Ye-One RhieSPD - Änderung des Bundesausbildungsförderungsgesetzes
Sehr geehrter Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Und ganz besonders: Liebe Studierende! Vorab: Liebe Union, bevor Sie bei anderen Amnesie diagnostizieren wollen, sollten Sie Ihre heutigen Reden vielleicht einmal mit Ihrem Handeln der letzten 16 Jahre vergleichen. Aber gut!
(Beifall bei der SPD, dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und der FDP)
Bildung darf nicht vom Geldbeutel der Eltern abhängen. Diesen Spruch haben wir alle schon sehr oft gehört. Er gehört zu den Leitzielen der Juso-Hochschulgruppen, und er taucht gerade zu Wahlkampfzeiten in fast allen Parteiprogrammen auf. Und egal wie „ausgelutscht“ diese Aussage vielleicht klingt: Sie ist heute so aktuell wie selten zuvor – heute, im Jahr 2022, mehr als 50 Jahre nach Einführung des BAföG.
Dabei steht das BAföG wie keine andere Maßnahme für das Versprechen, dass Aufstieg durch Bildung möglich ist. Es hat für den Studienerfolg vieler Menschen gesorgt, die ohne BAföG gar kein Studium angefangen hätten. Doch das BAföG ist in die Jahre gekommen. Es ist zu bürokratisch, zu aufwendig und zu ungerecht. Statt Erfolgsgeschichten schreibt das BAföG immer mehr Aussagen wie folgende: „Ich muss bei meinen Eltern wohnen. Ich kann es mir nicht leisten, an einen anderen Studienort zu ziehen.“ „ Meine Eltern verdienen zu viel für BAföG, sie sind aber nicht bereit, mein Studium zu bezahlen.“ Und: „Ich habe Angst, dass ich meine BAföG-Schulden nicht zurückzahlen kann.“
Das alles habe ich von Aachener Studierenden gehört, die ich vor einigen Wochen zu einer – entschuldigen Sie bitte den Ausdruck – Auskotz-Runde eingeladen hatte. Dass solche Runden überhaupt gebraucht werden, verdanken wir auch unserem ehemaligen Koalitionspartner und einer Bildungsministerin, die viel zu oft weggeschaut hat, wenn es um die Sorgen und Nöte von Studierenden ging, und der viel zu oft die Empathie gefehlt hat, diese überhaupt zu verstehen.
(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN und der FDP)
Die SPD hat von Anfang an gefordert, das BAföG zu öffnen, um die Studierenden wenigstens während der Pandemie zu entlasten. Sie, liebe Union, wollten stattdessen eine „Unterstützung“ durch noch mehr Studienkredite und eine noch höhere Verschuldung. Das zeigt, dass Sie gar keine Ahnung haben, wie es ist, sich schon im jungen Alter verschulden zu müssen, in einem Alter, wo es mehr Unsicherheiten als Gewissheiten gibt, wenn es um die eigene berufliche Zukunft geht.
(Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)
Und es zeigt, dass Sie keine Ahnung haben, wie es sich anfühlt, schon in den ersten Semestern wissen zu müssen,
(Gitta Connemann [CDU/CSU]: Doch!)
ob die Studienwahl wirklich die richtige war. Viel zu viele Studierende entscheiden sich genau deshalb dagegen, überhaupt einen BAföG-Antrag zu stellen. Auch die Quote der geförderten Studierenden – das haben wir gerade mehrfach gehört – nimmt immer weiter ab. Das werden wir ändern. Deshalb heben wir die Bedarfssätze beim BAföG an. Wir erhöhen die Grundfreibeträge beim Einkommen der Eltern. Wir steigern die Vermögensfreibeträge, und wir packen endlich auch den BAföG-Antrag an sich an. Wir machen ihn einfacher, wir machen ihn digital. Wir schaffen die riesigen Papierberge ab und entlasten damit nicht nur die Antragsteller/-innen, sondern auch die BAföG-Ämter.
(Zuruf der Abg. Gitta Connemann [CDU/CSU])
– Und weil Sie so laut schreien: Wenn Sie das alles schon getan haben, warum sagen dann die BAföG-Ämter immer noch, dass sie überlastet sind und es immer noch viel zu kompliziert ist, nicht nur bei der Antragstellung, sondern auch bei der Antragsbearbeitung?
(Beifall bei der SPD, dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und der FDP)
Und trotzdem: Auch nach dieser Novelle gibt es vieles, was das BAföG noch besser, noch einfacher und vor allem noch gerechter machen kann. Das wollen wir in dieser Legislatur auch tun.
Liebe Kolleginnen und Kollegen, wir wissen alle: In der Politik ist es wichtig, eine Lobby zu haben, und damit meine ich keine Maskendeals, keine Beraterverträge und keine Nebenverdienste,
(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN und der FDP)
sondern, dass die Interessen, Wünsche und Bedürfnisse aller Zielgruppen gesehen und berücksichtigt werden. Deshalb, liebe Studierende: Ich und die ganze SPD, die gesamte Ampel wollen und werden eure Lobby sein, wir wollen eure Stimme in diesem Parlament sein, wir wollen Politik für und mit euch machen, damit es weniger Studierende gibt, die sich überhaupt auskotzen wollen und auskotzen müssen.
Vielen Dank.
(Beifall bei der SPD, dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und der FDP)
Quelle | Deutscher Bundestag, Nutzungsbedingungen |
Quellenangabe | Deutscher Bundestag via Open Parliament TV |
Abgerufen von | http://dbtg.tv/fvid/7536052 |
Wahlperiode | 20 |
Sitzung | 34 |
Tagesordnungspunkt | Änderung des Bundesausbildungsförderungsgesetzes |