Oliver KaczmarekSPD - Bildung und Forschung
Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Es ist ja richtig, Frau Schön, dass viel erreicht worden ist, seit wir uns 1998 aufgemacht haben, den Reformstau in Deutschland aufzulösen. Trotzdem ist aber auch richtig, dass jetzt eine Zeit anfangen muss, in der tatsächlich neue Wege gegangen werden. Denn wir haben gemerkt: In der alten Konstellation sind wir an entscheidenden Stellen – beim Wissenschaftssystem, bei der Bildungspolitik – nicht weitergekommen.
(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN und der FDP)
Ich will dazu einige Punkte nennen. Bildung und Forschung, das ist verbunden mit zwei zentralen Versprechen an unsere Gesellschaft, nämlich mit dem Versprechen, dass jeder Mensch die gleichen Chancen hat, Aufstieg und Teilhabe durch Bildung in unserer Gesellschaft zu erwerben, und zwar unabhängig davon, was seine oder ihre Eltern besitzen, unabhängig von nationaler Herkunft oder Geschlecht. Dieses Bildungs- und Teilhabeversprechen ist tatsächlich strapaziert, und das ist uns durch die Pandemie noch mal vorgeführt und besonders in den Fokus gerückt worden.
Wir wissen, wie bedenklich sich die Infektionszahlen im Schulbetrieb entwickeln. Wir wissen aber auch, was passiert, wenn Kinder und Jugendliche, wenn Schülerinnen und Schüler nicht zur Schule gehen können, was es für Lernrückstände bedeutet, was es aber insbesondere für das soziale Miteinander bedeutet und welche sozialen und psychischen Auffälligkeiten wir mittlerweile auch im Schulalltag feststellen. Deswegen bin ich Ihnen, Frau Ministerin Stark-Watzinger, sehr dankbar, dass Sie das hier noch mal deutlich gemacht haben.
(Zuruf von der AfD: Das hätten Sie schon vorher wissen können!)
Wir müssen alles dafür tun, um zu vermeiden, dass es noch einmal zu dauerhaften und flächendeckenden Schulschließungen kommt. Das Recht auf Bildung in der Pandemie heißt: so lange wie möglich den Schulbesuch ermöglichen. Daran müssen wir alle gemeinsam arbeiten, zusammen mit den Ländern.
(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN und der FDP)
Ich will aber auch sagen: Wir haben mittlerweile das vierte Semester an den Hochschulen, in dem Studierende mit Einschränkungen zu kämpfen haben. Und wir wissen, dass es besonders die hart trifft, die ohnehin nicht gut mit Geld ausgestattet sind. Zu viele sind arm an unseren Hochschulen, und zwar unabhängig von der Pandemie; die Pandemie hat das aber noch mal deutlich gemacht.
Und deshalb: Das BAföG grundlegend zu reformieren, ist eine herausragende Aufgabe in dieser Wahlperiode und übrigens auch ein Punkt, an dem wir in der letzten Koalition nicht mehr weitergekommen sind. Das jetzt zu reformieren und richtig, tatkräftig und auch schnell anzupacken, ist eine unserer wichtigsten Aufgaben in dieser Wahlperiode.
(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN und der FDP)
Wir wollen, dass mehr Studierende BAföG bekommen, und zwar viel mehr Studierende als jetzt. Wir wollen es lebensnäher, elternunabhängiger, aber auch schuldenärmer gestalten. Wir wollen, dass es ein BAföG gibt, dem die Menschen vertrauen und das beim Abschluss eines Studiums hilft.
(Beifall bei Abgeordneten der SPD, des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN und der FDP)
Das zweite Versprechen von Bildung und Forschung ist – wir hatten gerade eine Debatte über ein anderes Ressort, bei der das auch im Mittelpunkt stand –, mit den Erkenntnissen der Wissenschaft die großen Herausforderungen unserer Zeit zu lösen, miteinander und mit der Wissenschaft dafür zu sorgen, dass Fortschritt und die Hoffnung auf ein besseres Leben auch Platz in der Politik finden. Wir glauben – und das zieht sich durch diesen Koalitionsvertrag –, die Voraussetzung dafür ist, Wertschätzung für Wissenschaft zu schaffen und nicht nur abstrakt im Munde zu führen, sondern konkret und spürbar zu entwickeln, und zwar insbesondere für die, die im System forschen und lehren. Deswegen will ich kurz drei Punkte nennen.
Erstens. Wir glauben, Forschung auf Spitzenniveau und echte Wissenschaftsfreiheit, auch echte individuelle Wissenschaftsfreiheit, sind nur durch gute Arbeit in der Wissenschaft zu verwirklichen.
(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN und der FDP)
Wir werden dazu ein Maßnahmenbündel schnüren und das Wissenschaftszeitvertragsgesetz – auch noch so ein Punkt, der aus der letzten Wahlperiode übrig geblieben ist – anpacken und reformieren. Wir werden das Tenure-Track- und das Professorinnenprogramm verstetigen und weiterführen. Wir werden natürlich auch bei der Aufgabe, Dauerstellen für Daueraufgaben zu schaffen, wo insbesondere die Länder in der Verantwortung sind, nicht nachlassen. Insgesamt wollen wir dafür sorgen, dass in der Wissenschaft eben nicht die weit verbreitete Sorge um den Lebensunterhalt und die Vertragslaufzeit den Alltag prägt, sondern die Konzentration auf Forschung und Lehre durch gute Arbeit möglich ist.
(Beifall bei der SPD, dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und der FDP)
Wir haben uns zweitens vorgenommen, die Strecke von der Grundlagenerkenntnis bis zur Anwendung zu verkürzen. Dazu wollen wir Forschungsprogramme, Ressortforschung und die Hightech-Strategie auf die zentralen Herausforderungen fokussieren. Und wir wollen vor allem – Sie haben das auch gerade angesprochen, Frau Ministerin – nach einem Jahrzehnt der Diskussion mit der Gründung der Deutschen Agentur für Transfer und Innovation dem Kind nicht nur einen Namen geben, sondern uns der großen Herausforderung stellen, mit diesem Instrument tatsächlich die Leistungsdimension „Transfer“ wirksam zu fördern, wovon vor allem die Hochschulen für angewandte Wissenschaften und die Technischen Universitäten profitieren werden. Die DATI ist ein Meilenstein, den wir uns für diese Wahlperiode vorgenommen haben, und sie wird wirksam helfen, in der Fläche Innovationen zu fördern.
(Beifall bei der SPD, dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und der FDP)
Wir wollen die Hochschulen wieder ins Zentrum stellen, den Zukunftsvertrag für Forschung und Lehre dynamisieren und damit auch gleichberechtigt zu den Forschungsausgaben aufwachsen lassen.
Aber ich will zum Schluss noch einmal sagen: Aufstieg und Teilhabe wie auch Fortschritt durch Forschung als die beiden zentralen Versprechen von Bildungs- und Forschungspolitik, das sind die Herausforderungen, die wir angehen müssen, wenn wir ganz konkret und spürbar den Alltag der Menschen verbessern wollen, und wir freuen uns, das gemeinsam mit der Bundesregierung anpacken zu können.
Herzlichen Dank.
(Beifall bei der SPD, dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und der FDP)
Das Wort hat die Abgeordnete Nicole Höchst für die AfD-Fraktion.
(Beifall bei der AfD)
Quelle | Deutscher Bundestag, Nutzungsbedingungen |
Quellenangabe | Deutscher Bundestag via Open Parliament TV |
Abgerufen von | http://dbtg.tv/fvid/7533019 |
Wahlperiode | 20 |
Sitzung | 11 |
Tagesordnungspunkt | Bildung und Forschung |