18.02.2022 | Deutscher Bundestag / 20. WP / Sitzung 18 / Tagesordnungspunkt 25

Hansjörg DurzCDU/CSU - Soziale Marktwirtschaft im digitalen Zeitalter - Tech-Giganten

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Sehr geehrte Frau Präsidentin! Verehrte Kolleginnen und Kollegen! Meine Damen und Herren! Die Bundesnetzagentur hat kürzlich eine Untersuchung zu Messengerdiensten veröffentlicht. Das Ergebnis zeigt, dass kaum ein anderes Produkt so gut geeignet ist, um auf die Probleme der Plattformökonomie hinzuweisen und die Probleme auf den Punkt zu bringen.

93 Prozent aller Nutzer von Messengern, also fast alle, nutzen WhatsApp. Warum das so ist, wird jedem schnell klar, wenn er mal versucht, auf diesen Dienst zu verzichten: Der Kontakt zu Familie und Freunden ist deutlich schwerer herzustellen. Ob im Fußballverein oder unter Kollegen: Überall bekommt man deutlich weniger mit, kann sich deutlich weniger einbringen. Auf WhatsApp zu verzichten, ist in Deutschland möglich, aber kommt einer Art digitaler Quarantäne gleich. Nur endet diese eben nicht nach sieben oder zehn Tagen.

Dieser sogenannte Lock-in-Effekt, also dass man de facto dabei sein muss, macht digitale Plattformen auch in vielen anderen Bereichen so mächtig und ist schädlich für einen funktionierenden Wettbewerb. Deshalb ist es notwendig, dass Anbieter mit einer überragend großen Marktmacht ihre Dienste so gestalten, dass Nutzer unabhängig von ihren Messengeranbietern miteinander in Kommunikation treten können. Schließlich können ja auch Kunden von Telekom, Vodafone oder Telefónica miteinander telefonieren. Diese Interoperabilität ist wichtig; denn der beste Verbraucherschutz ist fairer Wettbewerb.

(Beifall bei der CDU/CSU)

Und auch ein weiteres Problem der Digitalwirtschaft wird am Messengermarkt deutlich. Die Studie der BNetzA zeigt die schärfsten Konkurrenzdienste von WhatsApp auf: Auf Platz zwei folgt der Facebook-Messenger und auf Platz drei der Instagram-Messenger. Sieht so funktionierender Wettbewerb aus? Wohl kaum; denn alle drei Dienste gehören zum selben Konzern. Die Konkurrenten wurden aufgekauft und in das konzerneigene Ökosystem integriert, die Marktmacht damit regelrecht zementiert.

Doch solche Killer Acquisitions sind gefährlich, weil sie die ohnehin schon großen Monopolisierungstendenzen in der Digitalwirtschaft verstärken. Sie gehören deshalb im Falle besonders großer Marktmacht, also für Gatekeeper, reguliert; denn sie killen nicht nur den jeweiligen Konkurrenten, sondern eben auch funktionierenden Wettbewerb gleich mit. Die Prinzipien der sozialen Marktwirtschaft werden somit aus der Digitalwirtschaft verbannt. Meine Damen und Herren, wir müssen hier gegensteuern.

(Beifall bei der CDU/CSU)

Dass wir die Funktionsweisen der sozialen Marktwirtschaft auch im digitalen Raum dringend brauchen, darüber besteht über Fraktionsgrenzen hinweg große Einigkeit. Bereits in der vergangenen Legislaturperiode haben wir als erstes Parlament der Welt, damals sogar mit Stimmen von Teilen der Opposition, einen Rechtsrahmen geschaffen, der digitale Techgiganten in die Schranken weist. Nun hat sich Europa diese 10. GWB-Novelle, also die Anpassung unseres Wettbewerbsrechts, zum Vorbild genommen und will mit dem Digital Markets Act, dem DMA, europaweit einheitliche Regeln für die Plattformökonomie schaffen. Dass diese Regierung die Arbeit ihrer Vorgängerregierung bei der Gestaltung dieses europäischen Gesetzes fortsetzt, kann man nur begrüßen.

(Beifall bei der CDU/CSU)

Gemeinsam sollten wir nun auch dafür Sorge tragen, dass unsere Errungenschaften auch nach Inkrafttreten des DMA erhalten bleiben. Das Bundeskartellamt ist in ganz Europa wohl die Wettbewerbsbehörde, die am meisten Expertise und Erfahrung mit der Sicherung des Wettbewerbs auf digitalen Märkten hat. Sie muss deshalb bei der Umsetzung der Regeln des DMA grundlegend miteinbezogen werden; dafür muss die Ampelregierung in den Verhandlungen Sorge tragen. Zudem müssen Rechtsunklarheiten zwischen unserem deutschen GWB und dem europäischen DMA in den Verhandlungen bereits ausgeräumt werden; denn es wäre wohl eine Genugtuung für so manchen Techkonzern, wenn er das Verfahren bei den Bonner Wettbewerbsbehörden mit dem Verweis auf rechtliche Unklarheiten verzögern könnte.

Die GWB-Novelle hat Deutschland zu einem Vorreiter für klare und faire Regeln in der Plattformökonomie gemacht. Der DMA darf bei der Anwendung nicht zum Stolperstein auf dem Weg zu einer sozialen digitalen Marktwirtschaft in Europa werden.

Die Kernforderungen dieses Antrags unterscheiden sich nicht wesentlich von denen, die Staatssekretärin Brantner in der vergangenen Sitzung des Digitalausschusses für die Bundesregierung formuliert hat. Ich sehe deshalb keinen Grund, warum dieses Haus nicht auch diesen Antrag jetzt gemeinsam beschließen sollte. Ich jedenfalls würde mich sehr freuen, wenn wir Seite an Seite für die Prinzipien der sozialen Marktwirtschaft einstehen.

Vielen Dank.

(Beifall bei der CDU/CSU)

Zu seiner ersten Rede im Deutschen Bundestag hat nun der Kollege Johannes Arlt für die SPD-Fraktion das Wort.

(Beifall bei der SPD, der CDU/CSU, dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, der FDP und der LINKEN sowie bei Abgeordneten der AfD)


Daten
Quelle Deutscher Bundestag, Nutzungsbedingungen
Quellenangabe Deutscher Bundestag via Open Parliament TV
Abgerufen von http://dbtg.tv/fvid/7533977
Wahlperiode 20
Sitzung 18
Tagesordnungspunkt Soziale Marktwirtschaft im digitalen Zeitalter - Tech-Giganten
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