Katrin StafflerCDU/CSU - Änderung des Bundesausbildungsförderungsgesetzes
Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Zu klein, zu wenig, zu kurz gegriffen, Reförmchen – das alles sind Bezeichnungen, die wir im Zusammenhang mit der Novelle, die heute hier vorliegt, gehört und gelesen haben. Dabei haben Sie dieses Vorhaben doch so unglaublich groß angekündigt. Sie wollten es so schnell wie möglich auf den Weg bringen.
(Ria Schröder [FDP]: Das ist doch schnell!)
Ich muss leider sagen: Der Effekt ist verpufft.
Liebe Kolleginnen und Kollegen, schnell zu arbeiten, nur damit man etwas vorweisen kann, bedeutet nicht immer, dass es auch gut wird,
(Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU – Ria Schröder [FDP]: Das ist schnell und gut!)
wobei man an der Stelle sagen muss: Über Geschwindigkeit kann man ja streiten angesichts der Tatsache, dass dies der erste Gesetzentwurf in dem Bereich ist und inzwischen schon fast ein halbes Jahr im Amt vergangen ist. Es wäre trotzdem vernünftig gewesen, Sie hätten noch mal innegehalten und hinterfragt, ob das, was Sie da geplant haben, wirklich Sinn macht oder ob man nicht doch noch mal darüber nachdenken muss.
(Maria Klein-Schmeink [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: So lange innehalten wie die Union?)
Aber bevor Sie jetzt hier alle rumschreien und sich angefasst fühlen, lassen Sie mich von vorne beginnen. Ich kann ja mit den positiven Dingen anfangen. Die Ministerin hat ja heute Geburtstag. Ich glaube, da darf man auch das eine oder andere Positive vorbringen.
Bildung ist der wichtigste Rohstoff für eine gute Zukunft. Das BAföG ist ein essenzieller Teil davon. Es trägt maßgeblich dazu bei, dass wir mehr Bildungsgerechtigkeit in unserem Land haben. Daher ist es richtig und gut, dass Sie die Reform des BAföG so frühzeitig auf die Agenda gesetzt haben und dieses Thema als Erstes anpacken.
Angesichts der Herausforderungen der letzten beiden Jahre und natürlich auch der aktuellen Situation, in der wir uns befinden, ist es von größter Wichtigkeit, dass wir den Studenten unter die Arme greifen und sie, so gut es irgendwie geht, unterstützen. Aber wenn man sich die Entlastungen genauer ansieht, die hier in letzter Zeit beschlossen worden sind, dann stehen die Studenten ehrlicherweise nicht besonders weit oben auf Ihrer Prioritätenliste, wenn sie da überhaupt zu finden sind.
(Oliver Kaczmarek [SPD]: Bitte?)
Auch in der jetzt vorliegenden BAföG-Novelle ist dazu nicht unbedingt Positives zu bemerken; denn wenn man die Novelle liest, liebe Kolleginnen und Kollegen, kommt einem bestenfalls eine Sache in den Sinn: Kontinuität.
Ich habe die Zahlen der Novellen gegenübergestellt. Und was soll ich sagen? Mit dieser Novelle setzen Sie im Endeffekt nichts anderes fort als das, was wir in der letzten Legislaturperiode begonnen haben.
(Beifall bei der CDU/CSU)
Sie haben es gerade beschrieben: Die digitale Antragstellung soll nun weiter ausgebaut werden genauso wie die Erlassmöglichkeiten bei Darlehensforderungen. Mit der 26. BAföG-Novelle, die wir 2019 beschlossen haben, waren wir aber, ehrlich gesagt, ein bisschen mutiger. Wir haben den Wohnzuschlag für Auswärtswohnende um 30 Prozent angehoben, den Kinderbetreuungszuschlag um 13 Prozent und die Altersgrenze auf 14 Jahre heraufgesetzt. Sie erhöhen den Wohnzuschlag jetzt noch mal um 10 Prozent und den Kinderbetreuungszuschlag um 5 Prozent,
(Maria Klein-Schmeink [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Wie lange haben Sie nicht erhöht?)
wenn man bei der derzeitigen Inflation überhaupt noch von einer Erhöhung sprechen kann. Ich wage das ehrlicherweise zu bezweifeln.
Liebe Kolleginnen und Kollegen, es soll ja an der Stelle kein Überbietungswettbewerb sein.
(Lachen bei Abgeordneten der SPD und des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)
Dafür ist das BAföG zu wichtig – auch wenn Sie darüber jetzt lachen mögen –; dafür ist es uns zu wichtig. Aber vielleicht hätte man sich mal in aller Ruhe hinsetzen und überlegen sollen, warum das BAföG immer weniger Menschen erreicht und welche Erhöhung der Beitragssätze angemessen gewesen wäre.
Sie argumentieren jetzt natürlich, dass Sie die aktuelle Lage nicht haben voraussehen können. – Geschenkt! Aber vielleicht hätten Sie dann besser die letzte Novelle evaluieren sollen, um zu sehen, wo wirklich der Schuh drückt. Dann hätten Sie wahrscheinlich gemerkt, dass viele Studierende auch deswegen kein BAföG beantragen, weil antragsberechtigte Personen teilweise schon am Antragsprozedere scheitern. Man hätte also mehr an dieser Stellschraube drehen können.
(Maria Klein-Schmeink [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Das hätten Sie ja angehen können!)
Ich möchte sogar sagen: Man hätte an dieser Stellschraube drehen müssen.
(Beifall bei der CDU/CSU – Maria Klein-Schmeink [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Ja, genau! Das hätte man schon lange Zeit machen können!)
Übrigens, liebe Kolleginnen und Kollegen, bei den von mir zu Beginn meiner Rede erwähnten Bezeichnungen für Ihre Novelle – Sie erinnern sich vielleicht: „zu klein, zu wenig, zu kurz gegriffen, Reförmchen“ – haben Sie ja ganz groß aufgeschrien, weil Sie gedacht haben, es sei das, was wir über Ihr Gesetz gesagt haben. Mitnichten! Diese Bezeichnungen kamen nicht von uns, sondern überwiegend aus den Reihen Ihrer eigenen Jugendverbände, einem Bündnis von Studierendenverbänden, darunter Jusos, Grüne Jugend, fzs, Juso-Hochschulgruppen, Campusgrün, GEW-Studis und IG Metall Jugend. Sie alle sind nämlich der Meinung, dass sich die Anpassung der Regelsätze immer noch nicht an dem wirklichen Bedarf von Studierenden orientiert. Ich glaube, es sollte Ihnen durchaus zu denken geben, wenn auch aus den eigenen Reihen so massiv Kritik kommt.
(Beifall bei der CDU/CSU)
Am Schluss möchte ich aber noch etwas Positives sagen. Am Ende sind wir uns doch alle einig: Das BAföG darf nicht so stehen bleiben. Wir brauchen eine Reform. Wir müssen gemeinsam daran arbeiten, dass das BAföG weiterhin den Bedürfnissen der Studierenden gerecht wird, statt hier solche halbgaren Novellen vorzulegen.
Noch einen Satz zum Schluss, liebe Kolleginnen und Kollegen. Ich hätte noch eine Bitte: Vergessen Sie bitte bei all Ihren Vorhaben die Studenten nicht, weder die, die BAföG beziehen,
(Zuruf vom BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN: Um die geht es doch!)
noch die, die kein BAföG beziehen. Sie alle haben in den beiden letzten Jahren enorm gelitten und trotzdem viel geleistet. Auch in der aktuellen Situation brauchen sie unsere Unterstützung, und wir dürfen ihnen diese Unterstützung nicht verwehren.
Besten Dank.
(Beifall bei der CDU/CSU)
Die Kollegin Dr. Lina Seitzl spricht jetzt für die SPD-Fraktion.
(Beifall bei der SPD)
Quelle | Deutscher Bundestag, Nutzungsbedingungen |
Quellenangabe | Deutscher Bundestag via Open Parliament TV |
Abgerufen von | http://dbtg.tv/fvid/7536038 |
Wahlperiode | 20 |
Sitzung | 34 |
Tagesordnungspunkt | Änderung des Bundesausbildungsförderungsgesetzes |