Wilfried OellersCDU/CSU - Mindestlohn - geringfügige Beschäftigung
Sehr geehrter Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Wie hoch soll der gesetzliche Mindestlohn sein? Wer soll ihn bestimmen? Und wie viel soll man im Rahmen eines Minijobs auch nebenher verdienen können? Auf diese und weitere Fragen geht das durch die Bundesregierung eingebrachte Gesetz zur Erhöhung des gesetzlichen Mindestlohns ein. Auch wenn der Krieg in der Ukraine das bestimmende Thema dieser Tage ist, so sind auch diese Fragen wichtige Fragen der aktuellen Politik.
In der derzeitigen Situation, die von Preissteigerungen geprägt ist, ist ein Lohn von mindestens 12 Euro nicht infrage zu stellen.
(Beifall des Abg. Dr. Wolfgang Strengmann-Kuhn [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN])
Schließlich geht man arbeiten, um davon das Leben zu bezahlen und um auch im Alter eine auskömmliche Rente zu haben.
So einverstanden wir mit den 12 Euro sind, so umfangreich muss man allerdings die Frage diskutieren, wer eigentlich den Mindestlohn bestimmen soll. Bei der Einführung des gesetzlichen Mindestlohns war sich die damalige Große Koalition einig darüber, dass es ein einmaliger Eingriff in die ureigenste Aufgabe der Tarifpartner sein sollte, die Lohnfindung zu gestalten. Selbst Andrea Nahles hat dies damals als Arbeitsministerin ganz deutlich gesagt. Die Große Koalition war sich auch einig darüber, dass ab Inkrafttreten des gesetzlichen Mindestlohns die Weiterentwicklung letztlich in die Verantwortung der Mindestlohnkommission und damit in die Hände der Tarifpartner gelegt werden soll, weil nämlich gerade die Tarifpartnerschaft, die ja in allen Reden hochgehalten wird, in der Mindestlohnkommission im Ergebnis auch praktiziert und gelebt wird. Daher sollte die Weiterentwicklung des Mindestlohns auch dort verortet sein und nicht hier im Parlament.
Die Einhaltung des gesetzlichen Mindestlohns muss allerdings auch entsprechend kontrolliert werden und auch kontrollierbar sein. Damit komme ich zum Thema der Dokumentation. Es ist erforderlich, dass dokumentiert wird, damit kontrolliert werden kann. Allerdings jetzt den Schwellenwert von etwa 2 900 Euro auf über 4 100 Euro anzuheben, scheint doch sehr überzogen zu sein, zumal, wenn man die Berechnungen in der Begründung des Gesetzgebungstextes liest, dass man monatlich von 348 Arbeitsstunden bei 29 Arbeitstagen ausgeht. So scheint dies doch an der Realität vorbeizugehen. Es wäre richtiger, hier nicht auf bestimmte Gesamtlöhne zu setzen, sondern eher auf den eigentlichen Stundenlohn. Hier sehen wir Nachbesserungsbedarf.
Aber man muss auch die Frage stellen, welche Wege es sonst noch gibt, damit die Leute mehr Geld in der Tasche haben. Das ist ja schließlich auch die Frage, die mit der Erhöhung des Mindestlohnes beantwortet werden soll. Um für mehr Geld in der Tasche zu sorgen, ist es auf der einen Seite natürlich eine Möglichkeit, zu sagen: Wir greifen hier in die Aufgabe der Mindestlohnkommission ein. – Auf der anderen Seite kann der Staat aber auch seinen Beitrag dazu leisten, indem er Abgaben und Steuern entsprechend senkt. Wir haben es in der letzten Legislaturperiode so gemacht, dass mit der Abschaffung des Solis für viele Menschen mehr Geld in der Tasche da war. Das Stichwort „kalte Progression“ hat mein Kollege Stracke eben schon angesprochen.
Finanzielle Mittel dazu gibt es, weil durch die Erhöhung des Mindestlohns mehr Steuereinnahmen generiert werden und auch entsprechende Minderausgaben bei den Sozialkassen zu verzeichnen sind. Daher wird das Geld schon da sein.
Gestatten Sie mir eine letzte Anmerkung zu den Inklusionsunternehmen; denn wir sollten sehen, dass die Erhöhung des Mindestlohns auch hier weitere Auswirkungen hat. Inklusionsunternehmen bekommen einen Nachteilsausgleich. Die Bescheide sind schon geschrieben und gehen über den 1. Oktober 2022 hinaus. Deswegen muss auch hier in meinen Augen im parlamentarischen Verfahren eine Lösung gefunden werden.
Ich freue mich auf die Beratungen.
(Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN und der FDP)
Vielen Dank, Herr Kollege Oellers. – Als nächste Rednerin erhält das Wort die Kollegin Beate Müller-Gemmeke, Bündnis 90/Die Grünen.
(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der SPD und des Abg. Pascal Kober [FDP])
Quelle | Deutscher Bundestag, Nutzungsbedingungen |
Quellenangabe | Deutscher Bundestag via Open Parliament TV |
Abgerufen von | http://dbtg.tv/fvid/7535616 |
Wahlperiode | 20 |
Sitzung | 31 |
Tagesordnungspunkt | Mindestlohn - geringfügige Beschäftigung |