18.05.2022 | Deutscher Bundestag / 20. WP / Sitzung 36 / Tagesordnungspunkt 3

Katrin Helling-PlahrFDP - Vereinbarte Debatte zum Thema Sterbehilfe

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Sehr geehrte Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Seit Jahren streite ich gemeinsam mit Dr. Petra Sitte, Helge Lindh, Dr. Till Steffen, Otto Fricke und vielen anderen für eine liberale Sterbehilferegelung für die Menschen in unserem Land. Seit Jahren erreichen mich tagtäglich Nachrichten von Menschen, die mir ihre Lebensumstände, ihre Schicksale schildern, die Schmerzen haben, die Angst haben.

Ich kann es gut verstehen, wenn man selbst bestimmen möchte, wann und wie das eigene Leben endet. Und ich kann gut verstehen, dass man emotional die Sicherheit haben möchte, gehen zu dürfen, wenn es für einen selbst so weit ist.

(Beifall bei Abgeordneten der FDP, der SPD, des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN und der LINKEN)

Den Menschen in ihren Bedürfnissen zur Seite zu stehen, ist meine Motivation. Ich streite für eine liberale Sterbehilferegelung, weil ich den Menschen die Sicherheit geben möchte, dass sie ihr im Grundgesetz verankertes Recht auf selbstbestimmtes Sterben ausüben können, wenn sie es für geboten halten.

Deshalb ist es für mich indiskutabel, eine neue Regelung der Sterbehilfe im Strafrecht überhaupt nur anzudenken. Ich finde, wir sollten denjenigen, die bereit sind, Menschen auf ihrem letzten Weg zu begleiten und ihnen zu helfen, mit Respekt begegnen, statt ihnen mit Strafen zu drohen.

(Beifall bei Abgeordneten der FDP, der SPD, des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN und der LINKEN)

Schaffen wir für die Menschen stattdessen mit einem liberalen Sterbehilfegesetz Rechtsklarheit, ohne uns noch einmal moralisch über sie zu erheben!

Das Bundesverfassungsgericht hat ganz klar gesagt: Einen gegen die Autonomie gerichteten Lebensschutz kann und darf es nicht geben. – Stehen wir Menschen, die über einen Suizid nachdenken, zur Seite, indem wir flächendeckend und bundesweit niederschwellige Beratungsmöglichkeiten schaffen! Etablieren wir echte Anlaufstellen, und bieten wir dort auch konkrete Hilfe, zum Beispiel auf dem Weg ins Pflegeheim, an!

(Beifall bei Abgeordneten der FDP, der SPD, des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN und der LINKEN)

Seien wir schließlich aber auch so ehrlich und eröffnen denjenigen, die sich entscheiden, gehen zu wollen, die Möglichkeit, nach Beratung und ärztlicher Verschreibung ein Medikament wie Natrium-Pentobarbital, das ja auch in der Schweiz Anwendung findet, zu erhalten. Denn: Ich finde, es gebietet die Menschlichkeit, Betroffene mit ihrem Recht auf selbstbestimmtes Sterben nicht mehr alleine zu lassen und sie nicht weiter auf risikoreichere Methoden oder gar auf Brutalsuizide zu verweisen. Aber: Lassen wir vertraute Ärzte über Verschreibungen entscheiden, nicht anonyme Behörden!

Liebe Kolleginnen und Kollegen, ich war bei der Entscheidung zu § 217 Strafgesetzbuch in Karlsruhe. Das Urteil, das das Bundesverfassungsgericht vor inzwischen gut zwei Jahren gesprochen hat, war unmissverständlich und ist wegweisend. Ich möchte uns alle aufrufen, das Urteil und seine Erwägungen zu achten. Das Recht auf selbstbestimmtes Sterben braucht ausreichend Raum. Es darf nicht noch einmal wegen zu hoher gesetzlicher Hürden faktisch leerlaufen. Das sind wir den Menschen in unserem Land schuldig.

Vielen Dank.

(Beifall bei Abgeordneten der FDP, der SPD, des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN und der LINKEN)

Das Wort hat der Abgeordnete Thomas Seitz aus der AfD-Fraktion.

(Beifall bei der AfD)


Daten
Quelle Deutscher Bundestag, Nutzungsbedingungen
Quellenangabe Deutscher Bundestag via Open Parliament TV
Abgerufen von http://dbtg.tv/fvid/7536420
Wahlperiode 20
Sitzung 36
Tagesordnungspunkt Vereinbarte Debatte zum Thema Sterbehilfe
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