Gitta ConnemannCDU/CSU - Vereinbarte Debatte - 30 Jahre Enquete-Kommission zur Aufarbeitung der SED-Diktatur
Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! „ Die Opfer nicht aus den Augen und Herzen verlieren“ – lieber Rainer Eppelmann, so fassten Sie den Leitgedanken der Enquete-Kommission „Aufarbeitung von Geschichte und Folgen der SED-Diktatur“ zusammen. Sie waren Vorsitzender dieser Kommission. Mit ihren Mitgliedern haben Sie sich vor 30 Jahren einer Mammutaufgabe gestellt, der Aufarbeitung des DDR-Unrechtsstaates, und dafür danke ich Ihnen auch im Namen der CDU/CSU-Bundestagsfraktion.
(Beifall bei der CDU/CSU)
Um diese Aufarbeitung geht es heute. Denn die Geschichte der DDR als SED-Unrechtsstaat ist kein abgeschlossenes historisches Kapitel. Die Teilungsgeschichte wirkt bis heute. Die Kommission war nicht unstrittig. Nicht jeder wollte zurückblicken. Die einen hatten genug damit zu tun, sich eine neue Existenz aufzubauen; die anderen hingen einem geschönten DDR-Bild an. Und dann gab es die ideologischen Baumeister, die großen und kleinen Handlanger der DDR-Diktatur. Sie wollten nicht erinnern an Schießbefehl, Zwangsadoptionen, standrechtliche Erschießungen am 17. Juni, an Bespitzelung, an Entrechtung. Die Stasi war dafür das Instrument, aber die Täter waren eine Partei, nämlich die SED.
(Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU und der FDP)
Die SED herrschte verstörend, zerstörend. Zurück blieben ein marodes Land mit kaputter Umwelt und Industrie und eine Gesellschaft, die zutiefst traumatisiert war.
Leider gibt es die Verleugner bis heute, auch in diesem Haus. Was man mit Geschichtsklitterung machen kann, hat uns der Kollege von der Linken gerade eindrucksvoll dargestellt. Die Rote Armee als bejubelte Befreier – das ist schon ein interessantes Bild. Auch heute finden sich unter den Linken immer noch Aktivisten des SED-Regimes, von der SED über die PDS zu den Linken. Auch das gehört zur Wahrheit dazu.
Sie sind bis heute anfällig für Diktaturen. Das zeigt Ihr verzerrter Blick auf Diktator Putin. Hier können Sie übrigens der AfD die Hand reichen, die dem Kriegstreiber hinterherrennt.
(Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU und der Abg. Linda Teuteberg [FDP] – Dr. Götz Frömming [AfD]: Unsinn!)
Das ist die Warnung für die Demokratie: Nehmt euch in Acht vor den Demagogen aller Schattierungen, die verflossene Diktaturen schönreden oder erneut den autoritären Staat herbeirufen wollen, passt auf!
Genau diese demokratische Kraft führte 1992 zur Einsetzung der Kommission. Das Besondere: Die Aufarbeitung der SED-Diktatur wurde nicht als ostdeutsche Aufgabe gesehen, sondern als gesamtdeutsche; denn sich mit der DDR zu beschäftigen, heißt, immer auch das geteilte Deutschland in den Blick zu nehmen. Die Mitglieder aus Ost und West, aus Politik und Gesellschaft arbeiteten über Jahre, übrigens ehrenamtlich, und mit dem ersten Bericht entstand ein einzigartiges Zeugnis, aus dem heute bereits zitiert worden ist. Der Kernsatz: Der SED-Staat war eine Diktatur, getragen von einer Partei.
Zu diesen Feststellungen bekannte sich 1994 die überwältigende Mehrheit des Deutschen Bundestages, übrigens mit einer Ausnahme: Die PDS lehnte den Bericht ab. Aber Unrecht lässt sich nicht verleugnen, und Unrecht hat kein Verfallsdatum.
(Beifall bei der CDU/CSU sowie der Abg. Linda Teuteberg [FDP])
Viele der Empfehlungen der beiden Kommissionen wurden in die Tat umgesetzt, wie das Gedenkstättenkonzept des Bundes. Dazu gehörten und gehören Orte wie die ehemalige Stasizentrale, Hohenschönhausen, Bautzen und so viele andere Orte, an denen Menschen gequält, entrechtet und getötet wurden. Mit der Gründung der Bundesstiftung Aufarbeitung wurde ein einzigartiges Instrument geschaffen, das seit 1998 die Zivilgesellschaft dabei unterstützt, die Geschichte weiter aufzuarbeiten und jüngeren Generationen zu vermitteln.
Aber es gibt noch offene Punkte, die wir umsetzen müssen, gemeinsam mit Ihnen, der Opferbeauftragten, liebe Evelyn Zupke. Dazu gehören die Anerkennung von verfolgungsbedingten Gesundheitsschäden, die bessere psychologische Betreuung der Opfer, die Unterstützung von Opfern, die bei ihrer Flucht in osteuropäischen Ländern inhaftiert worden sind. Hier sind wir alle gefordert. Und übrigens: Ein Denkmal für die Opfer kommunistischer Gewaltherrschaft ist längst überfällig.
(Dr. Götz Frömming [AfD]: Ja! Wo bleibt das?)
Bei alldem stehen wir an der Seite der Koalitionsfraktionen, wenn sie gemeinsam mit uns diese Dinge angehen wollen. Denn wir dürfen, wie Rainer Eppelmann sagte, die Opfer nicht aus den Augen und den Herzen verlieren.
Vielen Dank.
(Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der FDP)
Für die Bundesregierung hat, wie Sie sehen, der Kollege Staatsminister Carsten Schneider jetzt das Wort.
(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten der FDP)
Quelle | Deutscher Bundestag, Nutzungsbedingungen |
Quellenangabe | Deutscher Bundestag via Open Parliament TV |
Abgerufen von | http://dbtg.tv/fvid/7534282 |
Wahlperiode | 20 |
Sitzung | 21 |
Tagesordnungspunkt | Vereinbarte Debatte - 30 Jahre Enquete-Kommission zur Aufarbeitung der SED-Diktatur |