Matthias HauerCDU/CSU - Schlussrunde Haushaltsgesetz 2022
Frau Präsidentin! Meine sehr verehrten Damen und Herren! In Europa tobt ein fürchterlicher Krieg, und dazu sprach Präsident Selenskyj vor wenigen Tagen hier im Deutschen Bundestag. Er sagte:
Herr Bundeskanzler Scholz! Reißen Sie diese Mauer nieder! Geben Sie Deutschland die Führung, die es verdient und auf die Ihre Nachfahren nur stolz sein können. Unterstützen Sie uns. Unterstützen Sie den Frieden. Unterstützen Sie jeden Ukrainer. Stoppen Sie den Krieg! Helfen Sie uns, ihn zu stoppen!
Dies sagte der ukrainische Präsident drei Wochen nachdem Putin den Überfall auf die gesamte Ukraine befohlen hat, mit Bombardements und Panzern, mit dem Erdboden gleichgemachten Städten, mit Millionen Vertriebenen und mit Tausenden Toten. Wir müssen uns fragen: Tut Deutschland wirklich genug, um das weitere Morden durch die russische Armee in der Ukraine zu verhindern? Präsident Selenskyj hat deutlich gesagt: Das ist nicht der Fall. – Und auch ich glaube, Deutschland muss mehr tun.
Herr Bundeskanzler, Sie und Ihre Regierung sind in den ersten Wochen der russischen Invasion Ihrer Verantwortung nicht gerecht geworden. Es reicht nicht, nur symbolisch an der Seite der Ukraine zu stehen. Solidarität bedeutet starke Hilfe, und die muss jetzt her. Egal ob bei Waffenlieferungen an die Ukraine, beim Aussetzen von Nord Stream 2, beim Ausschluss russischer Banken aus dem SWIFT-System oder auch bei anderen Sanktionen, Ihre Regierung stand stets auf der Bremse.
(Marianne Schieder [SPD]: Oje, oje!)
Es waren unsere Partner, die die Ukraine nach Kräften unterstützt haben.
(Beifall bei der CDU/CSU)
Die Ampelposition war immer: „Langsamer!“, „ Weniger!“, teilweise „Gar nicht!“,
(Marianne Schieder [SPD]: Unglaublich, unglaublich! Das ist doch nicht wahr; das wissen Sie!)
und das, während Putin die Existenz eines ganzen Landes in Europa zu vernichten versucht.
(Beifall bei der CDU/CSU)
Es folgte zu Recht ein enormer Druck auf die Ampel aus der deutschen Öffentlichkeit und auch von unseren Partnern aus Europa und der ganzen Welt.
Bei Ihrer Regierungserklärung, Herr Bundeskanzler, haben Sie eine Zeitenwende angekündigt. Ich habe an diesem Tag wirklich gedacht: Die Zeit des Zauderns und des Zögerns ist jetzt vorbei: mit harten Sanktionen gegenüber Russland, mit 2 Prozent des BIP für die Bundeswehr, mit einem zusätzlichen 100 Milliarden-Euro-Sondervermögen für die Bundeswehr und auch mit der Lieferung von Verteidigungswaffen an die Ukraine. CDU und CSU reichen Ihnen die Hand,
(Marianne Schieder [SPD]: Ja, das hören wir gerade!)
um in diesen Zeiten von Krieg und Frieden eng zusammenzuarbeiten, aber nur, wenn es Ihnen mit diesen Ankündigungen auch ernst ist. Leider rudern Sie jetzt schon zurück.
Als Präsident Selenskyj Sie, Herr Bundeskanzler, persönlich hier im Deutschen Bundestag ansprach, an Sie persönlich appellierte, da schwiegen Sie. Sie gaben ihm keine Antwort, sie wollten keine Debatte, stattdessen wurden Geburtstagsglückwünsche vorgelesen. Es war der beschämendste Moment, den ich in diesem Hohen Hause hier jemals erlebt habe.
(Beifall bei der CDU/CSU – Marianne Schieder [SPD]: Unter dem geht es wohl nicht!)
Was ist aus Ihren Ankündigungen geworden? Die wenigen Waffenlieferungen laufen schleppend. Liefern Sie der Ukraine endlich die Waffen, die es den tapferen Ukrainern ermöglichen, Putins Armee zu stoppen! Präsident Selenskyj hat in seiner Rede vor dem Deutschen Bundestag „Es lebe die Ukraine!“ gesagt; damit hat er seine Rede abgeschlossen. Lassen Sie uns dazu beitragen, dass die Ukraine leben kann.
Auch bei der Bundeswehr bleibt die Ampel vage. Im vorgelegten Haushalt wird das 2-Prozent-Ziel eben nicht erfüllt: statt 75 Milliarden Euro nur 50 Milliarden Euro. In der mittelfristigen Finanzplanung fehlen Jahr für Jahr 25 Milliarden Euro.
(Sven-Christian Kindler [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Das ist die Finanzplanung der alten Koalition! Die ist aufgestockt worden! Das war die Finanzplanung von CDU/CSU und SPD!)
Stattdessen soll es nun ein Sondervermögen mit Grundgesetzänderung lösen. Das wollen Sie nutzen, weil Sie das 2‑Prozent-Ziel im regulären Haushalt gar nicht erreichen wollen. Zusätzlich stellen Sie nun infrage, ob das Geld überhaupt vollständig der Bundeswehr zugutekommen soll. Lassen Sie solche Tricks! Unterstützen Sie geschlossen die Bundeswehr! Dann haben Sie uns auch an Ihrer Seite.
(Beifall bei der CDU/CSU – Otto Fricke [FDP]: Soll das jetzt der Bundeswehr zugutekommen oder den NATO-Zielen?)
Bei der nächsten Aufgabe sollten Sie ebenfalls keine Zeit verlieren. Hunderttausende Menschen, vor allem Frauen und Kinder, sind derzeit aus der Ukraine auf dem Weg nach Deutschland; viele sind schon gekommen. Der Zustrom wird weiter zunehmen. Unser Land sollte diese Menschen schützen und sie mit offenen Armen empfangen. Wir dürfen unglaubliche Hilfsbereitschaft erleben. Viele Deutsche nehmen Menschen bei sich zu Hause auf, sie spenden, sie unterstützen. Hilfsorganisationen, Kirchen, private Initiativen, viele Ehrenamtler packen mit an. Diese Solidarität ist beeindruckend. Sie ist wunderbar.
Auf staatlicher Ebene sind es vor allem unsere Städte und Gemeinden, die jetzt schon vor großen Herausforderungen stehen. Dort werden die Menschen untergebracht und versorgt, dort wird die Beschulung der Kinder sichergestellt, und dort stellen sich jetzt gerade viele Fragen. Wie werden die Flüchtlinge innerhalb Deutschlands verteilt? Eine Antwort der Bundesregierung? Fehlanzeige. Wer kommt für die entstehenden Kosten auf? Antwort? Fehlanzeige. Wie schützen Sie gerade Frauen und Kinder vor Ausbeutung und Menschenhandel? Antwort? Fehlanzeige. Wie sorgen Sie für eine lückenlose Registrierung? Sie können es sich denken: Antwort? Fehlanzeige.
(Beifall bei der CDU/CSU – Marianne Schieder [SPD]: Jetzt ist aber mal Schluss mit diesem Schmarrn!)
Der Bund muss bei diesen Fragen handeln. Es hätte schon längst – Frau Bundesministerin Faeser ist jetzt gerade nicht da; eben war sie noch da – einen Flüchtlingsgipfel geben müssen, gerade auch unter Beteiligung der Länder und Kommunen.
(Beifall bei der CDU/CSU)
Abschließend möchte ich eines klar sagen: Für den völkerrechtswidrigen Angriffskrieg Russlands gibt es keinerlei Rechtfertigung. Manche haben sich viel zu lange von Putin blenden lassen oder ihn sogar unterstützt; das ist bei Linksradikalen, bei Rechtsradikalen weit verbreitet und teilweise sogar in demokratischen Parteien.
(Beifall bei der CDU/CSU – Sven-Christian Kindler [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Wie war denn das mit der Abhängigkeit von Öl, Gas und Kohle bei der Union in den letzten 16 Jahren?)
Den traurigen Tiefpunkt bildet Gerhard Schröder: ein SPD-Altkanzler als Lobbyist für russisches Gas und als oberster Kriegsverbrecherversteher, bezahlt vom deutschen Steuerzahler.
(Zuruf vom BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN: Was hat denn Angela Merkel gegen Nord Stream 2 gemacht?)
Nein, Herr Schröder, dieser Krieg ist keine „Folge politischen Versagens“; das hat er noch gestern mit Blick auf den Westen gesagt.
(Sven-Christian Kindler [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Das ist ja eine völlig unkritische Rede hier!)
In diesem Krieg gibt es nur einen Aggressor, und das ist Putins Russland. Wir müssen unseren Teil dazu beitragen, diese Aggression zu stoppen.
Vielen Dank für die Aufmerksamkeit.
(Beifall bei der CDU/CSU – Otto Fricke [FDP]: Es ist schade, dass immer, wenn man mittwochs nicht reden darf, man das freitags wiederholt! – Gegenruf der Abg. Marianne Schieder [SPD]: Da ist was dran!)
Für die SPD-Fraktion hat nun der Kollege Andreas Schwarz das Wort.
(Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der FDP)
Quelle | Deutscher Bundestag, Nutzungsbedingungen |
Quellenangabe | Deutscher Bundestag via Open Parliament TV |
Abgerufen von | http://dbtg.tv/fvid/7534989 |
Wahlperiode | 20 |
Sitzung | 26 |
Tagesordnungspunkt | Schlussrunde Haushaltsgesetz 2022 |