Friedrich MerzCDU/CSU - Bundeskanzler und Bundeskanzleramt, Unabhängiger Kontrollrat
Frau Präsidentin! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Am vergangenen Sonntagabend konnten wir uns mit den Koalitionsfraktionen auf die Einzelheiten einer Grundgesetzänderung zur Errichtung eines Sondervermögens verständigen, mit dem die Ansätze für die Ausrüstung und die Aufrüstung der Bundeswehr mit zusätzlich 100 Milliarden Euro ausgestattet werden. Dieser Sonntag war und ist zuallererst ein guter Tag für die Bündnis- und Verteidigungsfähigkeit unseres Landes, und er ist ein guter Tag für die Bundeswehr.
(Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der SPD, des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN und der FDP – Stephan Brandner [AfD]: Nach 16 schlechten Jahren für die Bundeswehr!)
Ich will an dieser Stelle herzlich danksagen denjenigen, die auf unserer Seite, auf Seite der CDU/CSU-Bundestagsfraktion, die Gespräche mit den Koalitionsfraktionen geführt haben: unseren Kollegen Alexander Dobrindt, Mathias Middelberg, Jo Wadephul und Florian Hahn. Herzlichen Dank dafür, dass Sie die Verhandlungen zielorientiert und konstruktiv in unser aller Namen geführt haben!
(Beifall bei der CDU/CSU)
Ich will ebenfalls danksagen den Koalitionsfraktionen, dass sie bereit waren, unseren Wünschen vollumfänglich zu folgen, was die Ausgestaltung dieses Sondervermögens – –
(Lachen bei Abgeordneten der FDP und des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN – Saskia Esken [SPD]: Frechheit!)
– Sie sind unseren Wünschen vollumfänglich nachgekommen. Ich will das noch mal kurz referieren:
Die 100 Milliarden Euro werden nur für die Bundeswehr zur Verfügung gestellt.
(Dr. Alice Weidel [AfD]: Die Anträge liegen doch noch gar nicht vor! Das haben Sie doch gar nicht hingekriegt!)
Es wird einen Wirtschaftsplan geben, in dem alle Vorhaben aufgelistet werden.
(Stephan Brandner [AfD]: Was für ein Wirtschaftsplan denn? Wir hatten gerade Sondersitzung Rechtsausschuss, und da lag nichts vor!)
Die Bundeswehr wird erstmalig in ihrer Geschichte ein Finanzierungsgesetz bekommen, in dem klargestellt wird, dass Deutschland auch nach der Erschöpfung dieser 100 Milliarden Euro alle Verpflichtungen gegenüber der NATO in Zukunft einhalten wird, und das können auch mehr als 2 Prozent des Bruttoinlandsproduktes sein, meine Damen und Herren. Und das ist ein guter Vorschlag gewesen, der übrigens gar nicht zuerst von uns vorgetragen wurde.
(Beifall bei der CDU/CSU)
Es wird darüber hinaus bis zur Sommerpause – Herr Bundeskanzler, da sehen wir Sie in der Pflicht, das wirklich auch einzuhalten, was Ihre Verhandlungsführer zugesagt haben – einen Vorschlag zur Reform des Beschaffungswesens geben. Das sehen wir als notwendig und als dringlich an.
Es wird schließlich eine Beteiligung des Haushaltsausschusses mit einem Unterausschuss an der einzelnen Finanzierung geben.
(Zuruf des Abg. Otto Fricke [FDP])
Und es wird abschließend, Herr Bundesfinanzminister, einen Tilgungsplan geben, den Sie ebenfalls zugesagt haben.
Besser hätten wir es gemeinsam nicht zu einem Abschluss bringen können. Herzlichen Dank noch mal auch an Ihre Adresse, meine Damen und Herren aus der Koalition!
(Beifall bei der CDU/CSU)
Nun hätten wir uns gewünscht, dass auch im Hinblick auf die unmittelbare Herausforderung, vor der wir in diesen Tagen und Wochen stehen, nämlich der Eindämmung des Krieges in der Ukraine, ähnlich klare und eindeutige politische Entscheidungen in Deutschland getroffen worden wären. Wir hätten uns vor allem gewünscht, meine Damen und Herren, dass die Bundesregierung dem Wunsch und dem Auftrag des Deutschen Bundestages nachgekommen wäre, den wir – wenn auch in Ihrer Abwesenheit, Herr Bundeskanzler – am 28. April ebenfalls in großer Übereinstimmung hier im Deutschen Bundestag in einem Entschließungsantrag formuliert haben. Wir haben – zur Erinnerung – unter anderem beschlossen, neben der humanitären und finanziellen Hilfe der Ukraine auch schwere Waffen zu liefern, damit dieses Land sich gegen die russische Aggression ausreichend und erfolgreich verteidigen kann.
(Beifall bei der CDU/CSU)
So haben wir es hier gemeinsam beschlossen, Herr Bundeskanzler.
Nun muss ich feststellen: Mehr als einen Monat nach dieser gemeinsamen Entschließung im Deutschen Bundestag sind der Ukraine bis zum heutigen Tag die zugesagten Waffen nicht geliefert worden – mehr als einen Monat! Stattdessen werden von Mitgliedern Ihrer Bundesregierung, Herr Bundeskanzler, und aus Ihrer Partei heraus ständig irgendwelche Behauptungen aufgestellt, die schlicht und einfach falsch sind.
So wird von einer Parlamentarischen Staatssekretärin aus dem Bundesverteidigungsministerium behauptet, es gebe da eine NATO-Vereinbarung, dass es keine schweren Waffen für die Ukraine gebe.
Ihre Parteivorsitzende, Herr Bundeskanzler, sagt, auch andere Länder würden keine schweren Waffen liefern; das sei zwar keine formale Vereinbarung, aber es gebe so eine Art informelle Vereinbarung, dass diese Waffen nicht geliefert werden.
(Saskia Esken [SPD]: Habe ich nicht gesagt! „Keine Kampf- und Schützenpanzer“, habe ich gesagt! Sie müssen zuhören!)
Und Sie, Herr Bundeskanzler, reden in letzter Zeit etwas mehr als sonst. Aber Sie sagen unverändert nichts.
(Beifall bei der CDU/CSU)
Was ist eigentlich Ihre Meinung zu dem, was da aus dieser Koalition kommt?
Hört man sich um unter den Staats- und Regierungschefs, den Abgeordneten in der Europäischen Union, dann kann ich feststellen: Über die Haltung der Bundesregierung gibt es mittlerweile nur noch Verstimmungen – vorsichtig formuliert.
(Achim Post [Minden] [SPD]: Gerade in der CDU!)
Es gibt Enttäuschungen über die unklare Rolle Deutschlands. Und es gibt richtig Verärgerung über Sie und Ihre Regierung. Nicht nur wir, die Opposition, sondern Abgeordnete aus Ihren Reihen, Herr Bundeskanzler, machen ihrem Ärger und ihrem Unmut über das, was hier in den letzten Tagen und Wochen geschieht, immer lauter Luft – bis hin zu der Wortmeldung einer Europaabgeordneten, der Kollegin Viola von Cramon von den Grünen, die in der letzten Woche gesagt hat, Sie brüsteten sich damit, was man bereits für die Ukraine schon alles geleistet habe; Sie würden dabei auf Absprachen verweisen mit vermeintlichen Partnern, die es überhaupt nicht gebe; ohne die Hilfe der USA wäre die Ukraine längst von Russland überrollt worden. Abschließendes Zitat: Für Deutschland bleibt jetzt nur noch Verachtung übrig. – Ja, das ist nicht aus unseren Reihen, Herr Bundeskanzler. Das kommt aus Ihren Reihen, aus den Reihen Ihrer Koalition.
(Beifall bei der CDU/CSU)
Und am Montag dieser Woche titelt die „FAZ“: „Scholz ruiniert das Ansehen der deutschen Politik“. Wörtliches Zitat im Text:
Olaf Scholz hat immer wieder auf seinen Amtseid hingewiesen, Schaden vom deutschen Volk abzuwenden.
(Saskia Esken [SPD]: Was sind wir froh, dass er ihn geleistet hat!)
Der Schaden, den er gerade nicht abwendet, liegt im Ansehensverlust der deutschen Politik. Reflexion und Vorsicht
– so schreibt einer der Herausgeber der „FAZ“ -
gelten nicht ohne Grund als Tugenden. Sie als Fassade für Zaudern zu verwenden, ist unredlich.
„Unredlich“, Herr Bundeskanzler!
(Beifall bei der CDU/CSU)
„Unredlich“, so eine Auszeichnung durch eine große deutsche Tageszeitung muss man sich erst mal verdienen.
(Zuruf des Abg. Sven-Christian Kindler [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN])
„Unredlich“ steht synonym für „böswillig verschweigend“, „unaufrichtig“, „unehrlich“.
Was verschweigen Sie uns eigentlich, Herr Bundeskanzler? Sie telefonieren 80 Minuten mit dem russischen Staatspräsidenten. Morgen kommt der Parlamentspräsident der Ukraine nach Deutschland, nach Berlin, und Sie verweigern ihm bis zu dieser Minute einen Gesprächstermin morgen.
(Zurufe von der CDU/CSU: Peinlich! – Unglaublich!)
Herr Bundeskanzler, was ist da eigentlich los in Ihrer Regierung? Ich kann begrenzt verstehen, dass Sie nicht nach Kiew reisen wollen. Aber wenn der Parlamentspräsident, der zweithöchste Repräsentant der Ukraine, morgen in Berlin ist, warum geben Sie dem Parlamentspräsidenten der Ukraine keinen Gesprächstermin? Was ist da los in Ihrer Regierung?
(Beifall bei der CDU/CSU)
Und was heißt das, wenn Sie sagen: „Russland darf diesen Krieg nicht gewinnen“? Was heißt das, wenn Sie sagen: „Die Ukraine muss fortbestehen“? Warum sagen Sie nicht einfach und ganz klar: „Die Ukraine muss diesen Krieg gewinnen“?
(Beifall bei der CDU/CSU – Saskia Esken [SPD]: Weil sie ihn nicht angefangen hat!)
Und warum sagen Sie nicht ganz klar: „Russland muss zumindest hinter die Kontaktlinie vom 24. Februar 2022 zurückgedrängt werden“,
(Beifall bei der CDU/CSU)
so wie es viele andere Staats- und Regierungschefs auf der Welt und in Europa sagen?
Es ist auch nicht meine oder unsere Frage allein: Gibt es da mittlerweile eine zweite Agenda? Warum widerspricht aus Ihren Reihen, aus den Reihen der SPD niemand Ihrem Vorgänger im Amt des Ersten Bürgermeisters der Freien und Hansestadt Hamburg, Klaus von Dohnanyi, der in diesen Tagen hier in Berlin von einer Talkshow in die andere geht, Russland in Schutz nimmt, Putin verteidigt und fast ausschließlich den Vereinigten Staaten von Amerika die Schuld an diesem Krieg zuweist?
(Stephan Brandner [AfD]: Altersweisheit! – Zurufe von der SPD)
Herr Bundeskanzler, was machen Sie da? Und warum stellen Sie nicht klar, was Sie für eine Meinung zu diesem Thema haben?
(Beifall bei der CDU/CSU)
Sie haben am 27. Februar von dieser Stelle aus eine vielbeachtete Regierungserklärung abgegeben. Sie haben hier im Deutschen Bundestag sehr viel Zustimmung bekommen, stehenden Applaus auch von meiner Fraktion
(Stephan Brandner [AfD]: Von uns nicht!)
– ja, das haben wir wohl zur Kenntnis genommen –,
(Stephan Brandner [AfD]: Das war auch gut so!)
aber, meine Damen und Herren, Sie bleiben hinter den selbstgestellten Ansprüchen dieses 27. Februar mittlerweile Tag für Tag immer weiter zurück.
(Beifall bei der CDU/CSU)
Sie haben an diesem Tag Klartext gesprochen. Sie haben an diesem Tag gesagt, wie Sie die Lage sehen. Seitdem verdampft und verdunstet alles, was Sie da gesagt haben, im Unklaren, im Ungefähren, und es wird keine konkrete Entscheidung hier getroffen und hier begründet, die an dieses Niveau, an diesen Level anschließt, den Sie am 27. Februar 2022 hier selbst gesetzt haben.
(Beifall bei der CDU/CSU – Widerspruch bei Abgeordneten der SPD – Saskia Esken [SPD]: Armselig, Herr Merz!)
Ich will einen zweiten Aspekt hinzufügen – wir sind ja nicht allein auf dieser Welt –:
(Zurufe von der SPD: Ach!)
Warum gibt es eigentlich von Ihrer Regierung, Herr Bundeskanzler, auch von Ihnen persönlich keine einzige europäische Initiative, zum Beispiel zusammen mit dem französischen Staatspräsidenten, wie man in einer solchen historischen Situation jetzt Europa voranbringt und mit anderen Mitgliedstaaten zusammen auch in der europäischen Politik klar zeigt, in welche Richtung jetzt Europa entwickelt werden soll und welche Chancen Europa auch in diesem Konflikt für die eigene bessere Integration in der Außen-, Sicherheits- und Verteidigungspolitik sieht?
Ich will es mal so sagen: Haben Sie eigentlich außer der formalen Rhetorik irgendeinen Vorschlag, wie sich Europa in dieser historischen Phase des Umbruchs aufstellen und dauerhaft auch verteidigen kann? Gibt es irgendeinen Vorschlag aus Ihrer Regierung, Herr Bundeskanzler?
(Beifall bei der CDU/CSU)
Bringen Sie wenigstens Teile des Geldes, das wir jetzt in diesem Sondervermögen bereitstellen wollen, in eine europäische Sicherheitsarchitektur ein, die es uns erlaubt, Schritt für Schritt hin zu einer europäischen Außen-, Sicherheits- und Verteidigungspolitik zu kommen.
In diesem Zusammenhang: Wie wird eigentlich die Bundesregierung, wie werden Sie, Herr Bundeskanzler, votieren, wenn in wenigen Tagen der nächste Europäische Rat stattfindet und auf der Tagesordnung die Frage steht, ob der Ukraine, ob Moldau und ob den Westbalkanstaaten der Kandidatenstatus für den Beitritt zur Europäischen Union gegeben wird? Herr Bundeskanzler, Sie können es doch nicht der EU-Kommission überlassen, das irgendwie formal vorzubereiten.
(Zuruf von der SPD)
Das ist doch eine zutiefst politische Entscheidung, in der auch Führung erwartet wird, in der Klarheit erwartet wird, in der eine Meinung erwartet wird.
(Beifall bei der CDU/CSU)
Herr Bundeskanzler, wenn Sie es offenlassen, wenn die größte Nation der Europäischen Union in dieser Frage unklar bleibt und keine klare Antwort gibt, dann bleibt es in ganz Europa unklar, dann wird es in ganz Europa keine Antwort geben.
(Stephan Brandner [AfD]: Warum das denn? Alle folgen Scholz, oder was?)
Also: Bitte sagen Sie, was Sie von dieser Frage halten und wie Sie das sehen, ob die Westbalkanstaaten, Moldau und die Ukraine den Kandidatenstatus bekommen sollen oder nicht!
(Zuruf von der SPD: Wie sehen Sie es denn?)
Oder setzen Sie das fort, was Sie mit Ihrer Politik als Finanzminister schon in den letzten Jahren Ihrer Regierung getan haben, nämlich praktisch jedes Problem einfach nur mit neuem Geld zuzuschütten und ansonsten politischen Entscheidungen aus dem Wege zu gehen?
(Stephan Brandner [AfD]: Das war doch Ihre Regierung, Herr Merz! Nicht seine! – Saskia Esken [SPD]: Haben Sie gerade über Merkel gesprochen? – Otto Fricke [FDP]: Das war das, was die CDU mitgemacht hat!)
Meine Damen und Herren, ich will das in Zusammenhang mit dem Bundeshaushalt 2022 stellen: Sind Ihnen eigentlich die Risiken bewusst, mit denen Sie diesen Bundeshaushalt in dieser Woche hier verabschieden wollen, und zwar ganz unabhängig von den neuen Schulden, die jetzt mit diesem Sondervermögen gemacht werden? Es könnte doch sein, Herr Bundeskanzler, dass Sie in wenigen Wochen 60 Milliarden Euro für den Klima- und Energiefonds gar nicht zur Verfügung haben, weil Ihnen das Bundesverfassungsgericht nicht erlaubt, diese Mittel aus den Coronahilfen zweckzuentfremden
(Zuruf vom BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN: Sie wollten doch damit gegenfinanzieren! Peinlich!)
für Entscheidungen Ihrer Regierung, die eigentlich aus dem normalen Haushalt finanziert werden müssten.
(Beifall bei der CDU/CSU – Zurufe von der FDP)
Es könnte sein, dass Sie Jahr für Jahr 10 Milliarden Euro zurückzahlen müssen an diejenigen, die Einkommensteuer und Körperschaftsteuer zahlen, weil es an Ihnen gescheitert ist, den Solidaritätszuschlag in der letzten Wahlperiode vollständig abzuschaffen. Das ist ein jährliches Risiko von 10 Milliarden Euro.
(Beifall bei der CDU/CSU – Zurufe von der SPD)
Und in dem Zusammenhang: Wenn Sie sich damals nicht aus ideologischen Gründen geweigert hätten, den Soli ganz abzuschaffen,
(Saskia Esken [SPD]: Davon sind die Leute betroffen, die unter der Inflation leiden!)
hätten Sie heute mit diesem Instrument, das Sie selbst diskreditiert haben, ein Instrument zur Verfügung, mit dem wir wahrscheinlich die neuen Schulden für das „Sondervermögen Bundeswehr“ gar nicht hätten aufnehmen müssen.
(Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU)
Sie hätten uns nämlich den Vorschlag machen können, Herr Bundeskanzler, dass wir einen solchen Solidaritätszuschlag erheben auf die Einkommensteuer und auf die Körperschaftsteuer für die Bundeswehr. Dann wäre das von heutigen Generationen gezahlt worden – das ist eigentlich Aufgabe der heutigen Generation – und müsste nicht von der jungen Generation in einigen Jahren und Jahrzehnten mühsam abgezahlt werden.
(Beifall bei der CDU/CSU)
Und in dem Zusammenhang: Was sagen Sie eigentlich der jungen Generation?
(Zurufe von der SPD und der FDP)
– Dass dabei Unruhe bei Ihnen aufkommt, das kann ich wirklich gut verstehen, meine Damen und Herren.
(Beifall bei der CDU/CSU – Christian Dürr [FDP]: Sehr bemerkenswert, Herr Merz, dass Sie Steuererhöhungen machen wollen!)
Bei dem Wort „Soli“ glänzen ja Ihre Augen, das hätten Sie gerne. Aber Sie können ihn nicht einführen, weil Sie dieses Instrument einfach mutwillig zerstört haben.
(Saskia Esken [SPD]: Merkel hat den Soli abgeschafft! Eine Generalabrechnung mit der Regierung Merkel! – Weitere Zurufe von der SPD und der FDP)
Was sagen Sie eigentlich, Herr Bundeskanzler, der jungen Generation, dass Sie es auch mit diesem Bundeshaushalt erneut versäumen, eine Reform der Rentenversicherung vorzulegen?
(Zurufe von der SPD und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)
Also eine Reform der Rentenversicherung, die einerseits den Bundeszuschuss begrenzt und andererseits der jungen Generation eine sichere Altersversorgung ermöglicht? Auch hier eine Zahl.
(Zurufe von der SPD)
– Ich kann das gut verstehen, dass es nicht nur im Plenum, sondern auch auf der Regierungsbank gehörige Unruhe gibt.
(Christian Dürr [FDP]: Ich hätte mit vielem heute Morgen gerechnet, Herr Merz! Aber dass Sie einen Soli vorschlagen!)
Sie müssen mehr als 100 Milliarden Euro pro Jahr an Zuschuss in die Rentenversicherung zahlen. Es gibt bis heute keinen Vorschlag aus Ihrer Koalition, diese Rentenversicherung zu reformieren.
(Zurufe von der SPD)
Der letzte Reformvorschlag ist an Ihnen von der SPD gescheitert und an Ihnen, Herr Bundeskanzler, in der letzten Koalition.
(Beifall bei der CDU/CSU)
Wir hätten hier längst eine Reform machen müssen. Sie ist an Ihnen gescheitert. Sie haben Ihre Zustimmung verweigert zu jedem Reformvorschlag, der gemacht worden ist.
So bleibt heute festzustellen: Das Wort „Zeitenwende“, das Sie am 27. Februar 2022 geprägt und verwendet haben, bleibt, außer dass neue Schulden für dieses Sondervermögen gemacht werden, mehr oder weniger beziehungslos im Raum stehen.
(Andrea Lindholz [CDU/CSU]: So ist es!)
Es gibt nichts außer neuen Schulden, was Sie mit dem Wort „Zeitenwende“ ernsthaft verbinden.
(Beifall bei der CDU/CSU)
Alles andere soll so schön bleiben, wie Sie es in Ihrem Koalitionsvertrag, der mittlerweile nur noch ins Archiv gehört, verabredet haben. Im Gegenteil: Aus Ihren Reihen kommen fast im Wochenrhythmus neue Vorschläge, wie man zusätzliches Geld ausgibt. Der jüngste Vorschlag Ihres Sozialministers: ein soziales Klimageld für Einkommen bis 8 000 Euro im Monat.
(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)
– Meine Damen und Herren, schauen Sie sich mal die Reihen dieser Koalition an und welche Reaktionen das Wort „soziales Klimageld“ hier im Hause auslöst. Es ist schon ganz interessant, das hier zu beobachten.
(Heiterkeit und Beifall bei der CDU/CSU)
Vielleicht kriegen Sie noch ein bisschen Beifall von der Linkspartei; aber ansonsten kriegen Sie überhaupt keinen Beifall mehr für dieses Thema.
(Saskia Esken [SPD]: Wie peinlich! Das ist peinlich, Herr Merz!)
Sie machen solche Vorschläge ohne jede Gegenfinanzierung und planen einfach zusätzliche neue Schulden. Das ist die Botschaft dieser Regierung.
(Zuruf von der SPD: Sie machen gar keine Vorschläge!)
Herr Bundeskanzler, ich möchte Ihnen zum Abschluss meiner Rede einen Vorschlag machen. Sie haben heute Morgen vermutlich ein vorformuliertes, ausformuliertes Redemanuskript des Bundeskanzleramtes mitgebracht.
(Aydan Özoğuz [SPD]: Sie haben jedenfalls keine gute Rede gehalten!)
Legen Sie dieses doch mal auf die Seite, und beantworten Sie bitte, wenn es Ihnen möglich ist, drei sehr konkrete Fragen.
Die erste Frage ist: Welche Waffen liefert die Bundesrepublik Deutschland wirklich an die Ukraine? Welche Waffen wollen Sie liefern? Was ist Ihre präzise Antwort auf diese Frage?
(Beifall bei der CDU/CSU)
Zweitens. Herr Bundeskanzler, wie werden Sie im Europäischen Rat abstimmen, wenn die Frage beantwortet werden muss: Gibt es für die Ukraine und andere Staaten den Kandidatenstatus für einen Beitritt zur Europäischen Union?
(Beifall bei der CDU/CSU)
Dritte Frage – auch diese bitte ich Sie heute Morgen abweichend vom vorgetragenen, vorgelesenen Redemanuskript hier zu beantworten –:
(Zuruf von der SPD: Unverschämtheit!)
Welche Vorschläge machen Sie zur Reform der Deutschen Rentenversicherung, damit die junge Generation in diesem Land die Perspektive einer gesicherten Altersversorgung hat?
(Beifall bei der CDU/CSU – Zurufe von der SPD)
Ich finde, Deutschland hat Anspruch darauf, in einer Debatte über den Etat des Bundeskanzlers diese Fragen beantwortet zu bekommen.
Herzlichen Dank.
(Anhaltender Beifall bei der CDU/CSU)
Als Nächstes spricht nun für die Bundesregierung der Bundeskanzler Olaf Scholz.
(Beifall bei der SPD, dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und der FDP)
Quelle | Deutscher Bundestag, Nutzungsbedingungen |
Quellenangabe | Deutscher Bundestag via Open Parliament TV |
Abgerufen von | http://dbtg.tv/fvid/7536979 |
Wahlperiode | 20 |
Sitzung | 40 |
Tagesordnungspunkt | Bundeskanzler und Bundeskanzleramt, Unabhängiger Kontrollrat |