16.12.2021 | Deutscher Bundestag / 20. WP / Sitzung 9 / Tagesordnungspunkt 3

Florian OßnerCDU/CSU - Zweites Nachtragshaushaltsgesetz 2021

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Sehr geehrte Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Der neue FDP-Finanzminister – heute erstaunlich zurückhaltend in seiner Rede zum Nachtragshaushalt; offensichtlich sind Sie selbst nicht derart überzeugt von Ihrem ersten Meisterstück – ist offenbar ein großer Fan des Schriftstellers Mark Twain nach dem Motto „Von jetzt an werde ich nur so viel ausgeben, wie ich einnehme, selbst wenn ich mir dafür Geld borgen muss“. Anders kann ich mir nämlich nicht erklären, warum das Versprechen der soliden Finanzen des Ministers keine Woche nach Amtsantritt gehalten hat. Nochmals 60 Milliarden Euro für die Finanzierung nebulöser Projekte abzuzweigen, ist einfach inakzeptabel und verfassungsrechtlich mehr als bedenklich.

(Beifall bei der CDU/CSU)

In diesem Jahr wurde wegen der Pandemie eine gigantische 240‑Milliarden-Euro-Kreditlinie aufgenommen; eine unvorstellbare Summe. Hiervon wurden Gott sei Dank rund 60 Milliarden Euro nicht benötigt, was grundsätzlich positiv ist. Also statt 240 Milliarden Euro Zusatzschulden „nur“ – in Anführungszeichen – 180 Milliarden Euro zusätzliche Belastungen für die deutsche Bevölkerung, so würde man als Normalsterblicher denken. Aber nein, nicht so in der Finanzierungslogik der Ampelkoalition. Die neue Bundesregierung aus SPD, Grünen und FDP plant nun stattdessen, diese Mittel dem sogenannten Energie- und Klimafonds gutzuschreiben. Man kann sich durchaus fragen, was der frischgewählte Finanzminister dazu noch vor ein paar Wochen gesagt hätte, wäre er jetzt nicht selbst an der Regierung beteiligt, auch ganz nach dem neuen FDP-Fraktionschef Dürr: Karriere kann man nur machen, wenn man verfassungswidrige Haushalte vorlegt. – Damals galt das noch für die SPD; jetzt gilt es für die FDP. Herr Lindner, ist das, was Sie hier machen, Ihr Verständnis vom Richtig-Regieren der FDP? Für uns als CDU/CSU-Fraktion hat dies jedenfalls nichts mit seriösem Wirtschaften zu tun.

(Beifall bei der CDU/CSU)

Auch die Begründung der links-gelben Koalition für diesen zweiten Nachtragshaushalt ist mehr als fragwürdig; denn wenn die Mittel nun für Klimainvestitionen in den kommenden Jahren genutzt werden, fehlt der Bezug zur Pandemienotlage, mit der die Aussetzung der Schuldenbremse gemäß Artikel 115 Grundgesetz ursprünglich begründet war. Dort steht:

Im Falle von Naturkatastrophen oder außergewöhnlichen Notsituationen, die sich der Kontrolle des Staates entziehen und die staatliche Finanzlage erheblich beeinträchtigen, können diese Kreditobergrenzen auf Grund eines Beschlusses der Mehrheit der Mitglieder des Bundestages überschritten werden.

Klarer Fall.

Nun waren aber die Mittel ausreichend für dieses Jahr. Es besteht überhaupt kein Grund, nun zusätzliche Geldmittel in einem Fonds zu parken, es sei denn, man möchte diese Gelder überhaupt nicht für katastrophenbedingte Ausgaben verwenden. Ich bin schon froh, dass auch Bundesminister Habeck mittlerweile anwesend ist, für den ja dieses große Geschenk ist. Die erste halbe Stunde hat er der Debatte nicht beigewohnt. Ich denke, liebe Ampel, diese Buchungstricks können und dürfen wir als CDU/CSU Ihnen nicht durchgehen lassen.

(Beifall bei der CDU/CSU)

Würde man nun der Argumentation der Ampelkoalition folgen, hätten wir aufgrund des Klimawandels und der notwendigen Transformation der Wirtschaft eine permanent außergewöhnliche Notsituation, die eine über die 0,35‑Prozent-Regel hinausgehende Neuverschuldung im Bundeshaushalt ermöglichen würde. Dies hätte eine dauerhafte Aussetzung der Schuldenbremse zur Folge, ja sogar die komplette Auflösung dieser Schuldengrenze. Ein Schelm, wer Böses dabei denkt, liebe Kolleginnen und Kollegen.

(Beifall bei der CDU/CSU)

In der Klimapolitik drängt Rot-Grün-Gelb darauf – auch völlig zu Recht –, die Belange der nächsten Generation zu berücksichtigen. In der Haushaltspolitik scheint der neuen Bundesregierung die Generationengerechtigkeit jedoch absolut egal zu sein. Wie passt das zusammen? Die „FAZ“ kommentierte – aus meiner Sicht sehr zutreffend – den Nachtragshaushalt am letzten Freitag wie folgt:

In normalen Jahren erlaubt die Schuldenregel eine Neuverschuldung von etwa 12 Milliarden Euro. Das zeigt: Es geht nicht um einen Schluck aus der Pulle, sondern um das Leersaufen gleich mehrerer Kanister.

(Beifall bei der CDU/CSU)

Es ist und bleibt falsch, weshalb wir als Union diesen völlig unnötigen Nachtragshaushalt ablehnen und auch eine gerichtliche Überprüfung durchführen. Alles andere wäre auch völlig unverantwortlich.

(Beifall bei der CDU/CSU)

Der Hessische Staatsgerichtshof – heute schon mehrfach zitiert – hat in einem ähnlichen Fall dazu bereits entschieden, dass kreditfinanzierte Maßnahmen zur Krisenbewältigung nicht nur geeignet, erforderlich und angemessen, sondern auch final auf die Beseitigung der Notsituation gerichtet sein müssen. Verheerend ist aus meiner Sicht auch die Signalwirkung an unsere europäische Familie. Wie sollen wir unsere Europartner von einer soliden Haushaltsführung überzeugen, um den Euro stabil zu halten, falls wir selbst die größten Sünder sind? Als stärkste Volkswirtschaft Europas haben wir nicht nur das größte Risiko zu tragen, sondern auch eine unmissverständliche Vorbildfunktion zu erfüllen, meine lieben Kolleginnen und Kollegen.

(Beifall bei der CDU/CSU)

Das alles ist hier nicht gegeben und weit entfernt von dem, was man als nachhaltige Haushaltspolitik bezeichnen kann, zumal ab dem Jahr 2026 die Pandemieschulden getilgt werden und ein deutlich geringerer Handlungsspielraum für zukünftige Investitionen besteht.

Deshalb abschließend: Auf Schuldenbergen kann man keine Zukunft bauen. Diese bilden kein dauerhaft festes Fundament.

Herzliches „Vergelts Gott!“ fürs Zuhören.

(Beifall bei der CDU/CSU)

Nächster Redner: für die SPD-Fraktion Andreas Schwarz.

(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten der FDP)


Daten
Quelle Deutscher Bundestag, Nutzungsbedingungen
Quellenangabe Deutscher Bundestag via Open Parliament TV
Abgerufen von http://dbtg.tv/fvid/7532767
Wahlperiode 20
Sitzung 9
Tagesordnungspunkt Zweites Nachtragshaushaltsgesetz 2021
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