Reinhard BrandlCDU/CSU - Haltung des Westens zur Politik Russlands
Frau Präsidentin! Verehrte Kolleginnen und Kollegen! Zu Zeiten des Warschauer Pakts war die Ukraine immer wirtschaftlich stärker als ihr Nachbar Polen. Nach dem Zusammenbruch des Warschauer Pakts ging es für Polen steil nach oben. Polen hat seine Wirtschaftskraft in der Zeit fast verzehnfacht, während sich die Ukraine nur auf einem niedrigen Niveau langsam nach oben entwickelt hat. Dieser Vergleich zeigt die wahre Bedrohung von Putins Russland. Wenn die Ukraine einen ähnlichen Weg nehmen würde wie Polen ihn genommen hat, dann könnte er in seinem Land die Geschichte der Überlegenheit des russischen Systems nicht mehr erzählen. Er will deswegen um jeden Preis die Annäherung der Ukraine an Europa verhindern.
Aber das allein reicht ihm nicht. Mit dem Truppenaufzug, den wir im Moment an der Grenze zur Ukraine sehen, will er vor allem die NATO und Europa spalten. Das ist sein strategisches Ziel. Es geht nicht nur um die Ukraine. Es geht vor allem auch um uns, und das muss uns bewusst sein.
Mit der konkreten Ankündigung eines Krieges will er uns zwingen, unsere eigenen Werte zu verraten und ihm das Recht zuzugestehen, über andere Länder zu bestimmen und zu herrschen. Er hat jetzt an der Grenze alles zusammengezogen, was er dafür braucht, und er wird damit spielen, monatelang, jahrelang. Wir haben es doch jetzt gerade in diesen Tagen erlebt. Am Wochenende lässt er einen Einmarsch für Mittwoch planen und erhöht damit massiv den Druck. Am Mittwoch lässt er den Druck wieder raus, indem er ankündigt, Truppen zurückzuziehen. Er wird dieses Spiel weiterspielen. Wenn er sieht, dass wir unter diesem Druck auseinanderbrechen, dann wird er den Druck erhöhen, immer weiter. Nur wenn er sieht, dass mehr Druck nur teurer für ihn wird, dann wird er ablassen. Deswegen ist die strategische und große Herausforderung für uns – so ist es auch in unserem Antrag formuliert –, dass wir dem Druck entgegenwirken, dass wir uns nicht spalten lassen und im Bündnis entschlossen und geschlossen wirken.
Meine Damen und Herren, ich finde es ausdrücklich gut, dass Bundeskanzler Scholz in Kiew, in Moskau und in Washington war. Aber ich hätte es auch sehr gut gefunden, wenn er heute hier im Deutschen Bundestag seine Politik erklärt hätte und die Zweifel an der Geschlossenheit und der Entschlossenheit der deutschen Bündnistreue mit erklärt hätte. Denn es stehen natürlich Fragen im Raum: Wie hält es die neue Bundesregierung mit dem 2‑Prozent-Ziel der NATO?
Herr Kollege Brandl, Sie haben die anderen Fragen wahrscheinlich noch im Kopf. Ich muss Sie fragen, ob Sie eine Zwischenfrage von Herrn Bystron zulassen möchten.
Ich würde sie nicht zulassen und ihn bitten, nachher eine Kurzintervention zu machen.
(Zuruf vom BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN: Nein!)
Darum kann Herr Bystron bitten, und ich kann überlegen, ob ich es zulasse oder nicht. – Aber jetzt sprechen erst mal Sie weiter.
Dann machen wir das so. – Ich war bei Olaf Scholz. Er hätte nämlich Fragen klären müssen. Er hätte Fragen klären sollen, die im Raum stehen: Wie hält es die Bundesregierung mit dem 2-Prozent-Ziel der NATO? Wie hält es die aktuelle Bundesregierung mit Nord Stream 2? Wie hält es die aktuelle Bundesregierung mit dem Selbstverteidigungsrecht der Ukraine? Indem er diesen Fragen kontinuierlich ausweicht, sät er Zweifel im Bündnis und nimmt unserem Beitrag die Glaubwürdigkeit.
Unsere Partner erwarten von uns natürlich mehr als 5 000 Helme. Ich war auch dagegen, dass man der Ukraine Waffen liefert. Um es an diesem konkreten Beispiel klarzumachen: Das hätte man dann aber auch klar benennen sollen und hätte nicht das Bundesverteidigungsministerium prüfen lassen dürfen, um dann zu dem Ergebnis zu kommen, dass wir gar nicht mehr liefern können. Das macht uns unglaubwürdig. Das ist auch falsch, schadet der Bundeswehr und bedient genau das Narrativ der fehlenden Entschlossenheit und Glaubwürdigkeit Deutschlands.
Meine Damen und Herren, der Bundeskanzler hätte heute hier auch die Chance nutzen müssen, sich von seinem unseligen Amtsvorgänger Gerhard Schröder zu distanzieren.
(Beifall bei der CDU/CSU)
Gerhard Schröder wird aus Russland bezahlt. Er ist eine schwere Belastung für die Diplomatie Deutschlands. Ich würde mir wünschen, meine lieben Kolleginnen und Kollegen von der Sozialdemokratie, dass Sie bei den Haushaltsverhandlungen unserem Antrag folgen und die Mittel für das Büro von Gerhard Schröder hier in diesem Haus streichen.
(Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU – Gabriele Katzmarek [SPD]: Da fallen mir noch ein paar Dinge ein! Vorsicht!)
Sie müssen sich um ihn keine Sorgen machen. Er bekommt genügend Geld aus Russland. Er ist gut versorgt. Er braucht den deutschen Steuerzahler nicht. Für Sie wäre es aber eine Chance, Haltung zu zeigen,
(Gabriele Katzmarek [SPD]: Bevor man im Glashaus mit Steinen wirft!)
und für Deutschland wäre es eine Chance für politische Hygiene.
Herzlichen Dank für Ihre Aufmerksamkeit.
(Beifall bei der CDU/CSU)
Als Nächstes gebe ich das Wort dem Kollegen Adis Ahmetovic für die SPD-Fraktion zu seiner ersten Rede hier im Haus.
(Beifall bei der SPD, dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und der FDP sowie bei Abgeordneten der LINKEN)
Quelle | Deutscher Bundestag, Nutzungsbedingungen |
Quellenangabe | Deutscher Bundestag via Open Parliament TV |
Abgerufen von | http://dbtg.tv/fvid/7533695 |
Wahlperiode | 20 |
Sitzung | 17 |
Tagesordnungspunkt | Haltung des Westens zur Politik Russlands |