Andreas RimkusSPD - Änderung des Energiesicherungsgesetzes 1975
Frau Präsidentin! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Wir beschließen heute die wirklich dringend benötigte Überarbeitung des Energiesicherungsgesetzes von 1975, flankiert durch einige weitere Anpassungen im Energiewirtschaftsgesetz, in der Gassicherungsverordnung und im Gesetz gegen Wettbewerbsbeschränkungen.
Vorweg möchte ich allerdings meinen Kolleginnen und Kollegen ausdrücklich für die hervorragende Zusammenarbeit danken, insbesondere Dr. Ingrid Nestle von den Grünen und Michael Kruse von der FDP sowie meinen Mitberichterstattern in der eigenen Fraktion: Bengt Bergt und Markus Hümpfer.
(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten der FDP)
Darüber, dass wir dieses sehr wichtige und weitreichende Gesetz in so kurzer Zeit, nicht einmal in drei Wochen, zu einem so guten Ergebnis führen konnten,
(Dr. Götz Frömming [AfD]: Na ja!)
bin ich sehr froh. Noch viel fröhlicher werde ich sein, wenn wir im Rückblick feststellen dürfen, dass wir dieses Gesetz niemals zur Anwendung bringen mussten.
Ich arbeite eigentlich sehr ungern, sprichwörtlich, für die Tonne. Aber in diesem Fall ist die Vorsicht nicht nur die Mutter der Porzellankiste und besser als Nachsicht. Angesichts der leider sehr bedrohlichen Lage ist die Vorsicht gar Imperativ einer verantwortungsvollen und vorausschauenden Politik.
(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN und der FDP)
Der völkerrechtswidrige und verachtenswerte Angriff Russlands auf die Ukraine hat die Energiepreiskrise drastisch verschärft. Zugleich erleben wir, wie unklare Verflechtungen, Einfluss- und Rechtsverhältnisse in Teilen der kritischen Infrastruktur unsere Versorgungssicherheit aktiv bedrohen. Ein Szenario, in dem existenziell wichtige Elemente unserer Energieversorgung gegen uns eingesetzt werden, kann nicht mehr ausgeschlossen werden.
Liebe Kolleginnen, liebe Kollegen, wir setzen hier mit der Novellierung des Energiesicherungsgesetzes ein klares und wichtiges Signal: So nicht! Unsere Demokratie ist nicht nur streitbar, sie ist auch wehrhaft. Und so bringen wir das Energiesicherungsgesetz heute nicht nur auf den neuesten Stand und ergänzen es um einen bisher fehlenden Instrumentenkasten für den Energieträger Gas. Wir schaffen darüber hinaus neue Möglichkeiten, uns mittels Treuhandverwaltung oder als allerletzter Ausweg durch Enteignungen zur Wehr setzen zu können gegen Dritte, die versuchen, Teile unserer kritischen Infrastruktur gegen unser Gemeinwohl einzusetzen.
(Beifall bei Abgeordneten der SPD und der FDP)
Mit der Formulierungshilfe zur Novellierung des EnSiG, wie es abgekürzt heißt, hat die Bundesregierung in kürzester Zeit eine sehr gute Vorlage geliefert. Dafür gilt mein Dank dem Maschinenraum des BMWK und auch dem Minister Robert Habeck. Das Struck’sche Gesetz gilt allerdings auch hier; denn wir haben auf der Grundlage der Bundesregierung aufbauend im parlamentarischen Verfahren noch einige sehr wesentliche Verbesserungen und Ergänzungen erarbeitet, auf die ich noch kurz zu sprechen kommen möchte.
Zunächst erlauben Sie mir aber die kurze Bemerkung, dass es gut ist, dass wir für Maßnahmen des Bundeslastverteilers auf Basis dieses Gesetzes den Rechtsweg vor dem Oberlandesgericht Düsseldorf vorgesehen haben.
(Mark Helfrich [CDU/CSU]: Ja, das ist klar!)
Ich komme aus Düsseldorf und weiß: Da konzentriert sich geballte Kompetenz.
(Heiterkeit bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)
Das ist auch kein Wunder; denn ich bin ja meist in Berlin.
Darüber hinaus haben wir – jetzt kommen wir wieder zurück zur Ernsthaftigkeit – unter anderem die Frist für die Einführung neuer Definitionen von kritischen Komponenten und Funktionen im Energiesektor verkürzt. Wir kommen damit schneller als ursprünglich vorgesehen zu einer Erweiterung des KRITIS-Schutzschirms und verbessern unsere technische Souveränität.
Wir beschleunigen auch die Einführung der digitalen Plattform, welche im Falle der Notfallstufe die Grundlage für die Lastverteilung durch die BNetzA darstellt.
Im Bereich der Preisanpassungsrechte haben wir neue Schranken und Leitplanken für Preiserhöhungen eingeführt, um die Netzverbraucher im Falle des Falles vor Missbrauch zu schützen und Preisrückanpassungen herbeizuführen, nachdem die aktuelle Notlage beendet ist. An diesem Punkt ist es für mich als Sozialdemokrat von besonderer Wichtigkeit, eine zentrale Schlussfolgerung noch einmal ganz besonders herauszustellen. Die mit diesem Gesetz ausnahmsweise und vorübergehend eingeräumten Möglichkeiten für außerordentliche Preisanpassungen sind notwendig, um im Notfall kaskadenhafte Ausfälle der Energieversorgungsketten zu verhindern. Dies und nur dies ist die Funktion dieser Regelung.
(Beifall bei Abgeordneten der SPD und der Abg. Dr. Ingrid Nestle [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN])
Wenn wir diese Regelung zur Anwendung bringen müssen, befindet sich unsere Energieversorgung in einem absoluten Ausnahmezustand. Darin liegt zugleich das unvermeidbare Risiko unzumutbarer finanzieller Mehrbelastungen der Endkunden durch die besagten Preisanpassungsrechte. Das betrifft gleichermaßen private Haushalte, Gewerbe und Industrie. Falls es tatsächlich zu einer aktuellen Notlage kommen sollte, dann müssten die durchgereichten Preiserhöhungen abgefedert werden. Ich bin der festen Überzeugung, dass in einem solchen Krisenszenario schnelle, unbürokratische, zielgerichtete Maßnahmen durch die Bundesregierung ergriffen werden müssen, um das Ausmaß sozialer Härte und schwerwiegender Folgen zu mindern. So haben wir es im Entschließungsantrag auch zum Ausdruck gebracht.
Meine sehr verehrten Damen und Herren, ich wünsche den Bürgerinnen und Bürgern, Ihnen allen und mir selbst, dass wir nicht in die Situation kommen, den Instrumentenkasten ausschöpfen zu müssen. Wir sind allerdings für alle Fälle gerüstet.
Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit.
(Beifall bei der SPD, dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und der FDP)
Dr. Rainer Kraft hat das Wort für die AfD-Fraktion.
(Beifall bei der AfD)
Quelle | Deutscher Bundestag, Nutzungsbedingungen |
Quellenangabe | Deutscher Bundestag via Open Parliament TV |
Abgerufen von | http://dbtg.tv/fvid/7536155 |
Wahlperiode | 20 |
Sitzung | 34 |
Tagesordnungspunkt | Änderung des Energiesicherungsgesetzes 1975 |