Thomas JarzombekCDU/CSU - Bildung und Forschung
Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Ich möchte heute drei Punkte herausstellen, die ich in dieser Debatte bemerkenswert finde. Der erste ist – wir haben darüber schon in der ersten Debatte geredet, Frau Ministerin –: Nach 16 Jahren Union, in denen dieser Haushalt für Bildung und Forschung sich fast verdreifacht hat auf fast 22 Milliarden Euro, sind Sie die Erste, die mit einer Delle nach Hause geht. Wir sehen diese Delle nicht nur in diesem Jahr, sondern auch noch im nächsten Jahr, und es wird bis 2025 dauern, bis es einen Anstieg gibt, und das bei der Inflationsrate, die wir im Augenblick sehen. Sie reduzieren die Mittel für Bildung und Forschung.
(Beifall bei der CDU/CSU)
Ich kenne das Argument: Jetzt entfallen ja die Coronamittel. Ich kann Ihnen nur sagen: Wenn das Ihr Ernst ist, machen Sie einen großen Fehler. Das deutsche Nationale MINT-Forum hat erhoben, dass bei den Kindern in der Grundschule durch den Unterrichtsausfall durch Corona bis zu einem gesamten Unterrichtsjahr bis zum Abschluss der Schule entfallen wird. Ein ganzes Schuljahr!
(Nicole Höchst [AfD]: Richtig! Richtig!)
Wenn es einen Zeitpunkt gibt, wegen Corona in Bildung zu investieren, dann ist der jetzt. Wenn Sie diese Mittel streichen, ist das eine Sünde an unseren Kindern.
(Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der AfD – Christoph Meyer [FDP], an die CDU/CSU gewandt: Ihr habt doch die Pandemiepolitik gemacht!)
Frau Ministerin, Sie haben im Übrigen auch noch Probleme, die über Ihren eigenen Haushalt hinausgehen. Die Probleme heißen ZIM und IPCEI. Bei ZIM – darüber haben wir schon gesprochen; das ist das Zentrale Innovationsprogramm Mittelstand; es hat vor allen Dingen eine Hebelwirkung durch die privaten Mittel –
(Zuruf der Abg. Dr. Anna Christmann [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN])
werden wir bis zu einem Jahr Ausfall haben, weil Ihre Kolleginnen und Kollegen im BMWK so hasenfüßig waren und gesagt haben: Wir geben da kein Geld aus, bevor dieser Haushalt beschlossen wird.
(Beifall bei der CDU/CSU – Patrick Schnieder [CDU/CSU]: Skandalös! Skandalös!)
Sie haben sich nicht dagegen gewehrt.
Das Zweite ist das Thema „Gesundheit und Bioökonomie“. Kollegin Stahr hat vorhin gesagt: Wir haben Impfstoffe erfunden. – Alle diese Unternehmen werden jetzt abwandern. Denn: Gemeinsam mit anderen Ländern haben wir IPCEI Health geplant. Eine halbe Milliarde Euro ist das, was Deutschland dafür eingeplant hat. 16 Länder machen da jetzt mit, nur Sie nicht, weil zwischen Lindner und Habeck ein Streit über die Frage entbrannt ist, wer jetzt schuld ist und wer nicht. Das Ende vom Lied ist: Jetzt wird gezeichnet. Dinge wie CRISPR/Cas9 sind hier entwickelt worden. Frau Charpentier als Nobelpreisträgerin ist die Chefin hier beim Max-Planck-Institut in Berlin. Die werden alle nach Frankreich gehen, weil sie da die Fördermittel bekommen, weil hier diese halbe Milliarde fehlt. Ich finde, das ist ein Desaster.
(Beifall bei der CDU/CSU – Patrick Schnieder [CDU/CSU]: Das ist ein Desaster!)
Dann haben Sie zwei Dinge versprochen. Das erste ist „Startchancen“. Das Startchancen-Programm ist nicht da. Was ist stattdessen da? Die Bereinigungssitzung hat Ihnen ins Buch geschrieben: Sie müssen jetzt bis zum 1. September endlich mal liefern. Ich bin gespannt darauf. Ich habe den Eindruck, Sie haben hier ein Programm gebaut, das natürlich die Bedürfnisse trifft, das Sie aber gar nicht produzieren können; denn ohne eine Grundgesetzänderung können Sie den Ländern nur Blankoschecks geben. Was daraus resultieren kann, das wissen wir durch den DigitalPakt, das wissen wir aber auch durch das Coronaaufholprogramm. Ich bin mal gespannt, wie Sie das Problem lösen wollen, „Startchancen“ an den Start zu bringen, ohne den Ländern einfach nur einen Blankoscheck zu geben.
(Beifall bei der CDU/CSU)
Dann haben Sie uns vorgeworfen, wir hätten mit dem PFI den Haushalt versteinert. Ich glaube, das spricht eine Sprache, wie man es hätte finanzieren wollen. Ich bin, ehrlich gesagt, froh, dass wir den PFI, den Pakt für Forschung und Innovation, gemacht haben, um die Wissenschaftseinrichtungen zu schützen – zu schützen vor Kürzungen für andere Zwecke, als die Wissenschaft wirklich nach vorne zu bringen.
(Beifall bei der CDU/CSU)
Ihr zweites Highlight-Vorhaben neben Startchancen war die DATI.
(Zuruf der Abg. Dr. Anna Christmann [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN])
Es ist sicher ein total bemerkenswerter Zufall, dass Ihr Staatssekretär Sattelberger just an dem Morgen um Entlassung gebeten hat, als der Haushaltsausschuss in der Nacht
(Christoph Meyer [FDP]: Das ist unredlich! Das ist wirklich unredlich! – Otto Fricke [FDP]: Das ist aber jetzt unter Ihrem Niveau, weit unter Ihrem Niveau, ganz weit!)
die Doppelsperre auf die DATI gelegt hat. Sie haben es ja vorhin gehört: erst der Finanzminister, dann auch noch mal der Haushaltsausschuss.
(Otto Fricke [FDP]: Nein! Sie wissen doch nicht mal, was eine qualifizierte Sperre ist!)
So, das Ding ist doch Folgendes: Sie haben jetzt mit einem neuen Team und mit Mario Brandenburg als neuem Staatssekretär das zu machen, was Christian Lindner immer gepredigt hat: nämlich auch eine Kultur des Scheiterns, und zwar im Positiven, einen Neustart. DATI war völlig verfahren: mit 120 Regionalmanagern, mit Konzeptionen, die in alle Richtungen zeigen, mit einem Staatssekretär Sattelberger, der sich mit allen in der Szene zerstritten hat. Nutzen Sie die Chance für den Neustart und positionieren Sie das neu!
(Beifall bei der CDU/CSU)
Sie können zwei Dinge tun: Sie können das machen, was in der Debatte hier auch schon vorkam, nämlich wie bei Innosuisse ein Programm machen, mit dem Sie konkrete Forschungsvorhaben unterstützen, gerade im HAW-Bereich. Das würde auf jeden Fall helfen. Das funktioniert in der Schweiz mit einem sehr schlanken Team von 70 Vollzeitäquivalenten. Gucken Sie sich mal an, ob das für das Thema „Forschen an der HAW“ nicht ein geeignetes Mittel ist.
Das Zweite ist: Wir brauchen mehr in der Spitzenforschung. Da brauchen Sie andere Instrumente. Professor Helmut Schönenberger, der Chef von UnternehmerTUM, hat sich an uns gewandt und angeboten, sein Konzept, mit dem er wirklich erfolgreich ist und von der TU München aus so viele Unicorns gegründet hat, auch anderen zur Verfügung zu stellen und an den Topuniversitäten auszurollen. Ich glaube, wenn Sie diese beiden Dinge machen – nehmen Sie das Angebot von Helmut Schönenberger an und nehmen das Modell Innosuisse für die HAWs –, dann haben Sie eine echte Chance, wirklich etwas für die Innovation in Deutschland voranzubringen.
Ein allerletztes Wort. Beim Thema Kernfusion – weil vorhin meine Frage ja nicht beantwortet werden wollte – geht es nicht nur um die Magnetverfahren von ITER, sondern da geht es um Laserfusion. Dazu hat Herr Sattelberger geschrieben: Das ist gut, da müssen wir investieren. – Wir haben das beantragt.
Kommen Sie bitte zum Schluss, Herr Jarzombek.
Ich finde es schade, dass Sie das abgelehnt haben.
Vielen Dank.
(Beifall bei der CDU/CSU – Daniela Ludwig [CDU/CSU]: Sehr gut!)
Für die Bundesregierung spricht die Bundesministerin für Bildung und Forschung, Bettina Stark-Watzinger.
(Beifall bei der FDP, der SPD und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)
Quelle | Deutscher Bundestag, Nutzungsbedingungen |
Quellenangabe | Deutscher Bundestag via Open Parliament TV |
Abgerufen von | http://dbtg.tv/fvid/7537216 |
Wahlperiode | 20 |
Sitzung | 41 |
Tagesordnungspunkt | Bildung und Forschung |