23.03.2022 | Deutscher Bundestag / 20. EP / Session 24 / Tagesordnungspunkt 1 Epl 14

Ingo GädechensCDU/CSU - Verteidigung

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Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Ja, große Worte und Begriffe wurden von diesem Rednerpult verkündet, staatstragend wurde von einer Zeitenwende gesprochen, und der Bundeskanzler überraschte in seiner Regierungserklärung mit der Ankündigung, mehr für die äußere Sicherheit unseres Landes tun zu wollen. Der Überraschungseffekt war bei den Grünen und sogar bei Teilen der SPD größer als in den Reihen der Union; denn der CDU/CSU war schon vor dem schrecklichen Ukrainekrieg klar, dass wir unsere Soldatinnen und Soldaten besser ausstatten und geplante größere Rüstungsvorhaben noch ausfinanzieren müssen.

(Dr. Johannes Fechner [SPD]: Davon haben wir wenig bemerkt! – Zuruf der Abg. Agnieszka Brugger [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN])

Mir war klar – das sage ich jetzt nicht, Kollegin Brugger, als langjähriger Verteidigungspolitiker; das sage ich als Haushaltspolitiker –, dass mit den 27 25‑Mio-Vorlagen, die die Große Koalition noch in der letzten Sitzungswoche vor der Bundestagswahl beschlossen hat, viele wichtige Vorhaben zwar Eingang in den Haushalt gefunden haben, aber finanziell noch nicht abgesichert werden konnten. Das wusste auch der damalige Bundesfinanzminister Olaf Scholz. Deshalb war klar, dass – egal wer dieses Land nach der Wahl regiert – mehr Geld für unsere Bundeswehr notwendig sein würde.

Der zaghafte Versuch der neuen Staatssekretärin Frau Dr. Sudhof im BMVg, genau das gegenüber dem FDP-geführten Bundesfinanzministerium einzufordern, erfuhr noch Ende Januar eine eiskalte Abfuhr. Plafondneutral sei alles auszuplanen, war die Aufforderung aus dem BMF. Oder anders ausgedrückt: Noch Ende Januar wollte das Ampelkabinett keinen einzigen Cent mehr für die Sicherheit Deutschlands, für die bessere Ausrüstung der Bundeswehr ausgeben.

(Beifall bei der CDU/CSU)

Meine Damen und Herren, viel zu selten werden in diesem Hause unsere hervorragenden Protokollantinnen und Protokollanten gelobt. Ich will das heute ausdrücklich tun;

(Beifall der Abg. Kerstin Vieregge [CDU/CSU])

denn sie haben hinter den Sätzen bei der Regierungserklärung des Bundeskanzlers immer einen Punkt gesetzt:

Der Bundeshaushalt 2022 wird dieses Sondervermögen einmalig mit 100 Milliarden Euro ausstatten.

Punkt!

Wir werden von nun an Jahr für Jahr mehr als 2 Prozent des Bruttoinlandsprodukts in unsere Verteidigung investieren.

Punkt! Also zwei unabhängig voneinander stehende Ankündigungen, die auch unabhängig verstanden werden konnten. Jedenfalls scheint die Verteidigungsministerin das genauso verstanden zu haben wie ich. Sie musste allerdings schnell wieder zurückrudern; denn die Ankündigungen wurden nach der Regierungserklärung umgedeutet: Das Sondervermögen soll nun für die Erreichung des 2‑Prozent-Ziels herangezogen werden.

Der Etat des Einzelplans 14 beläuft sich gegenwärtig auf 50 Milliarden Euro. 2 Prozent des BIP wären allerdings 70 Milliarden. Wir sprechen also über eine jährliche Deckungslücke von rund 20 Milliarden. Das vorgesehene Sondervermögen würde demnach rein rechnerisch gerade einmal für fünf Jahre reichen, um die Bundeswehr ausreichend zu finanzieren. Das Ampelkabinett hat allerdings festgelegt, den Etat in den kommenden Jahren auf 50 Milliarden Euro zu deckeln.

(Christine Aschenberg-Dugnus [FDP]: Das habt ihr vorher nie geschafft! – Karsten Klein [FDP]: Mehr als vorher!)

Damit wären wir spätestens 2027 wieder in demselben Dilemma wie heute; wir hätten wieder eine strukturell unterfinanzierte Bundeswehr. Glaubwürdig wird die Ankündigung des Bundeskanzlers also nur mit einem kontinuierlich anwachsenden Verteidigungsetat.

(Beifall bei der CDU/CSU)

Das scheint aber in der Ampel nicht konsensfähig zu sein.

Nun komme ich zu Ihnen, Frau Bundesverteidigungsministerin, der Inhaberin der Befehls- und Kommandogewalt. Der Soldatenberuf ist etwas ganz Besonderes.

(Christine Aschenberg-Dugnus [FDP]: Stimmt!)

Herr Staatssekretär Toncar, ich sage das, weil ich nach 32 Dienstjahren in der Bundeswehr in den Bundestag gewählt wurde. Deshalb weiß ich, dass der Soldatenberuf etwas ganz Besonderes ist, weil die Frauen und Männer in der Truppe geschworen haben, dieses Land, unsere Demokratie mit all ihren Werten tapfer und im schlimmsten Fall auch mit ihrem Leben zu verteidigen. Von daher sind diese Männer und Frauen auch etwas sensibler, wenn es darum geht, wie man mit ihnen umgeht und welche Verlautbarungen von der Spitze des BMVg geäußert werden. Da ist zu hören, dass Sie, Frau Ministerin, mit Uniformierten fremdeln, dass Sie einen Oberleutnant nicht von einem Oberstleutnant unterscheiden können. Das wird den Oberleutnant wenig stören, zeigt aber Ihre Haltung und macht deutlich, warum Sie von einem Fettnäpfchen in das nächste stolpern.

(Beifall bei der CDU/CSU – Dr. Johannes Fechner [SPD]: So ein Quatsch!)

Mich treibt es um, wenn diese hochmotivierte Truppe mit Plattitüden überschüttet wird und nun der Hoffnungsschimmer auf bessere Ausrüstung unter den Ampelkoalitionären bereits wieder zerredet wird.

(Dr. Johannes Fechner [SPD]: Hätten Sie mal ihrer Rede zugehört!)

Die Zahl 5 000 scheint Ihre Lieblingszahl zu sein, Frau Lambrecht, wobei ich die Peinlichkeit mit den 5 000 Helmen für die Ukraine nicht wieder aufwärmen möchte.

(Agnieszka Brugger [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Gerade getan!)

Schlimmer ist es allerdings, wenn Sie im Kreis der EU-Verteidigungsminister bekannt geben, dass Deutschland ab 2025 das militärische Herzstück der schnellen Eingreiftruppe bereitstellen will, und Sie den Eindruck erwecken, dass allein Deutschland 5 000 Soldatinnen und Soldaten entsenden wird.

(Dr. Johannes Fechner [SPD]: Stimmt doch gar nicht!)

Auch das musste Ihr Haus dann wieder korrigieren – an Peinlichkeit schwer zu überbieten.

(Beifall bei der CDU/CSU)

Beim Thema Beschaffungsprozess wird von Ihnen reflexartig verkündet, dass Sie diesen im Bundeswehrbeschaffungsamt, BAAINBw, optimieren wollen. Damit dokumentieren Sie allerdings einmal mehr Ihre Unkenntnis; denn eine Optimierungskommission gab es bereits. In dieser Kommission durfte nicht nur ich, sondern auch Ihr jetziger Parlamentarischer Staatssekretär Thomas Hitschler mitarbeiten.

(Dr. Johannes Fechner [SPD]: Sehr guter Mann!)

Fragen Sie ihn doch nach den Ergebnissen, und bringen Sie die ein. Ändern Sie die Vorschriften und Gesetze,

(Thomas Hitschler [SPD]: Genau das machen wir!)

verabschieden Sie sich von europaweiten Ausschreibungen, machen Sie viel mehr Gebrauch von Artikel 346 AEUV, nehmen Sie die wehrtechnische Industrie in die Pflicht, und sorgen Sie dafür, dass der öffentliche Auftraggeber, die Bundeswehr, endlich so behandelt wird, wie es ein Premiumkunde erwarten kann.

(Beifall bei der CDU/CSU)

Meine zugegebenermaßen sehr hohen Erwartungen an die neue Ministerin sind nach etwas über 100 Tagen im Amt von einem Sink- in einen Sturzflug übergegangen.

(Wolfgang Hellmich [SPD]: Oh!)

Diesen Eindruck hat man mittlerweile anscheinend auch im Bundeskanzleramt. Die Zeit der Besserwisserei – lieber Karsten Klein, was du hier erzählt hast – ist gerade für die Liberalen und die Grünen zu Ende. Der gebetsmühlenartig vorgetragene Vorwurf, die CDU/CSU hätte allein doch 16 Jahre das Verteidigungsministerium geführt, verfängt schon deshalb nicht,

(Dr. Till Steffen [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: … weil Sie selten geführt haben!)

weil wir immer, so wie Sie heute in Ihrer Ampel, an Koalitionspartner gebunden waren und wir leider nicht immer das durchsetzen konnten, was für die Bundeswehr wichtig und richtig gewesen wäre.

(Beifall bei der CDU/CSU – Christine Aschenberg-Dugnus [FDP]: Das ist unter deiner Würde! – Karsten Klein [FDP]: Den Sparkurs habt ihr durchgesetzt! Das war der Vorschlag von Guttenberg!)

Meine sehr verehrten Damen und Herren, lassen Sie uns sachlich und konzentriert – –

(Lachen bei Abgeordneten der SPD, des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN und der FDP – Dr. Till Steffen [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Dafür reicht die Zeit nicht mehr!)

– Ich habe mir hier eine Menge anhören müssen,

(Dr. Till Steffen [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Sie haben auch viel geredet!)

und das müssen Sie dann auch ertragen, weil das nämlich die Wahrheit ist.

Kollege.

Es geht um nicht mehr und nicht weniger als um die Sicherheit und die Freiheit unseres Landes, und es geht um die bestmögliche Ausstattung unserer Bundeswehr.

Herzlichen Dank.

(Beifall bei der CDU/CSU)

Für die Fraktion Bündnis 90/Die Grünen hat nun die Kollegin Sara Nanni das Wort.

(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der SPD und der FDP)

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Session 24
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