Schluss. Der sich abzeichnenden Koalition möchte ich sagen: Bleiben Sie verlässlich, und sichern Sie die Eigenversorgung Deutschlands mit elektrischer Energie und die Importe von Erdgas, Grünem Wasserstoff und erneuerbaren Gasen. Der AfD sage ich: Niemand wird der Republik den Stecker ziehen. Bitte führen Sie keine Phantomdiskussion zu Optionen, die gar nicht mehr auf dem Tisch liegen. Ihre Anträge lehnen wir ab.

Danke schön.

(Beifall bei der CDU/CSU)


Daten
Quelle Deutscher Bundestag, Nutzungsbedingungen
Quellenangabe Deutscher Bundestag via Open Parliament TV
Abgerufen von http://dbtg.tv/fvid/7532313
Wahlperiode 20
Sitzung 2
Tagesordnungspunkt Energieversorgung, Energiewende
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