Kai WhittakerCDU/CSU - Änderung des SGB II
Frau Präsidentin! Werte Kolleginnen und Kollegen! Sie schaffen heute mit diesem Gesetz die Hartz-IV-Sanktionen fast vollständig ab. Um das gleich zu Beginn dieser Debatte klipp und klar zu sagen: Damit beerdigen Sie ein für alle Mal das Prinzip „Fördern und Fordern“.
(Beifall bei der CDU/CSU – Beate Müller-Gemmeke [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Was für ein Quatsch!)
Wie wollen Sie erklären, dass ein Arbeitsuchender, der sich weigert, eine zumutbare Arbeit anzunehmen, von der Gesellschaft weiterhin bezahlt wird, während die Lidl-Kassiererin weiterhin arbeiten und Steuern zahlen muss?
(Beifall bei der CDU/CSU)
Und was sollen eigentlich die vielen Arbeitsuchenden denken, die sich an Recht und Gesetz halten? Nein, Herr Minister Heil, damit spielen wir nicht die gesellschaftlichen Gruppen in diesem Land gegeneinander aus.
(Jens Peick [SPD]: Doch! – Beate Müller-Gemmeke [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Doch! Genau das machen Sie gerade jeden Tag!)
Das sind ganz normale Fragen, die jeden interessieren, weil es hier um Gerechtigkeit geht.
(Beifall bei der CDU/CSU)
Sie legen mit diesem Gesetz die Axt an die Grundlage unseres Sozialstaats,
(Widerspruch bei Abgeordneten der SPD und des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN – Beate Müller-Gemmeke [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Gehen Ihnen die Themen aus, oder was?)
an das Solidaritätsprinzip. Solidarität heißt, dass man Hilfe bekommt, wenn man in Not ist und sie braucht. Aber es bedeutet auch, dass man die Pflicht hat, so schnell wie möglich alles zu tun, um dort wieder herauszukommen. Und diese Pflicht schaffen Sie heute ab.
(Beifall bei der CDU/CSU)
Dass Sie von der SPD und den Grünen dieses Gesetz gut finden,
(Kathrin Vogler [DIE LINKE]: Das ist völlig respekt- und würdefrei, was Sie da sagen!)
wundert mich nicht. Aber dass Sie von der FDP dafür die Hand reichen, das hätte ich wirklich nicht gedacht.
(Jens Teutrine [FDP]: Lesen Sie den Gesetzentwurf endlich! – Kathrin Vogler [DIE LINKE]: Woher kommt das C in Ihrem Namen? Von zynisch?)
Wenn die FDP in dieser Ampelkoalition noch nicht einmal als liberales Korrektiv taugt, dann frage ich mich: Wofür taugt die FDP überhaupt in dieser Koalition?
(Beifall bei der CDU/CSU – Marc Biadacz [CDU/CSU]: Genau! Für nichts!)
Mit diesem Gesetz hat der Anspruch „Leistung muss sich lohnen“ ausgedient.
(Lachen bei Abgeordneten der SPD)
Ab sofort gilt: Nichtleistung lohnt sich mehr. So zerstören Sie das Vertrauen in unseren Sozialstaat.
(Beifall bei der CDU/CSU – Maja Wallstein [SPD]: Was haben Sie denn für ein Menschenbild?)
Sie legen auch die Axt an die Grundlage unseres Rechtsstaats. Was wir hier machen, ist die Aufstellung von Regeln, und es ist immer auch geregelt, was passiert, wenn man sich nicht daran hält.
(Kathrin Vogler [DIE LINKE]: Versuchen Sie mal, zwei Monate von Hartz IV zu leben!)
Aber wenn es nach einem Regelverstoß keine Konsequenzen gibt, dann gibt es auch keinen Grund, sich an Gesetze zu halten.
(Dr. Wolfgang Strengmann-Kuhn [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Es geht um ein Grundrecht!)
Wie wollen Sie erklären, dass es für einen Arbeitnehmer zumutbar ist, ihn abzumahnen und ihm zu kündigen, wenn er nicht zur Arbeit kommt, es aber für einen Arbeitsuchenden Gängelei sein soll, wenn er sich beim Jobcenter melden muss?
(Beifall bei der CDU/CSU – Rasha Nasr [SPD]: Was ist das denn für ein Menschenbild?)
Sie treten das Gerechtigkeitsempfinden der übergroßen Mehrheit der Menschen in diesem Land mit Füßen.
(Angelika Glöckner [SPD]: Was haben Sie denn für ein Menschenbild?)
Und warum tun Sie das? Die Wahrheit ist: Es geht Ihnen nicht um die arbeitsuchenden Menschen in diesem Land,
(Beate Müller-Gemmeke [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Ach so! Das wissen Sie, oder was?)
sondern um sich in der SPD und den Grünen.
(Beate Müller-Gemmeke [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Geht’s mal eine Nummer kleiner?)
Sie wollen Ihr Trauma der Hartz-Reformen ein für alle Mal hinter sich lassen. Werte Kolleginnen und Kollegen von der SPD, Sie haben da was missverstanden: Sie sollen sich von Gerhard Schröder trennen, nicht von seinen Arbeitsmarktreformen.
(Beifall bei der CDU/CSU – Widerspruch bei Abgeordneten der SPD)
Sie sind ja nicht einmal mehr bereit, auf Ihren Genossen und Chef der Bundesagentur für Arbeit, Detlef Scheele, zu hören. Er hat bei der Anhörung ausdrücklich gesagt, dass es Sanktionen braucht, weil man nur so mit den schweren Fällen in Kontakt bleiben kann.
Ich sage für die Union: Langzeitarbeitslose Menschen befinden sich in einer schwierigen Lage mit teils fürchterlichen Schicksalsschlägen.
(Beate Müller-Gemmeke [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Was euch egal ist!)
Diesen Menschen zu helfen, ist unser aller Verantwortung. Aber Sie helfen diesen Menschen nicht, indem Sie die Sanktionen abschaffen; kein einziger findet dadurch einen neuen Job. Sie müssen sich aktiv um die Leute kümmern.
(Beate Müller-Gemmeke [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Und Sie wollen helfen mit Sanktionen! Das ist doch absurd! Helfen mit Sanktionen!)
Sie müssen mehr tun beim Coaching. Sie müssen mehr tun bei der kommunalen Sozialhilfeberatung. Sie müssen mehr tun beim Thema Weiterbildung. Nichts davon machen Sie mit diesem Gesetz.
(Angelika Glöckner [SPD]: Dann lesen Sie mal unseren Koalitionsvertrag!)
Stattdessen machen Sie ein Gesetz für eine winzige Minderheit, die sich nicht an Gesetze halten will, und kümmern sich nicht um die riesengroße Mehrheit, die dringend auf bessere Hilfe wartet. Wir werden diesem Gesetz nicht zustimmen.
Herzlichen Dank.
(Beifall bei der CDU/CSU)
Frank Bsirske, Bündnis 90/Die Grünen, ist der nächste Redner.
(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei der SPD sowie bei Abgeordneten der FDP)
Quelle | Deutscher Bundestag, Nutzungsbedingungen |
Quellenangabe | Deutscher Bundestag via Open Parliament TV |
Abgerufen von | http://dbtg.tv/fvid/7536607 |
Wahlperiode | 20 |
Sitzung | 37 |
Tagesordnungspunkt | Änderung des SGB II |