17.03.2022 | Deutscher Bundestag / 20. WP / Sitzung 21 / Tagesordnungspunkt 17

Jonas GeisslerCDU/CSU - Einführung von Füllstandsvorgaben für Gasspeicheranlagen

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Frau Präsidentin! Sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen! Ich komme aus dem Landkreis Kronach. Der Landkreis Kronach ist der kleinste Landkreis Bayerns. Er liegt im Norden Oberfrankens. Vor allen Dingen sind wir die Heimat der bayerisch-thüringischen Glasindustrie.

Ich war ungefähr 14 Tage im Amt – die konstituierende Sitzung des Deutschen Bundestags war am 26. Oktober –, da hat mich der erste meiner Bürgermeister angerufen und mir gesagt: Wir haben ein riesiges Problem. Ich weiß nicht mehr, wie meine Glasindustrie die Energie bezahlen soll.

(Zuruf des Abg. Dr. Rainer Kraft [AfD])

Ich habe die ersten Gespräche mit ihm geführt. Ich habe mich dann mit den Unternehmervertretern getroffen. Am Anfang hat man von allen übergeordneten Stellen gehört: Der Gaspreis beruhigt sich schon wieder; das ist jetzt eine Frage des Winters. – Irgendwann ist klar geworden: Das ist nicht so.

Wir hatten Preissteigerung am Spotmarkt im dritten Quartal 2021 von 250 Prozent, im vierten Quartal 2021 von bis zu 500 Prozent. Wir hatten die Situation, dass wir im Dezember an einzelnen Tagen eine Preissteigerung von 750 Prozent beim Gas gehabt haben. Keiner hat es am Anfang verstanden. Es ist klar gewesen, dass Putin die Speicher nicht auffüllt. Heute wissen wir, dass das eine unmittelbare Vorbereitung auf den Ukrainekrieg gewesen ist. Aber es hat niemand verstanden, was da genau passiert.

Der Spotmarkt macht nur einen relativ geringen Anteil am Gesamtgasmarkt aus. Das heißt, bewusste Einschränkungen beim Spotmarkt wirken wie ein Hebel, der sich auch auf den Terminmarkt auswirkt. Unternehmen, die bislang teilweise auf dem Terminmarkt, teilweise auf dem Spotmarkt eingekauft haben, wissen nicht mehr, wie sie die Kosten tragen sollen, weil auch langfristige Lieferverträge teuer werden. Ich habe bei mir zu Hause einzelne Zulieferer, die immer nur auf dem Terminmarkt eingekauft haben. Die sind im Dezember und Januar komplett auf den Spotmarkt umgeschwenkt, weil sie gesagt haben: Wir können uns das langfristig nicht mehr leisten.

In meiner Heimat hängt ein Drittel der Beschäftigten vom Gasmarkt ab, weil sie in der Glasindustrie arbeiten. Die bayerisch-thüringische Glasindustrie hat in der Rennsteigregion zwischen 8 000 und 10 000 Beschäftigte, die mittelbar von ihr abhängig sind. Das sind fast 10 000 Familien, die Existenzängste haben. Das sind fast 10 000 Familien, die nicht wissen, ob ihre Arbeitsplätze in Zukunft erhalten bleiben. Das Problem bei der Glasindustrie ist nämlich, dass sie ihre Glaswannen, auch wenn Energie teuer ist, nicht abschalten können; denn eine Wanne wird gebaut und läuft dann durchgehend 10 bis 15 Jahre. Wenn ich das Glas ablasse, ist die Wanne kaputt, und ich muss 50 Millionen Euro in eine neue Wanne investieren, wenn ich die Produktion wieder hochfahre.

Wir haben hier ein riesiges Problem. Deswegen werden wir Sie bei dem Gesetzentwurf selbstverständlich unterstützen; denn er ist richtig.

(Beifall bei Abgeordneten der SPD und des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)

Aber es ist auch klar, dass wir einfach mehr tun müssen. Wir haben in den letzten Wochen und Monaten bei mir daheim vor Ort unzählige Gespräche geführt, teilweise mit der Union. Wir haben mittlerweile ein Netzwerk von Abgeordneten aus allen Parteien, die aus der Region kommen. Ich bin zum Beispiel Staatssekretär Kellner von den Grünen dankbar, dass er sich mit uns ausgetauscht hat.

Aber wir haben ein ernsthaftes Problem. Wir bzw. die Glasindustrie haben am Anfang gefordert: Macht doch Nord Stream 2 auf. – Heute wissen wir, dass die Probleme viel tiefgreifender sind. Die gilt es gemeinsam zu lösen. Dabei hoffen wir auf Ihre Unterstützung, weil wir einfach mehr brauchen. Wir brauchen einen Rettungsschirm für die Arbeitsplätze, die von den energieintensiven Unternehmen in Deutschland abhängig sind.

Vielen Dank, dass Sie mir zugehört haben.

(Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN und der FDP)


Daten
Quelle Deutscher Bundestag, Nutzungsbedingungen
Quellenangabe Deutscher Bundestag via Open Parliament TV
Abgerufen von http://dbtg.tv/fvid/7534410
Wahlperiode 20
Sitzung 21
Tagesordnungspunkt Einführung von Füllstandsvorgaben für Gasspeicheranlagen
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