07.09.2022 | Deutscher Bundestag / 20. WP / Sitzung 50 / Einzelplan 04

Johann WadephulCDU/CSU - Bundeskanzler und Bundeskanzleramt

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Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Die Debatte über den Kanzleretat, die sogenannte Generaldebatte, ist grundsätzlich auch immer Gelegenheit, über die Außen-, Europa- und Sicherheitspolitik der Bundesregierung und des Bundeskanzlers zu diskutieren. Ich hatte mir vorgenommen, zu den Ausführungen des Bundeskanzlers an dieser Stelle etwas zu sagen. Er hat nur praktisch nichts dazu gesagt, außer ein paar wenigen Sätzen zur Ukraine.

(Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU)

Das ist enttäuschend genug.

Wir haben eine veritable Krise um Taiwan. Wir haben eine veritable Krisensituation in der Sahelzone. Die Verteidigungsministerin stellt den Einsatz der Bundeswehr im Grunde infrage. Die Außenministerin plädiert nachhaltig dafür, den Einsatz der Bundeswehr dort fortzusetzen. Es gibt geradezu tektonische Verschiebungen in der Weltgemeinschaft, wo autokratische Staaten wie China, aber auch Russland das, was wir die internationale regelbasierte Ordnung nennen, immer weiter infrage stellen, und der Bundeskanzler hinterlässt an dieser Stelle eine Leerstelle. Das ist unzureichend. Das wird der internationalen und europäischen Verantwortung der Bundesrepublik Deutschland nicht gerecht, Herr Bundeskanzler.

(Beifall bei der CDU/CSU)

Stattdessen halten Sie hier im Grunde die Rede eines Generalsekretärs der SPD mit Angriffen gegen die Union, die Ihren eigenen Ansprüchen und den Ansprüchen Ihres Fraktionsvorsitzenden, der vorhin für mehr Ernsthaftigkeit und weniger Sprücheklopfen geworben hat, nicht gerecht wird.

(Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU – Otto Fricke [FDP]: Reden Sie jetzt von Scholz oder von Merz?)

Wer der Union pauschal unterstellt, in der Energiepolitik versagt zu haben, sollte nicht in Abrede stellen, dass er in der letzten Legislaturperiode als Vizekanzler und im Übrigen als SPD seit 1998 mit Ausnahme von vier Jahren Verantwortung für die Energiepolitik dieses Landes und natürlich auch für die beklagenswerte Abhängigkeit von Russland hat. Sie sitzen im Glashaus, meine sehr verehrten Damen und Herren.

(Beifall bei der CDU/CSU)

Und das gilt, auch wenn die Grünen das nicht wahrhaben wollen, auch für Ihre Fraktion und Ihre Partei, Frau Kollegin Haßelmann; denn Nord Stream 1 – das vergessen Sie immer wieder – wurde unter Rot-Grün mit Bundeskanzler Schröder begonnen. Sie waren dabei, Sie haben das mitgemacht. Wir sitzen insofern alle im Glashaus und müssen gemeinsam eine neue Energiepolitik für die Zukunft aufbauen. Aber hier eine Geschichte zu erzählen, dass nur eine Fraktion, nur eine Partei dafür verantwortlich sei, da machen Sie es sich zu leicht, und aus dieser Verantwortung werden wir Sie auch in Zukunft nicht entlassen.

(Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU)

Den Freien Demokraten sei gesagt: Hier auf Bundesebene eine Politik mitzutragen, die dafür sorgt, dass das Kernkraftwerk Emsland in Niedersachsen über das Jahresende hinaus nicht weiter genutzt wird, aber im niedersächsischen Landtagswahlkampf Politik dafür zu machen,

(Zuruf des Abg. Otto Fricke [FDP])

dass, wenn man die FDP wählt, die Kernenergie wieder genutzt wird,

(Zuruf des Abg. Otto Fricke [FDP])

also, das ist ein Taschenspielertrick; das merken die Bürgerinnen und Bürger. Wie war das eigentlich mit „Es ist besser, nicht zu regieren, als falsch zu regieren“? Überlegen Sie sich das noch mal, sortieren Sie sich an der Stelle! Aufrichtigkeit und Klarheit würden belohnt werden.

(Zuruf der Abg. Dr. Marie-Agnes Strack-Zimmermann [FDP])

Die Liberalen wackeln so um die 5 Prozent. So würde ich nicht weitermachen. Sie gefährden sich.

(Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU – Otto Fricke [FDP]: Deine Rede sei: Ja, ja, ja, nein, nein, nein!)

Damit, Frau Strack-Zimmermann, bin ich bei der Ukraine, bei der Aussage von Frau Esken, die vorhin noch einmal gesagt hat – wörtlich –: „Die Ukraine hat ... unsere volle Unterstützung ...“ Dazu gehört dann auch die Umsetzung des Beschlusses des Deutschen Bundestages, schwere Waffen zu liefern. Sie, Frau Strack-Zimmermann, haben dem Bundeskanzler ergebnislos ein Ultimatum gestellt – ein Panzerultimatum, wie es genannt wurde –, nun endlich Marder-Schützenpanzer zu liefern. Es geschieht nicht. Stattdessen zieht sich der Bundeskanzler dahinter zurück, es gäbe irgendwie eine Vereinbarung mit Bündnispartnern, den Vereinigten Staaten.

(Dr. Marie-Agnes Strack-Zimmermann [FDP]: Ich habe kein Ultimatum gestellt, ich habe ihn liebevoll aufgefordert!)

– Sie haben ihn in Ihrer Art und Weise liebevoll aufgefordert.

(Otto Fricke [FDP]: Sie müssen keine Angst vor Marie-Agnes haben!)

Die Öffentlichkeit nimmt Ihre liebevolle Zuwendung immer gleich als eine Art Ultimatum. So ist das mit Eigenwahrnehmung und Fremdwahrnehmung.

Aber ich will mal in aller Ernsthaftigkeit fragen: Was passiert hier eigentlich? Es sind ja nicht nur Toni Hofreiter und Marie-Agnes Strack-Zimmermann, die hier mehrfach dafür plädiert haben, dass der Bundestagsbeschluss Punkt für Punkt umgesetzt wird. Und da steht nicht drin: schwere Waffen exklusive Marder und Leopard 1. Sondern die sind von dem Beschluss umfasst.

(Saskia Esken [SPD]: Legen Sie mal eine andere Platte auf!)

– Es ist nicht irgendeine Platte, Frau Esken, es geht darum, ob die Ukraine in ihrem Überlebenskampf eine Chance hat; darum geht es.

(Beifall bei der CDU/CSU)

Oder, um es mit Ralf Fücks, dem Altgrünen, zu sagen: Diese Lieferungen könnten den Unterschied zugunsten der Freiheit machen. – Das ist der Punkt. Deutschland könnte in dieser Systemauseinandersetzung den Unterschied machen. Es gibt Aufforderungen aus den Koalitionsfraktionen, von den Sprecherinnen und Sprechern der Grünen und der FDP und auch von einem Mitglied der SPD aus dem Verteidigungsausschuss, sogar aus dem Bestand der Bundeswehr zu liefern. Das geht über das, was wir bisher beschlossen haben, sogar hinaus. Der Bundeskanzler macht nichts. Sie sind in Ihrer Unterstützung der Ukraine halbherzig.

Wenn die Sache scheitert, wenn die Ukraine an der Stelle keinen Erfolg hat, wenn Tag um Tag länger Krieg herrscht, dann ist das Ihre Verantwortung, die Sie gemeinsam tragen, meine sehr verehrten Damen und Herren.

(Beifall bei der CDU/CSU)

Helge Lindh hat das Wort für die SPD-Fraktion.

(Beifall bei Abgeordneten der SPD und der Abg. Dr. Paula Piechotta [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN])


Daten
Quelle Deutscher Bundestag, Nutzungsbedingungen
Quellenangabe Deutscher Bundestag via Open Parliament TV
Abgerufen von http://dbtg.tv/fvid/7538681
Wahlperiode 20
Sitzung 50
Tagesordnungspunkt Bundeskanzler und Bundeskanzleramt
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