Andreas JungCDU/CSU - Ausbau erneuerbarer Energien
Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! In diesem speziellen Fall auch: Lieber Herr Direktor, verbunden mit einem ganz herzlichen Dankeschön für Ihr Wirken seitens unserer Fraktion!
(Beifall bei der CDU/CSU)
Herr Minister Habeck, neben den dringlichen Fragen der Energiesicherheit geht es mit dem Osterpaket zum Ausbau der erneuerbaren Energien heute Vormittag um ein herausragendes Projekt dieser Bundesregierung. Ich frage Sie: Warum sind Sie als Wirtschafts- und Klimaminister eigentlich der einzige Minister dieser Bundesregierung, der heute auf der Regierungsbank sitzt?
(Beifall bei der CDU/CSU – Saskia Esken [SPD]: Die Leute arbeiten! – Weitere Zurufe von der SPD)
Ich frage mich und die Zwischenrufer aus der SPD: Wo ist der Klimakanzler? Der Platz des Klimakanzlers ist leer.
(Timon Gremmels [SPD]: Der Vizekanzler ist da!)
Das gilt beispielhaft nicht nur in diesem Parlament, das gilt beispielhaft auch für seine Linie in vielen Fragen.
(Beifall bei der CDU/CSU – Widerspruch bei Abgeordneten der SPD)
Ich frage auch die Vertreter der FDP. Der Finanzminister spricht ja von Heimatenergie. Bei diesem Thema ist es konkret geworden. Gerade hat die Vertreterin der Grünen, Ingrid Nestle, draußen gesagt, man könne jetzt nur das EEG anfassen und nicht noch machen, was wir fordern, was der Bundesrat fordert, nämlich die Steuerfreiheit für PV-Anlagen auf dem privaten Hausdach. Wir bringen das in einem Antrag ein. Sie lehnen es ab. In Ihrem Entschließungsantrag heißt es: Wir wollen das prüfen. – Der Finanzminister ist nicht da; der könnte handeln. Damit vergeben Sie Chancen. Nicht nur, dass viele nicht hier sind! Es werden inhaltlich Chancen vergeben und Potenziale nicht genutzt.
(Beifall bei der CDU/CSU)
Herr Minister, ich respektiere, dass Sie sich bei der Opposition bedankt haben, weil es an unserem Verzicht auf Formalitäten liegt, dass Sie diese Gesetze heute verabschieden können. Ich sage aber genauso: Ich bin wirklich der Überzeugung – und das sage ich ganz ruhig –, dass Sie mit diesem Gesetz eine große Chance vertun. Nie war die Bereitschaft bei allen Beteiligten so groß, in Deutschland einen Konsens über die Erneuerbaren über die Grenzen von Regierung und Opposition, zwischen Bund und Ländern zu erreichen. Sie haben eine Reise durch die Bundesländer gemacht, es aber dabei belassen. Unsere Fraktion hat mehrfach inhaltliche Zusammenarbeit angeboten, weil wir die Ziele, den Ausbau der Erneuerbaren, die Beschleunigung des Ausbaus und die Klimaneutralität, teilen. Es gab von Ihnen keinen einzigen Versuch, diese Bereitschaft abzurufen. Es hat kein Gespräch dazu gegeben. Sie haben sich nach der Reise durch die Bundesländer nicht dafür entschieden, jetzt alle an einen Tisch zu holen. Sie hätten sie doch an ihrer Ehre packen können. Stattdessen nehmen Sie sie – Sie haben es gerade gesagt – in die Pflicht. In die Pflicht nehmen, Verordnung von oben heißt: Durchregieren der Ampel, statt Gemeinschaftswerk, statt Partnerschaft auf Augenhöhe. Damit vergeben Sie eine Chance.
(Beifall bei der CDU/CSU)
Es ist Ihr formales Recht: Mehrheit ist Mehrheit. Aber breite Mehrheiten über Regierung und Opposition hinweg bringen einen Mehrwert, gerade in diesen Fragen, wo es um Akzeptanz geht. Und am Ende wird es vor Ort um Akzeptanzfragen gehen, und es wird kritische Diskussionen geben. Wir haben dem Energiewirtschaftsgesetz als Teil des Osterpaktes, bei dem es um die Beschleunigung des Netzausbaus geht, in der letzten Sitzungswoche zugestimmt. Ich habe ausdrücklich gesagt, dass ich glaube, dass es ein Mehrwert für Akzeptanz ist, dass in diesem Haus – außer denen von links außen und den Radikalen rechts – die breite Mitte zustimmt. Dann können wir uns gemeinsam vor Ort hinstellen und sagen: Das haben wir gemeinsam beschlossen, nicht Regierung gegen Opposition, sondern Regierung mit Opposition. – Das hätte ich Ihnen auch für die Erneuerbaren angeboten. Diese Bereitschaft gab es auch beim Wind. Sie haben sie nicht abgerufen. Das ist eine verpasste Chance.
(Beifall bei der CDU/CSU)
Ja, auch in Bezug auf Windanlagen – Sie haben ja die Opposition ganz generell darauf hingewiesen; ich möchte diesen Ball etwas zurückspielen – werden jetzt Hürden abgebaut, die abgebaut werden müssen. Sie greifen auch das Thema „Ausgleich zwischen Windkraft und Naturschutz“ auf. Übrigens haben darüber die Umweltminister aller Länder über viele Jahre diskutiert und keinen Vorschlag gemacht, keine Lösung gefunden. In der Umweltministerkonferenz, die dafür originär zuständig ist – gut, dass man diesen Schritt macht –, sind elf grüne Minister, eine von der CDU und einige andere. Das jetzt auf eine parteipolitische Frage zu reduzieren, ist wirklich eine kleinkarierte parteipolitische Sichtweise. Wir stehen für das Gemeinschaftswerk.
Ich will Ihnen sagen: Sie vergeben Potenziale. Sie errichten eine Klassengesellschaft der Erneuerbaren mit Wind und Sonne im Fokus. Ich habe gesagt, welche Potenziale bei der Sonne noch drin gewesen wären, um wirklich einen Boom zu erreichen. Aber im Windschatten stehen die Geothermie, die Biomasse und die Wasserkraft. Hier im Bundestag habe ich es Ihnen in der ersten Lesung gesagt: Die Wasserkraft ist das faule Ei in Ihrem Osterpaket. – Das haben Sie erkannt. Ja, Sie haben es erkannt. Es ist bemerkenswert, dass die Grünen lieber mit dem Hinweis angetreten sind: Bei den Erneuerbaren geht es auch um Bürgerenergie. Jeder Beitrag zählt. – Das waren Ihre Worte. Wenn das generell gilt, gilt es auch für kleine Wasserkraftwerke. Gut, dass Sie hier auf unseren Druck hin nachbessern.
(Beifall bei der CDU/CSU – Michael Kruse [FDP]: Dann stimmen Sie doch zu!)
Herr Minister Habeck, ich finde es schon bemerkenswert, dass Sie an diesem Tag die Kohlekraftwerke, die Ihre Partei über viele Jahre als schmutzig bekämpft hat, wiederbeleben. Wir können nachvollziehen, dass das gemacht wird. Aber wir finden, Kohlekraft als CO2-intensive Energieform ist nicht alternativlos. Wir machen in dieser Debatte – wir diskutieren heute Abend darüber – einen konkreten Vorschlag, nämlich die Biomasse zu nutzen. Sie belassen es bei dem Deckel. Da könnte sofort mehr gemacht werden. Schlimmer noch: Während Sie die Kohlekraftwerke hochfahren, wird die Biomasse weiter gedeckelt, wird Biomethan in Kraft-Wärme-Kopplungsanlagen weiter gedrosselt. Am selben Tag werden die CO2-intensiven Kohlekraftwerke hochgefahren und die Biomasse gedeckelt. Das hat mit grüner Politik im Sinne eines ökologischen Verständnisses nichts zu tun.
(Beifall bei der CDU/CSU)
Wir halten an diesem Gemeinschaftswerk fest und beurteilen die Gesetzesvorlagen bei allem Ärger über das Verfahren, das teilweise unterirdisch gewesen ist – es ging gestern noch bis spät in die Nacht –, in der Sache. Es sind vier Gesetze im Osterpaket. Das GEG wurde noch reingedrückt. Auch das ist kein angemessener Umgang mit der wichtigen Frage der Energieeffizienz. Zweien davon stimmen wir zu: Beim Netzausbau haben wir schon zugestimmt. Und dem Gesetzentwurf zur Windenergie auf See stimmen wir aus den genannten Gründen zu. – Aber weil Sie, anders als bei diesem Gesetzentwurf, unsere berechtigte Kritik nicht aufgegriffen haben, können wir das Paket insgesamt nicht mittragen.
(Timon Gremmels [SPD]: Was für eine Überraschung!)
– Ja, es ist schon eine Überraschung, weil wir ja bei zwei von vier Vorhaben mitmachen. Daran sehen Sie, dass wir inhaltlich diskutieren, so wie wir es im Ausschuss machen. Dort, wo Sie nachgegeben haben, haben wir es gemacht. Aber trotz allem, was damit vorangebracht wird – das will ich nicht bestreiten –, ist es eben auch ein Paket der verpassten Chancen, und das ist Ihre Verantwortung.
(Beifall bei der CDU/CSU)
Nächster Redner: für die SPD-Fraktion Dr. Matthias Miersch.
(Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der FDP)
Quelle | Deutscher Bundestag, Nutzungsbedingungen |
Quellenangabe | Deutscher Bundestag via Open Parliament TV |
Abgerufen von | http://dbtg.tv/fvid/7538033 |
Wahlperiode | 20 |
Sitzung | 47 |
Tagesordnungspunkt | Ausbau erneuerbarer Energien |