28.04.2022 | Deutscher Bundestag / 20. WP / Sitzung 31 / Zusatzpunkt 7

Timon GremmelsSPD - Aktuelle Stunde zu der von der Bundesregierung angekündigten Kehrtwende bei Energiepreisen

Lade Interface ...
Anmelden oder Account anlegen






Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Ich hätte nicht gedacht, dass ich das irgendwann einmal sagen würde: Herr Spahn, wären Sie doch lieber bei Gesundheitsthemen geblieben. Da hatten Sie mehr Kompetenz als bei diesem.

(Heiterkeit und Beifall bei der SPD – Heiterkeit beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Ich überlege mir noch einmal, ob ich diesen Satz nicht zurücknehme. Aber ich bin echt sprachlos. Vor allem: Was wäre geschehen, wenn man Ihren Forderungen hier gefolgt wäre? Herr Spahn, ich erinnere nur daran: Sie haben gesagt, wir sollten öfter auf die CDU hören. Ihr Fraktionsvorsitzender, Herr Merz, hat am 9. März gefordert, die Gaslieferungen über Nord Stream 1 sofort einzustellen. Was hätte denn das für Auswirkungen auf die Energiepreise gehabt? Das, was Sie hier machen, sich hierhinzustellen, ist doch ein doppelzüngiges Spiel. Sie fordern einerseits Dinge, die die Energiepreise nach oben getrieben hätten, andererseits fordern Sie hier Energiepreissenkungen. Das ist zynisch, meine sehr verehrten Damen und Herren.

(Beifall bei der SPD, dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und der FDP)

Dann fordern Sie hier von der Bundesregierung ein, sie solle doch endlich handeln, und die solle endlich etwas tun und einen Fahrplan erarbeiten, wie wir unabhängig von fossilen Energien werden. Herr Spahn, sind Sie denn einmal in den Ausschusssitzungen? Was macht denn Robert Habeck tagtäglich, Tag und Nacht? Er macht nichts anderes, als daran zu arbeiten.

(Beifall bei der SPD, dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und der FDP)

Übrigens waren die Schubladen leer, als Sie den Bundeswirtschaftsminister hier gestellt haben.

(Dorothee Bär [CDU/CSU]: Wieso schreien Sie denn eigentlich so?)

Wo waren denn die Schubladen? Wo waren denn Ihre Konzepte? Wo war denn der Fall, der auch schon früher hätte eintreten können? Es war doch nichts da. Das muss jetzt diese Regierung erarbeiten. 16 Jahre hat die CDU die Kanzlerin gestellt, und Sie tun so, als ob Sie mit den letzten 16 Jahren nichts zu tun hätten.

(Jens Spahn [CDU/CSU]: Und Sie tun so, als hätten Sie nichts zu tun gehabt!)

Meine sehr verehrten Damen und Herren, das ist unredlich. Das sage ich Ihnen an dieser Stelle.

(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN und der FDP)

Diese Koalition handelt nicht erst seit dem 24. Februar, sondern wir haben uns schon vorher um steigende Energiepreise gekümmert, weil das eine fossile Inflation ist, die wir erleben, die verstärkt wurde durch den Angriffskrieg Russlands auf die Ukraine, aber die vorher schon da war.

Unser erstes Entlastungspaket – insofern sind wir dankbar für die Aktuelle Stunde, weil man es darin noch einmal darlegen kann – haben wir am 23. Februar, einen Tag vor dem Angriff Russlands, als Koalition auf den Weg gebracht. Ich erinnere mal an die Punkte: Abschaffung der EEG-Umlage zum 1. Juli, die wir gleich beschließen werden, Erhöhung der Fernpendlerpauschale rückwirkend zum 1. Januar, Heizkostenzuschuss für Wohngeldempfänger, Azubis und Studierende, Einmalzahlungen für Bedürftige, Sofortzuschlag für von Armut betroffene Kinder, höhere Grundfreibeträge, Erhöhung der Werbungskostenpauschale, Erhöhung des Mindestlohns auf 12 Euro, Verlängerung des Kurzarbeitergeldes, steuerliche Erleichterungen für die Wirtschaft.

Dann das zweite Entlastungspaket, vom 24. März: Energiepauschale von 300 Euro, Einmalbonus von 100 Euro zusätzlich für jedes Kind, Einmalzahlungen von 100 Euro für Empfänger/-innen von Sozialleistungen zusätzlich zu den bereits im Februar beschlossenen 100 Euro, Absenkung der Energiesteuer auf Kraftstoffe, ÖPNV-Flatrate. – Das waren 15 konkrete Maßnahmen, die die Bürgerinnen und Bürger spürbar entlasten.

(Jens Spahn [CDU/CSU]: Zu wenig, zu spät!)

– Ja, es ist alles zu spät, Herr Spahn, wie Sie hier hereinrufen.

Wissen Sie, was zu spät ist? Das, was Sie die letzten 16 Jahre ausgebremst haben, war nämlich die Energiewende. Hätten wir vorher den Turbo bei der Energiewende, beim Ausbau der erneuerbaren Energien gezündet,

(Beatrix von Storch [AfD]: Hätten wir die Kernkraft heute noch! Hätten wir mehr Kohlekraft! – Nina Warken [CDU/CSU]: Wie entlasten Sie jetzt die Bürger? – Christian Görke [DIE LINKE]: Hätte, hätte, Fahrradkette!)

dann hätten wir heute deutlich preiswertere Energie, weil die erneuerbaren Energien heute deutlich preiswerter sind.

(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN und der FDP)

Deswegen: Das Argument „zu spät“ fällt doch auf Sie selber zurück, Herr Spahn. Sie haben nicht gehandelt; Sie haben hier gebremst und den Ausbau verhindert, meine sehr verehrten Damen und Herren.

(Nina Warken [CDU/CSU]: Was machen Sie jetzt?)

Ansonsten – wir haben das jetzt auch bei Herrn Pinkwart gerade gehört – war das ein bisschen Wahlkampf NRW; ist okay. Aber ich meine: Wenn nun die Landesregierung von NRW sozusagen beim Ranking von 16 Bundesländern sagt: „Es gibt aber ein Bundesland, das noch schlechter ist als NRW, und daran orientieren wir uns; das ist Baden-Württemberg“,

(Julia Klöckner [CDU/CSU]: Das hat er aber anders gesagt! – Weiterer Zuruf von der CDU/CSU: Zwei!)

finde ich das, ehrlich gesagt, ein bisschen wenig.

Ich hätte mir schon noch gewünscht, Herr Pinkwart, nachdem Sie hier auch Herrn Habeck gelobt haben – zu Recht, wie ich finde – und gefordert haben, dass man beim Osterpaket beim Ausbau der Windkraft noch einmal nachlegen muss, dass Sie vielleicht auch etwas zur Ankündigung, 1 000 Meter Abstand für Windkraftanlagen in NRW zu kassieren, gesagt hätten. Das habe ich leider vermisst, meine sehr verehrten Damen und Herren.

Sie haben gerade eben vereinfachte Planungsverfahren für die Transformation in Richtung Wasserstoff eingefordert. Da bin ich sofort bei Ihnen. Aber wenn wir von vereinfachten Planungsverfahren sprechen, dann möchten wir auch vereinfachte Planungsverfahren für den Ausbau von Windkraft, nicht nur in NRW, sondern in ganz Deutschland. Daran arbeiten wir mit dem Osterpaket. Dieses Land und die Menschen sind mit dieser Ampelkoalition gut versorgt.

(Lachen bei Abgeordneten der AfD – Zuruf von der AfD: Der war gut!)

Wir werden das erfolgreich umsetzen.

In diesem Sinne: Alles Gute, und Glück auf!

(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN und der FDP)

Vielen Dank, Herr Kollege Gremmels. – Wir sind alle in diesem Hause überrascht darüber, dass hier auch Wahlkampfreden gehalten werden. Das ist völlig ungewöhnlich.

(Heiterkeit bei Abgeordneten der SPD, der CDU/CSU, des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN und der FDP)

Nächste Rednerin ist die Kollegin Dr. Ingrid Nestle, Bündnis 90/Die Grünen.

(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der SPD und der FDP)


Daten
Quelle Deutscher Bundestag, Nutzungsbedingungen
Quellenangabe Deutscher Bundestag via Open Parliament TV
Abgerufen von http://dbtg.tv/fvid/7535660
Wahlperiode 20
Sitzung 31
Tagesordnungspunkt Aktuelle Stunde zu der von der Bundesregierung angekündigten Kehrtwende bei Energiepreisen
00:00
00:00
00:00
00:00
Keine
Automatisch erkannte Entitäten beta