Carsten MüllerCDU/CSU - Meinungsfreiheit in Sozialen Medien
Sehr geehrte Frau Präsidentin! Verehrte Kolleginnen und Kollegen! Es gibt von anderen Fraktionen als der CDU/CSU-Bundestagsfraktion immer wieder Überlegungen, das Netzwerkdurchsetzungsgesetz für die Regulierung von Individualkommunikation über Messengerdienste heranziehen zu wollen. In der vergangenen Legislaturperiode gab es einen Ansatz der FDP. Es war vielleicht für den einen oder anderen etwas überraschend; aber die FDP wollte damals die Kommunikation über Whatsapp regulieren. Das ist, so habe ich damals schon gesagt, mit der Union nicht zu machen. Nun gibt es diese Überlegungen bezüglich Telegram auch beim aktuellen Justizminister. Die Bundesinnenministerin teilt offensichtlich ähnliche Vorstellungen. Allerdings schließt das NetzDG ausdrücklich aus, Plattformen, die zur Individualkommunikation bestimmt sind, in den Anwendungsbereich des NetzDG einzubeziehen. Die private Kommunikation zwischen Bürgerinnen und Bürgern in unserem Land unterliegt zu Recht hohen Schutzhürden.
Solche grundrechtswidrigen Ansinnen kommen übrigens nicht ausschließlich aus der FDP. Auch ein SPD-Landesinnenminister hat die Vorstellung, Geoblocking anzuwenden, was nichts anderes heißt als Netzsperren. Ehrlich gesagt: Dessen bedarf es gar nicht, weil Hass und Hetze auch schon heute in Fortführung des Gedankens der Störerhaftung erfolgversprechend in diesen Kommunikationskanälen begegnet werden kann. Es gibt also gute Möglichkeiten, das Ganze verfassungskonform zu regulieren und in den Griff zu bekommen.
Ich will auch eines ganz deutlich für die Unionsfraktion zum Ausdruck bringen: Für uns steht es außer Frage, dass von Plattformbetreiberinnen und ‑betreibern und auch von Messengerdiensten erwartet werden muss, dass sie kooperativ mit deutschen Behörden zusammenarbeiten. Wer das verweigert – das soll hier deutlich gesagt werden –, der begibt sich in den Anschein, dass er es mit der Rechtsordnung in diesem Land nicht so genau nehmen will, und das können wir nicht dulden.
(Beifall bei der CDU/CSU)
Ich will mich noch mal der Antragstellerin, der sogenannten AfD-Fraktion, zuwenden.
(Beatrix von Storch [AfD]: „Sogenannte“?)
Da gibt es nämlich einige Besonderheiten. Das fängt schon in der ersten Zeile unter dem Wort „Antrag“ an. Schauen Sie sich mal die Namen an!
(Zuruf von der AfD: Den Namen Carsten Müller findet man nicht!)
Sie finden dort den Abgeordneten Eugen Schmidt. Eugen Schmidt ist innerhalb des Bundestages der Nummer-eins-Propagandist des Kriegsverbrechers Putins.
(Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU, der SPD, des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN, der FDP und der LINKEN)
Es gibt außerhalb des Bundestages und außerhalb der AfD andere Putin-Freunde, andere Propagandisten, aber, wie gesagt, dann außerhalb des Bundestages.
Dieser Kollege Schmidt bestreitet in Putin-treuen russischen Staatsmedien aktuell, dass Deutschland ein Rechtsstaat sei, und verbreitet folgende Einlassung – ich will sie mal zitieren, damit wir wissen, wer diesen Antrag geschrieben hat –:
Es gibt keine Demokratie in Deutschland. Das heißt, es wird eine einheitliche Meinung aufgedrängt, und zwar von der regierenden Elite, und alle anderen politischen Meinungen werden mit allen möglichen Mitteln unterdrückt: im Internet, in den Medien, unter anderem auch durch körperliche Übergriffe auf Andersdenkende.
Damit nicht genug – nächstes Beispiel –:
Die Medien werden in Deutschland selbstverständlich komplett von der Regierung kontrolliert.
Das würde schon allein die Unionsfraktion nicht zulassen.
Alternative, oppositionelle Meinungen sind nicht vertreten.
Dabei liefert ebendieser Eugen Schmidt selbst das beste Beispiel dafür, dass das, was er da erzählt hat, komplett der Realität entbehrt, vollständiger Unsinn ist; denn ansonsten hätte er das nicht sagen können. Er kann diesen zynischen Unsinn nämlich vollkommen ungestraft verbreiten und, wenn er an dieser Debatte teilnehmen würde und sich als Redner hätte vormerken lassen, sogar hier vom Rednerpult.
Meine Damen und Herren, ganz anders sieht es übrigens mit dem Mut und der Notwendigkeit, Meinungs- und Pressefreiheit zu schützen, aus, wenn wir uns die russische Journalistin Marina Owsjannikowa anschauen. Ich will es ganz ehrlich sagen: Ich glaube, ich hätte nicht den Mut gehabt,
(Tabea Rößner [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Ja!)
in einer Sendung des russischen Staatsfernsehens dieses Transparent hochzuhalten. Für fünf Sekunden wichtigste Wirkung riskiert sie 15 Jahre Gulag. Hut ab! Diesem Verhalten gebührt höchster Respekt.
(Beifall bei der CDU/CSU, der SPD, dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, der FDP und der LINKEN)
Übrigens hat sich der Kollege Schmidt einen Tag nach Verschärfung der Strafandrohung dafür, dass man in Russland die Wahrheit sagt, entsprechend eingelassen.
Meine Damen und Herren, es ist geradezu grotesk, dass ausgerechnet eine Fraktion, deren Geschäftsmodell auf Hetze, Hass und Falschinformationen basiert, sich hier zum Thema Meinungsfreiheit äußert.
(Zuruf von der AfD: Dazu kommen wir ja gar nicht!)
Aber weil wir diese Meinungsfreiheit haben, ist es nicht verboten.
Ich will noch ein Letztes sagen. Sie fallen ja regelmäßig mit einem geradezu hymnischen Anbiedern und entsprechenden Äußerungen gegenüber dem Kriegsverbrecher Putin auf.
(Martin Hess [AfD]: Das ist doch Blödsinn, Herr Müller! – Zuruf der Abg. Beatrix von Storch [AfD])
Und dieser Kriegsverbrecher Putin benutzt als Vorwand das Argument einer Entnazifizierung. Bemerkenswert ist, dass, wenn er das machte, diese Entnazifizierung gerade in Ihren Reihen große Lücken schlagen würde.
(Zurufe von der AfD: Ha, ha, ha!)
Vielen Dank.
(Beifall bei der CDU/CSU, der SPD, dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, der FDP und der LINKEN – Gabriele Katzmarek [SPD]: Treffer! Versenkt!)
Als Nächste hat jetzt Tabea Rößner das Wort für Bündnis 90/Die Grünen.
(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)
Quelle | Deutscher Bundestag, Nutzungsbedingungen |
Quellenangabe | Deutscher Bundestag via Open Parliament TV |
Abgerufen von | http://dbtg.tv/fvid/7534297 |
Wahlperiode | 20 |
Sitzung | 21 |
Tagesordnungspunkt | Meinungsfreiheit in Sozialen Medien |