Wilfried OellersCDU/CSU - Arbeit und Soziales, Mindestlohn
Sehr geehrte Frau Präsidentin! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Kolleginnen und Kollegen! Sehr geehrte Gäste auf den Besuchertribünen! Wer bestimmt, wie hoch der Lohn ist? Welcher Lohn ist auskömmlich? Wer kann sich alles daran beteiligen, dafür zu sorgen, dass die Menschen wirklich genug Geld in der Tasche haben? – Das sind entscheidende Fragen, die im Hinblick auf das hier heute zu beratende Gesetz zur Erhöhung des Mindestlohns auf 12 Euro zu stellen sind.
Wir als CDU/CSU-Bundestagsfraktion sind – das sage ich hier ganz deutlich – sehr für auskömmliche Löhne. Es ist uns ein wichtiges Anliegen, dass die Menschen gut verdienen, am liebsten sogar mehr als 12 Euro. Allerdings ist der Weg dorthin deutlich zu beanstanden. Wir haben damals, als wir den Mindestlohn eingeführt haben, fest vereinbart, dass dieser einmalig gesetzgeberisch festgelegt werden sollte
(Matthias W. Birkwald [DIE LINKE]: Das war damals zu niedrig! Deswegen muss man jetzt nachsteuern!)
und dass dann die Weiterentwicklung des Mindestlohnes in die Hände der Mindestlohnkommission gelegt wird. Warum in die Hände der Mindestlohnkommission? Weil wir die Festlegung damit in die Hände der Tarifpartner legen, dorthin, wo Lohnentwicklung stattfindet und auch stattfinden soll. Mit der heute vorgesehenen Erhöhung verlassen Sie von der Ampelkoalition den Weg, den man damals gegangen ist, und stellen von Ihrer Seite auch infrage, ob die Tarifpartnerschaft in der Mindestlohnkommission wirklich der richtige Weg ist.
(Beifall bei der CDU/CSU)
Natürlich muss es das Ziel sein, Rahmenbedingungen zu schaffen, damit die Menschen möglichst viel Geld in der Tasche haben. Das ist aber – das sage ich ganz deutlich dazu – nicht einzig und allein eine Frage von Lohnerhöhungen, sondern auch eine Frage, was der Staat dazu beitragen kann. Durch Lohnerhöhungen steigen natürlich die Steuereinnahmen und die Abgaben für die Sozialkassen, der Staat aber macht sich an dieser Stelle einen schlanken Fuß, weil er den Weg über Steuersenkungen oder Senkung von Abgaben eben nicht geht. Das ist insoweit nicht redlich, weil sich auch der Staat daran beteiligen könnte, die Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer zu entlasten,
(Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU)
vor allem sollte er aber Wert darauf legen, die Inflation zu bekämpfen.
(Beifall bei der CDU/CSU)
Darüber hinaus ist an dem Gesetz zu kritisieren, dass der Schwellenwert für die Dokumentationen angehoben wird. Ja, natürlich müssen Dokumentation und Kontrolle des Mindestlohns sein – das ist überhaupt keine Frage –, aber den Schwellenwert auf 4 100 Euro anzuheben, ist vermessen,
(Beate Müller-Gemmeke [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Die Systematik hat doch die Union eingeführt! Ich verstehe es gar nicht!)
wenn man dabei 29 Arbeitstage oder 348 Arbeitsstunden zugrunde legt. Damit wird dann natürlich auch der bürokratische Aufwand erhöht.
Der nächste Punkt. Dass die Minijob- und Midijobgrenzen erhöht werden, ist sicherlich zu begrüßen. Bei 520 Euro wäre nach unserer Auffassung noch Luft nach oben gewesen bis zu einer Grenze von 550 Euro.
(Beate Müller-Gemmeke [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Mit welcher Begründung denn?)
Aber die Aufhebung der Parität bei den Minijobs kritisieren wir an der Stelle sehr.
(Beifall bei der CDU/CSU)
Darüber hinaus kommt auch für die Inklusionsfirmen und da, wo Menschen mit Behinderungen beschäftigt werden, eine ganz entscheidende Frage dazu, nämlich die, wie es um den Nachteilsausgleich steht. Ich bitte Sie, Herr Minister Heil, die Beantwortung dieser Frage dringend und schleunigst anzugehen, damit die Inklusionsunternehmen im Rahmen der Mindestlohnerhöhung letztlich nicht leiden. Das muss dringend gelöst werden.
(Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU)
Mit unserem Entschließungsantrag gehen wir auf genau diese Kritikpunkte ein. Wir werden uns daher bei der Abstimmung über den Gesetzentwurf enthalten. Darüber hinaus empfehlen wir, unserem Entschließungsantrag zuzustimmen.
In den letzten Sekunden meiner Rede will ich noch einige Dinge zum Haushalt bezüglich der Teilhabe von Menschen mit Behinderungen sagen. Wir haben in der letzten Legislaturperiode in der Großen Koalition einiges und wirklich, ich würde sagen, viel Gutes auf den Weg gebracht. Ihr Koalitionsvertrag hat viele Projekte angesprochen, aber bleibt an vielen Stellen immer noch unklar und ungenau. Beim Haushalt ist es genauso. Ein roter Faden ist nicht zu erkennen. Vor allen Dingen ist zu kritisieren, dass der Ansatz bei den Forschungsmitteln zur Untersuchung der Umsetzung des Bundesteilhabegesetzes erheblich gesunken ist.
(Hermann Gröhe [CDU/CSU]: Aha!)
Darüber hinaus sollte man schauen, dass man auch bei der Arbeitsmarktintegration Haushaltmittel zur Verfügung stellt. Hier besteht eine große Leerstelle.
Bei den Mitteln für die Bundesfachstelle Barrierefreiheit und die Überwachungsstellen für die barrierefreie IT haben Sie noch die Kurve gekriegt; diese Mittel werden nun doch nicht gekürzt. Die Herausforderungen an dieser Stelle sind groß. Ich würde Sie sehr bitten, dass Sie die Aufgabe aus der letzten Legislaturperiode möglichst schnell umsetzen, das heißt, die Ansprechstellen einzurichten, damit Menschen mit Behinderungen auf den ersten Arbeitsmarkt vermittelt werden können.
Ansonsten sehen wir Ihren Vorhaben mit Spannung und hohen Erwartungen entgegen.
Danke schön.
(Beifall bei der CDU/CSU)
Das Wort hat der Kollege Bernd Rützel für die SPD-Fraktion.
(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN und der FDP)
Quelle | Deutscher Bundestag, Nutzungsbedingungen |
Quellenangabe | Deutscher Bundestag via Open Parliament TV |
Abgerufen von | http://dbtg.tv/fvid/7537292 |
Wahlperiode | 20 |
Sitzung | 42 |
Tagesordnungspunkt | Arbeit und Soziales, Mindestlohn |