Karsten KleinFDP - Verteidigung
Sehr geehrte Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Der völkerrechtswidrige und verbrecherische Krieg, den Wladimir Putin über die Ukraine gebracht hat, hat in den letzten Wochen die zivilisierte Welt enger zusammenrücken lassen. Für uns Freie Demokraten, für die Ampel insgesamt steht der vernetzte Ansatz von Diplomatie, wirtschaftlicher Zusammenarbeit und Verteidigung bewusst im Zentrum unserer Außen- und Sicherheitspolitik.
(Beifall bei Abgeordneten der FDP, der SPD und des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)
Die letzten Wochen haben leider auch gezeigt: Wer unseren Frieden und unsere Freiheit erhalten will, der muss auch über die Fähigkeiten verfügen, diese Werte – Frieden und Freiheit – zu verteidigen, der muss über ein glaubwürdiges Abschreckungspotenzial verfügen.
Deshalb ist es richtig, liebe Kolleginnen und Kollegen, dass die Ampel, dass SPD, Grüne und FDP in dieser Situation mit dem „Sondervermögen Bundeswehr“, mit 100 Milliarden Euro ein klares Signal für die Verteidigung unserer Werte – Frieden und Freiheit – und an unsere Partner aussenden.
(Beifall bei der FDP und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der SPD)
Ich gehe fest davon aus, dass alle demokratischen Parteien in diesem Haus die Schaffung dieses Sondervermögens unterstützen werden. Die Summe aus dem Sondervermögen von 100 Milliarden Euro und dem Kernhaushalt, in dem in dieser Legislaturperiode 200 Milliarden Euro eingeplant sind, ermöglicht es, das 2‑Prozent-Ziel zu erreichen. Sie ermöglicht es, drohende Fähigkeitslücken zu verhindern. Sie ermöglicht es, bestehende Fähigkeitslücken zu schließen. Sie ermöglicht es, in die Verteidigung der Zukunft zu investieren; vor allem aber ermöglicht sie es, unsere Soldatinnen und Soldaten – und ich betone: alle unsere Soldatinnen und Soldaten – mit Ausrüstung und Material auf zeitgemäßem Niveau auszustatten.
(Beifall bei der FDP sowie bei Abgeordneten der SPD und des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)
Das „Sondervermögen Bundeswehr“ ist aber auch der zentrale Schlüssel, um die Planbarkeit vor allem von großen Rüstungsprojekten sicherzustellen. Wir haben in der letzten Legislaturperiode ja immer wieder sehr kurzfristige Anhebungen des Wehretats feststellen müssen, die eben gerade nicht wirklich zur Verbesserung der Ausstattung der Bundeswehr beigetragen haben; denn im Gegensatz zum Sondervermögen hat der Haushaltspolitik der Union im Verteidigungsministerium eben die Planbarkeit gefehlt, um große Rüstungsprojekte verlässlich durchzuführen.
Deshalb will ich gerade bei der starken Rhetorik, die heute Morgen hier von Ihrem Fraktions- und Parteivorsitzenden Herrn Merz vorgetragen worden ist, eines hier noch mal feststellen: Die Misere bei der Bundeswehr trägt einen Namen, und der heißt: CDU und CSU.
(Beifall bei der FDP, der SPD und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)
Sie haben 16 Jahre die Kanzlerin in diesem Land gestellt, in dem entscheidenden Zeitpunkt 2011 Kanzlerin und Finanzminister gestellt und das Verteidigungsministerium mit Theodor von Guttenberg besetzt.
(Dr. Hendrik Hoppenstedt [CDU/CSU]: Wer war denn Finanzminister bei Kanzlerin Merkel?)
Deshalb tragen Sie die Verantwortung, und deshalb erwarten wir auch von Ihnen, dass Sie sich dieser Verantwortung in den nächsten Tagen stellen werden und hier nicht mit vielen Worten darüber hinwegtäuschen wollen, liebe Kolleginnen und Kollegen der Union.
(Beifall bei der FDP, der SPD und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN – Zuruf der Abg. Kerstin Vieregge [CDU/CSU])
Aber, Frau Ministerin, liebe Kolleginnen und Kollegen, die Vergangenheit hat natürlich auch gezeigt, dass Geld alleine noch nicht das Material auf den Hof bringt, dass Geld alleine noch nicht das Material zur Truppe bringt. Auch die Planbarkeit ist für sich genommen noch nicht ausreichend. Daher geht es natürlich auch um die Frage, wie wir in Zukunft den Beschaffungsprozess organisieren werden. Es geht darum, Beschaffungszeiten zu verkürzen, es geht darum, die Qualität der beschafften Materialien und Ausrüstungsgüter zu erhöhen, und es geht darum, den Zulauf verlässlicher zu organisieren.
Deshalb, Frau Ministerin, begrüßen wir Freien Demokraten es, dass Sie die Veränderung und Beschleunigung im Beschaffungswesen zu einer zentralen Aufgabe in Ihrer Amtszeit gemacht haben.
(Beifall bei der FDP, der SPD und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)
Wir werden in den kommenden Wochen und Monaten dann natürlich auch gemeinsam darüber sprechen, wie wir Ausschreibungen in Zukunft organisieren wollen – national, europäisch, die Ausnahmemöglichkeiten des Europarechts auch ausnutzend. Wir werden über Schwellenwerte diskutieren – Sie haben einen ja bereits angehoben –, und wir werden natürlich auch darüber sprechen, dass wir mehr marktgängige Materialien und Ausrüstung statt wünschenswerte bestellen.
(Otto Fricke [FDP]: Sehr wahr!)
Aber all diese Maßnahmen und Veränderungen müssen natürlich letztlich auch dazu führen, dass Steuermittel, dass Haushaltsmittel wirtschaftlicher, effizienter und effektiver eingesetzt werden, als es in der Vergangenheit der Fall war. Da schaue ich beim Thema Nachfolgebeschaffung zum Beispiel auf den Tornado. Hier müssen wir einfach auch das Ende der Nutzungsdauer im Blick haben; denn jedes Mal, wenn wir die Nutzung über die geplante Nutzungsdauer hinaus verlängern, kostet das eine große Menge Geld – Geld, das uns dann fehlt, um in moderne Ausrüstung zu investieren.
(Beifall bei Abgeordneten der FDP, der SPD und des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)
Aber, Frau Ministerin, wir müssen natürlich in diesem Prozess angesichts dieser historischen Situation auch die Verteidigungsindustrie dafür in die Verantwortung nehmen, dass sie dann auch vertragsgemäß, fristgemäß und zu den vereinbarten Kosten liefert. Aber wenn wir die Verteidigungsindustrie in die Verantwortung nehmen wollen, müssen wir sie auch in die Lage versetzen, diese Verantwortung auszufüllen.
Damit bin ich beim Thema Taxonomie und beim Thema Rüstungsexportkontrolle. Es wäre grotesk, wenn wir auf der einen Seite 100 Milliarden Euro ins Schaufenster stellen, um dann die Tür für die Finanzierung für die Durchführung dieser Projekte vor allem bei der mittelständischen deutschen Rüstungsindustrie über die Taxonomie zumachen.
(Beifall bei Abgeordneten der FDP)
Liebe Kolleginnen und Kollegen, um die Vorhaben finanzieren und durchführen zu können, die wir benötigen, um unsere Verteidigungsfähigkeit sicherzustellen, um das 16. Nachhaltigkeitsziel der UN – Frieden, Gerechtigkeit und starke Institutionen – erfüllen zu können, brauchen wir in dieser historischen Situation auch in Brüssel eine Zeitenwende beim Thema Taxonomie.
Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit.
(Beifall bei der FDP sowie bei Abgeordneten der SPD)
Das Wort hat die Kollegin Dr. Gesine Lötzsch für die Fraktion Die Linke.
(Beifall bei der LINKEN)
Quelle | Deutscher Bundestag, Nutzungsbedingungen |
Quellenangabe | Deutscher Bundestag via Open Parliament TV |
Abgerufen von | http://dbtg.tv/fvid/7534741 |
Wahlperiode | 20 |
Sitzung | 24 |
Tagesordnungspunkt | Verteidigung |