Wilfried OellersCDU/CSU - Inklusive Arbeitswelt
Sehr geehrte Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Meine sehr geehrten Damen und Herren! In Anbetracht des Ukrainekrieges ist es sicherlich nicht leicht, über andere Themen zu diskutieren. Deswegen bin ich umso dankbarer, dass wir heute über die Teilhabe von behinderten Menschen am Arbeitsleben diskutieren und debattieren können.
(Takis Mehmet Ali [SPD]: Menschen mit Behinderung!)
Meine sehr geehrten Damen und Herren, was haben der barrierefreie Umbau von Fahrzeugen, ein Cateringservice für Kitas, Kinderholzspielzeug, Kaffeegeschirr oder eine Softwarelösung für ein Abrechnungssystem in einem mittelständischen Unternehmen gemeinsam? Alle diese Produkte und Dienstleistungen wären nicht denkbar ohne die Arbeit von Menschen mit Behinderung und ihre Tätigkeit in Werkstätten für behinderte Menschen oder in Inklusionsunternehmen und Unternehmen auf dem ersten Arbeitsmarkt. Es muss ja nicht unbedingt gleich das DAX-Unternehmen SAP sein, das seit vielen Jahren Vorreiter bei der Beschäftigung von Menschen mit Behinderung, vor allen Dingen mit Autismus-Syndrom, ist. Es kann auch ein Kleinunternehmen sein, wie zum Beispiel ein Autohaus aus meinem Wahlkreis, das Fahrzeuge umbaut in einen barrierefreien Zustand für Menschen mit Behinderung.
(Beifall bei der CDU/CSU)
Unser Ziel ist es, möglichst viele Menschen mit Behinderung in den ersten Arbeitsmarkt zu vermitteln. Denn das Problem ist nicht nur, dass mehr Menschen mit Behinderung arbeitslos sind als Menschen ohne Behinderung, sondern auch, dass sie länger arbeitslos sind. Diese Probleme müssen wir angehen und dabei alle Pfeiler des inklusiven Arbeitsmarkts wie Inklusionsbetriebe, Einrichtungen für die berufliche Rehabilitation oder Werkstätten für behinderte Menschen fördern und vor allem die Übergänge zwischen den Einrichtungen hin zum ersten Arbeitsmarkt verbessern.
Als Regierungsfraktion der letzten Legislaturperioden haben wir hierzu einiges auf den Weg gebracht. Es ist gut, dass wir mittlerweile einheitliche Ansprechstellen für Unternehmen, für Arbeitgeber haben. Jetzt müssen diese aber in die Fläche gebracht werden, damit sie die Unternehmen auch begleiten können, Menschen mit Behinderung zu beschäftigen.
Die BIH hat zur Umsetzung des gesetzlichen Auftrags Handlungsempfehlungen entwickelt. Aber ich erwarte, dass sich die Bundesregierung hier nicht nur auf die Integrationsämter und ihre Berichterstattung verlässt, sondern auch selbst eine aktive Rolle einnimmt und eine bundesweite Strategie sowie einen zeitlichen Fahrplan entwickelt.
(Beifall bei der CDU/CSU)
Einen Flickenteppich für Beratungsangebote darf es am Ende nicht geben.
Die über 900 Inklusionsbetriebe leisten einen wichtigen Beitrag als Teil des ersten Arbeitsmarktes und zugleich als Brücke dorthin. Auch unabhängig von der Pandemie benötigen sie aber eine sichere finanzielle Basis. Der von der Regierungskoalition ab dem 1. Oktober 2022 geplante Mindestlohn von 12 Euro ist auch von den Inklusionsunternehmen zu tragen. Die derzeitigen an die Firmen gewährten Zuwendungen wachsen allerdings nicht automatisch mit. Das muss gewährleistet sein. Ebenso muss auch die Umsatzsteuerthematik, die ja schon länger besteht, geregelt werden.
Es ist auch gut, dass wir vor einigen Jahren das Budget für Arbeit und das Budget für Ausbildung eingeführt haben und gerade auch zuletzt mit dem Teilhabestärkungsgesetz punktuell noch einmal nachgebessert haben. Doch wir alle wissen: Die Instrumente werden weiterhin viel zu wenig genutzt. Wir machen in unserem Antrag Vorschläge, wie man diese wichtige Brücke in den Arbeitsmarkt attraktiver gestalten kann, zum Beispiel durch die Aufhebung der Begrenzung des Lohnkostenzuschusses beim Budget für Arbeit, durch die Erweiterung des Budgets für Ausbildung auf die Inklusionsbetriebe und Einrichtungen der beruflichen Rehabilitation und durch eine Informations- und Schulungskampagne, um diese Instrumente bekannter zu machen.
Doch es wird auch weiterhin Menschen geben, die den Weg aus den Werkstätten hin auf den ersten Arbeitsmarkt nicht schaffen oder auch nicht gehen wollen. Diese Menschen brauchen ein Entgelt, das ihre Arbeit würdigt und für die Werkstätten finanzierbar ist. Gleichzeitig weiß ich aber auch aus vielen Gesprächen mit den Werkstattbeschäftigten, wie wichtig ihnen ist, dass sie ihre Schutzrechte behalten. Ich bin gespannt, welche Lösungen das Forschungsvorhaben für das Werkstattentgelt hierzu unterbreiten wird. Wir haben als CDU/CSU-Fraktion bereits in der letzten Legislaturperiode ein Modell auf den Weg gebracht, mit dem zumindest die Problematik der Erhöhung des Grundbetrages für die Werkstattbeschäftigten abgefedert werden kann.
Es ist auch gut, dass sich in der Coronapandemie Berufsbildungswerke, Berufsförderungswerke und Werkstätten für behinderte Menschen auf den Weg gemacht haben, ihre Leistungen auf digitale Angebote umzustellen. Hier hat sich schnell gezeigt, welchen Mehrwert die Digitalisierung für die Teilhabe von Menschen mit Behinderung hat. Doch auch aus dem Austausch mit außerbetrieblichen Bildungseinrichtungen weiß ich, dass man sich dort mehr Unterstützung für die Digitalisierung wünscht. Als Union teilen wir daher die Meinung, dass wir eine Art DigitalPakt Schule 2.0 benötigen, ein Förderprogramm für barrierefreie digitale Angebote in außerbetrieblichen Bildungseinrichtungen.
(Beifall bei der CDU/CSU)
Zusammenfassend: Was also sollte Ziel inklusiver Arbeitsmarktpolitik der nächsten Jahre sein? Es bedarf vor allem mehr Kooperation, mehr Ansprache und einer Stärkung der digitalen Teilhabe, um die Potenziale von Beschäftigten mit Behinderung zu nutzen. Hierzu bietet unser Antrag konstruktive Vorschläge. Ich freue mich auf die Beratungen.
Vielen Dank.
(Beifall bei der CDU/CSU)
Quelle | Deutscher Bundestag, Nutzungsbedingungen |
Quellenangabe | Deutscher Bundestag via Open Parliament TV |
Abgerufen von | http://dbtg.tv/fvid/7534350 |
Wahlperiode | 20 |
Sitzung | 21 |
Tagesordnungspunkt | Inklusive Arbeitswelt |