Thomas GebhartCDU/CSU - Aktuelle Stunde - Gaskrise verhindern - Nordstream II in Betrieb nehmen
Frau Präsidentin! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Wie ist die Situation? Putin hat den Gashahn zur Hälfte zugedreht. Wir wissen: In ein paar Tagen steht die routinemäßige Wartung der Pipeline Nord Stream 1 für zehn Tage an. Was wir aber nicht wissen, ist, ob nach diesen zehn Tagen der Gashahn wieder aufgedreht wird.
Was schlagen nun manche in dieser Situation vor? Manche schlagen vor, Nord Stream 2 sollte in Betrieb gehen. Ich sage Ihnen: Das wäre nicht nur eine populistische Scheinlösung, sondern es wäre die völlig falsche Entscheidung. Ich sage Ihnen, weshalb. Ich nenne drei Gründe:
Der erste Grund. Wir haben Nord Stream 1, und wenn Putin wollte, dass nach zehn Tagen wieder Gas nach Deutschland fließt, dann wäre das über Nord Stream 1 möglich. Wir bräuchten kein Nord Stream 2.
(Thomas Ehrhorn [AfD]: Wie denn ohne Turbinen? Das ist Quatsch!)
Der zweite Grund. Es ist doch völlig klar, dass es keine Option sein kann, in einer Zeit, in der Putin diesen schrecklichen Krieg gegen die Ukraine führt, eine neue zusätzliche Leitung nach Russland in Betrieb zu nehmen und uns damit noch mehr in die Hände von Putin zu begeben.
Das führt mich schon zum dritten Punkt. Wenn Nord Stream 2 jetzt in Betrieb gehen würde, dann wäre das eine Art Belohnung für Putin, und das angesichts dieses unermesslichen Leids, das er so vielen Menschen in diesen Tagen zufügt. Ich sage: Das kann nicht sein.
(Beifall bei der CDU/CSU)
Meine Damen und Herren, vielmehr ist es doch jetzt das Gebot der Stunde, dass wir alles daransetzen, so schnell wie möglich unabhängig von russischen Energielieferungen zu werden. Das ist doch der eigentliche Punkt, und das ist die eigentliche Aufgabe der Bundesregierung. Ich frage die Bundesregierung heute an dieser Stelle: Wo ist der Ausstiegsfahrplan für russische Energielieferungen? Bereits im April hat der Deutsche Bundestag mit ganz großer Mehrheit, mit Stimmen von SPD, Grünen, FDP, CDU/CSU, beschlossen: Wir brauchen schnellstmöglich einen Ausstiegsfahrplan für russische Energielieferungen. – Er ist bis heute nicht da. Einen Plan, der aufzeigt, wie die russischen Gaslieferungen kompensiert werden, durch welche konkreten Maßnahmen, in welchen zeitlichen Schritten, gibt es nicht.
(Jens Spahn [CDU/CSU]: Hört! Hört!)
Sie ignorieren diesen Bundestagsbeschluss. Das ist fatal. Deswegen fordere ich die Bundesregierung noch einmal auf: Legen Sie dem Deutschen Bundestag und der deutschen Öffentlichkeit endlich diesen Ausstiegsfahrplan vor.
(Beifall bei der CDU/CSU)
Wir brauchen diesen Plan.
(Timon Gremmels [SPD]: Wo waren denn die befüllten Gasspeicher von Altmaier? Wo waren die denn? Alles war leer!)
Wir brauchen ein Gesamtkonzept. Sie haben einzelne Maßnahmen ergriffen; zum Teil waren es richtige Maßnahmen, denen wir auch zugestimmt haben.
(Jens Spahn [CDU/CSU], an die SPD gewandt: Ihr habt das selbst beschlossen!)
Das ist überhaupt keine Frage. Aber es gibt auch andere Maßnahmen, die aus unserer Sicht einfach zu spät getroffen worden sind. Wir hätten zum Beispiel viel früher beginnen müssen, die Gasverstromung zu reduzieren, Gas einzusparen, zusätzlich einzuspeisen. Es war Woche für Woche auch Thema im Ausschuss für Klimaschutz und Energie. Sie haben an dieser Stelle gezögert und lange gewartet. Die Gasspeicher könnten heute voller sein, wenn die Bundesregierung an dieser Stelle früher gehandelt hätte.
(Beifall bei der CDU/CSU)
Andere Maßnahmen vermissen wir. Warum nutzen Sie denn nicht zum Beispiel kurzfristig die Potenziale, die wir im Bereich der Biomasse haben? Das war schon heute Morgen Thema im Zusammenhang mit dem EEG. Wir könnten heute mehr Biomasse einsetzen – im Strombereich, im Wärmebereich –, und wir könnten damit natürlich auch Gas, Erdgas ersetzen und reduzieren. Ich frage Sie: Warum machen Sie es nicht?
Ein anderes Beispiel: Warum passiert nicht viel mehr beim Thema „Energieeinsparen“, zum Beispiel mit positiven Anreizen? Auch hier wäre viel mehr möglich, und man hätte viel früher agieren können.
Ich nenne noch einen Punkt: Warum haben Sie sich dagegen entschieden, die drei Kernkraftwerke, die zum 31. Dezember dieses Jahres,
(Timon Gremmels [SPD]: Wo kommen denn die Brennstäbe her?)
also mitten in diesem Winter, vom Netz gehen sollen, einen Tick länger laufen zu lassen? Es geht nicht um einen Ausstieg aus dem Ausstieg aus der Kernenergie; das ist überhaupt nicht das Thema. Es geht lediglich darum, diese drei Kernkraftwerke jetzt nicht ausgerechnet mitten in diesem Winter, der so kritisch werden könnte, abzuschalten, sondern ein wenig länger laufen zu lassen.
(Timon Gremmels [SPD]: Dann müssen wir sie aber jetzt abschalten! Mein Gott!)
Sie von der Regierung haben gesagt: Es war eine politische Entscheidung, es nicht zu tun.
Kommen Sie bitte zum Schluss.
Ich sage Ihnen: Es war eine falsche politische Entscheidung. Und ich sage Ihnen: Korrigieren Sie diese falsche politische Entscheidung.
(Beifall bei der CDU/CSU – Lisa Badum [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Die Rede hat echt gut angefangen!)
Der nächste Redner in der Debatte ist Jürgen Trittin, Bündnis 90/Die Grünen.
(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der SPD)
Quelle | Deutscher Bundestag, Nutzungsbedingungen |
Quellenangabe | Deutscher Bundestag via Open Parliament TV |
Abgerufen von | http://dbtg.tv/fvid/7538128 |
Wahlperiode | 20 |
Sitzung | 47 |
Tagesordnungspunkt | Aktuelle Stunde - Gaskrise verhindern - Nordstream II in Betrieb nehmen |