Maximilian Funke-KaiserFDP - Meinungsfreiheit in Sozialen Medien
Sehr geehrte Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Die Meinungsfreiheit ist ein elementares Grundrecht, ein Grundrecht, das geschützt werden muss. Ich kann Ihnen versichern: Dieses Grundrecht, die Meinungsfreiheit, ist bei dieser Koalition in guten Händen. Dass gerade eine Partei, die vor einer Woche zum rechtsextremen Verdachtsfall erklärt wurde, jetzt mit einem Antrag die Fahne der Meinungsfreiheit nach oben hängt, das ist an Dreistigkeit nicht mehr zu überbieten.
(Beifall bei der FDP sowie bei Abgeordneten der SPD und des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)
Liebe Kollegen, lassen wir uns bei dieser Debatte bitte keinen Sand in die Augen streuen. Der AfD geht es in Wahrheit nämlich überhaupt nicht um Telegram. Ihr geht es darum, dass sie ihre Felle davonschwimmen sieht. Ganz offensichtlich weiß sie, dass in denselben Gruppen, in denen zum Mord von Politikern aufgerufen wird, in denen die krudesten Verschwörungstheorien verbreitet werden, auch Wahlaufrufe für die AfD erfolgen. Dann auch noch auf Basis des Artikels 5 Grundgesetz zu argumentieren, ist schamlos.
Ein Hinweis an die Kollegen der AfD, nämlich auf Artikel 5 Absatz 2 Grundgesetz: Auch Meinungsfreiheit hat ihre Grenzen, und zwar dort, wo Hass und Hetze, wo Rassismus, wo Antisemitismus sowie Aufrufe zum Mord zu finden sind. Auch wenn Sie es nicht hören möchten, auch wenn Sie immer wieder die Augen davor verschließen: Es ist richtig, dass der Rechtsstaat hier handelt.
(Beifall bei der FDP und der SPD sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)
Aber kommen wir zum Antrag selbst. Der offenbart, dass die AfD-Fraktion weder das rechtliche noch das technische Verständnis zur Einordnung von Telegram hat. Ich möchte es noch einmal verdeutlichen: Telegram kann man nicht singulär betrachten. Telegram ist ein hybrides Tool, eine hybride Plattform; denn auf der einen Seite – um das auch noch einmal klarzumachen – ist es ein verschlüsselter Messengerdienst, auf der anderen Seite stellt es in Bezug auf die offenen Gruppen aber eben eine Plattform dar.
Ich möchte an der Stelle auch noch einmal betonen: Es geht und ging der Koalition niemals darum, die persönliche Kommunikation einzelner Personen zu verhindern oder sogar Netzsperren zu verhängen, zumal Netzsperren – das möchte ich als Digitalpolitiker gesagt haben – immer der falsche Weg sind und auch nicht funktionieren. Weil Telegram aber kein ausschließlicher Messenger ist, sondern eben auch eine Plattform, muss natürlich auch dort gegen Hass vorgegangen werden.
Was mir in Ihrem Antrag ebenfalls fehlt, ist – das verwundert nicht –, dass wir endlich anfangen aufzuhören, die digitale Welt in nationalen Grenzen zu denken. Das verwundert bei Ihnen nicht. Aber genau das ist zum Glück aktuell in Planung: Der zukünftige Digital Services Act, der DSA, wird ebendiesen einheitlichen Rechtsrahmen auf europäischer Ebene schaffen, der – das sei an der Stelle explizit gesagt – die vorhandenen Schwächen des NetzDG obsolet machen wird.
Ich möchte zum Schluss noch einmal verdeutlichen, dass auch ich Bauchschmerzen habe bei einem solchen Antrag der AfD, in dem trotz der rassistisch motivierten Anschläge in Hanau, trotz des Mordes an Walter Lübcke,
(Enrico Komning [AfD]: Was haben wir denn damit zu tun?)
trotz des antisemitischen, rassistischen Anschlags in Halle ausschließlich der islamistische Terrorismus angesprochen wird. Das ist eine Selbstoffenbarung sondergleichen in einem Antrag, der es eigentlich gar nicht wert ist, dass wir ihn diskutieren. Dass wir ihn heute diskutieren, ist der Beweis dafür, dass wir Meinungsfreiheit in diesem Land haben.
Herzlichen Dank.
(Beifall bei der FDP sowie bei Abgeordneten der SPD, der CDU/CSU, des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN und der LINKEN – Enrico Komning [AfD]: Sie sind ein Schlaumeier! Hinsetzen, fünf! – Jürgen Braun [AfD]: Arroganter Schnösel! – Gegenruf des Abg. Maximilian Funke-Kaiser [FDP]: Sagen Sie!)
Ich bitte Sie, sich einer parlamentarischen Ausdrucksweise zu befleißigen.
(Dr. Alexander Gauland [AfD]: Das gilt dann aber für alle! – Carsten Müller [Braunschweig] [CDU/CSU]: Man darf die Kollegen auch nicht überfordern!)
Das Wort hat der Kollege Marc Henrichmann für die CDU/CSU-Fraktion.
(Beifall bei der CDU/CSU)
Quelle | Deutscher Bundestag, Nutzungsbedingungen |
Quellenangabe | Deutscher Bundestag via Open Parliament TV |
Abgerufen von | http://dbtg.tv/fvid/7534305 |
Wahlperiode | 20 |
Sitzung | 21 |
Tagesordnungspunkt | Meinungsfreiheit in Sozialen Medien |